FlüchtlingshilfeInternationaler Bund bittet um Unterstützung
Köln – Davide (Kindernamen geändert) ist erst 13, aber hat schon in vier Ländern gelebt. Serbien, Kroatien. Ungarn. „Und Köln.“ Nirgends hat er sich zu Hause gefühlt. „Jetzt ist es gut“, sagt der Teenager, der erst die zweite Klasse besucht, weil seine Familie – als Roma verelendet, überall ausgegrenzt und schikaniert – dauernd auf der Flucht war. Akua ist vier und kommt aus Ghana. Ihre großen Augen schauen voll Neugier und Hoffnung. Mit Mutter, Vater und Schwester lebt sie auf 20 Quadratmetern in der Flüchtlingsunterkunft Neusser Landstraße. Wie 115 andere Menschen vom Balkan, aber auch aus Ländern wie Tschetschenien, Armenien, Äthiopien. Zwei Drittel sind Kinder.
Petra Mayrhörmann ist eigentlich im Vorruhestand und könnte die Füße hochlegen. Aber seit die gelernte Arzthelferin und langjährige Pharma-Referentin Anfang des Jahres der Flüchtlings-Initiative „Willkommen in Longerich“ (Wi-Lo) beigetreten ist, hat sie „fast mehr zu tun“ als zuvor. Mehrmals die Woche ist die 61-Jährige in dem Familienwohnheim ehrenamtlich aktiv, das der Internationale Bund (IB) betreibt.
Von der Straße in die Jugendwerkstatt
Fünf Kindern hat sie seitdem einen Platz in einer Schule besorgt und ihnen geholfen, sich dort zurechtzufinden. Mit einer ganzen mazedonischen Familie unternimmt sie regelmäßig auch privat etwas. Zwei jugendlichen Roma hat sie zu berufsvorbereitenden Maßnahmen einer Jugendwerkstatt verholfen, wo sie eine handwerkliche Ausbildung plus Unterricht in einer Berufsschule genießen. „Die hingen vorher nur auf der Straße rum.“
Montags ist Spielgruppe. Da bringt sie – ebenso wie Uschi Riedel, eine ihrer sieben Mitstreitenden – kleinen Kindern anhand von Bilderbüchern erste Worte Deutsch bei. „Schokolade, Kuchen und Spaghetti lernen alle ganz schnell“, schmunzelt sie. „Nur Staubsauger geht gar nicht.“ Immer wieder kommt „Staub-sauber“ dabei heraus. „Es ist wie verhext. Aber so falsch ist es ja nicht.“ Auch ohne Zungenbrecher: Ehrenamt schafft nicht alles – obwohl neben Wi-Lu weitere Initiativen wie der Runde Tisch Mau-Nie-Wei, der Verein Laachende Hätze, die Paria-Stiftung, die Rheinflanke oder engagierte Nachbarn wie die Kantine und das Parkhaus-Musikproduktions-Studio mit anpacken, Geld spenden oder Feste organisieren. „Was wir dringend brauchen, ist Geld für Mobiliar und für Personal, das Bewohner wie Ehrenamtler betreut und den Kindern kontinuierlich Nachhilfe gibt“, sagt IB-Regionalleiter Peter Zinken. „Wir können nicht alles Ehrenamtlern zumuten. Die machen schon so viel.“
Es fehlt an Material und Arbeitskräften
So bittet der IB mit einem Antrag an „wir helfen“ um Unterstützung, damit der Gemeinschaftsraum fertiggestellt werden kann. Das Amt für Wohnungswesen ist nur für die Ausstattung in den Familienzimmern zuständig und kommt kaum hinterher. Teamleiter Dirk Pollex: „Wir erfahren oft erst mit einem Tag Vorlauf, wie viele Menschen wohin kommen.“ Geselligkeit und Lernen in der Gruppe scheitert daran, dass zehn Tische und 50 Stühle fehlen. Auch müssten dringend Honorarkräfte eingestellt werden, die dauerhaft, nicht nur sporadisch bei den Hausaufgaben helfen und Freizeitangebote für die Kinder in der schulfreien Zeit begleiten.
Das wäre ein große Entlastung für Petra Mayrhörmann und ihre Mitstreiter, deren Gruppe schon geschrumpft ist. Einige haben sich nach anfänglicher Euphorie ab- und anderen Heimen zugewandt, in denen nicht so viele Balkan-Flüchtlinge leben. Petra Mayrhörmanns Überzeugung ist und bleibt, dass auch sie Zuspruch brauchen und lernen sollen. „Egal wie lange sie bleiben.“ Ihre Enkel, fünf und elf Jahre, bringt sie manchmal mit, damit sie mit den Kindern spielen. „Omi, die haben ja gar nix“, hat die Jüngste danach gesagt. Es sei gut, dass sie sehe, wie gut es ihr selber gehe.
„Willkommen in Longerich“ ist erreichbar über die Immanuel-Gemeinde , 0221/599 24 49, kontakt@wi-lo.de oder über die Internetadresse www.wi-lo.de.