Förderverein hilft FamilienWenn Kinder den Mut verlieren

Zwei Schüler prügeln sich am Rande eines Schulhofs.
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Niederkassel – Jeden Morgen das Gleiche. Wenn Tim in die Schule soll, bekommt der Siebenjährige Bauchschmerzen. Ganz anders der Junge eine Klasse darüber – er schlägt auf Klassenkameraden ein. Oft aus dem Hinterhalt. Was niemand für möglich hält: Beide haben Angst. Und ihnen täte ein Besuch der Kindergruppe „Mut tut gut“ in der Familien-, Ehe- und Lebensberatungsstelle der Stadt Niederkassel e.V. gut.
Möglich wurde sie erst durch eine Kooperation eines städtischen Jugendamtes mit einem Verein. Der Förderverein Erziehung, Leben, Familie, Ehe – kurz Elfe genannt – wurde vor neun Jahren gegründet, um nach massiven Kürzungen des Landes Nordrhein-Westfalen die Arbeit der Familienberatungsstelle, die damals schon von Andreas Renger geleitet wurde, „überhaupt im gewohnten Standard aufrechterhalten zu können“. Der kleine, aber sehr rührige Verein – er zählt nur 21 Mitglieder – schaffte es, genügend Geld bei Stiftungen und privaten Sponsoren einzuwerben und finanziert seither „mühsam“ mit 10 000 Euro jährlich die Honorarkräfte für drei Kindergruppen zu Themen Angst, Trennung/Scheidung sowie Migration sowie eine Elterngruppe. Doch diese können nicht so oft stattfinden, wie sie müssten.
272 Familien ließen sich 2012 bei der Stelle beraten. In vielen fanden sich Kinder mit starken Angstsymptomen – und zwar vermehrt sozialen Ängsten, die zudem nicht immer auf den ersten Blick erkennbar seien. Vor allem bei Jungs äußerten sie sich nicht durch Rückzug oder Verstummen – wie oft bei Mädchen – sondern eher Rabaukentum bis hin zu hoch aggressivem Verhalten. „Sie trauen sich oft nicht oder haben nie gelernt, sich anderen Kindern normal zu nähern und haben Angst vor Zurückweisung“, weiß Vereinsvorsitzende Christiane Zubrod-Eichert. Mit ihrer Aggression versuchten sie, eigene Ängste zu verstecken. „Und das manchmal schon bei Grundschulkindern im zweiten Schuljahr.“ Andere Kinder zeigen Leistungsängste. „Viele nässen aufgrund von Überforderung nachts ein.“
Oft auch ängstliche Eltern
Die Ursachen seien vielfältig. Ängstliche Kinder hätten nicht selten auch ängstliche Eltern. Sie trauen sich oft nicht viel zu – oft Folge von Überbehütung, die aus einer Erziehungsunsicherheit resultiere, die ebenfalls merklich mehr werde. „Durch die eigene Angst, in der Erziehung was falsch zu machen, resultiere ein maximales Sicherheitsdenken, das dem Kind die unbewusste Botschaft vermittelt, ihm werde nichts zugetraut“, so Renger. In der Kindergruppe wird dem mit Kunst- oder Sandtherapie oder gruppenpädagogischen Übungen entgegengesteuert, damit sich Unsicherheit, Rückzug und fehlende positive neue Erfahrungen nicht als lebenslanges Muster verfestigen. Neun Kinder können maximal in die „Mut tut gut“-Gruppe aufgenommen werden, in der Honorarkräfte mit den Mädchen und Jungen spielerisch arbeiten, um den Teufelskreis möglichst früh zu unterbrechen.
Ein Zyklus dauert immer ein halbes Jahr. Doch trotz langer Warteliste kann die nächste oft erst viele Monate später wieder starten. Zwei Gruppen gleichzeitig kann sich die Beratungsstelle trotz der tollen Fördervereins-Unterstützung nicht leisten. Renger: „Wir müssen uns immer entscheiden: Angst- oder Scheidungsgruppe. Beides geht nicht gleichzeitig. Obwohl es nötig wäre.“