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Jahresmotto „wir helfen”Die vielen Gesichter der Einsamkeit

Lesezeit 5 Minuten

Einsamen Kindern zu helfen ist eine Aufgabe für alle.

Köln – Als schlimmste Armut hat Mutter Theresa die Einsamkeit einmal bezeichnet, Mediziner nennen sie die neue Volkskrankheit. Fakt ist: Einsam zu sein ist vor allem für junge Menschen quälend – und ähnelt, wie Hirnforscher wissen, körperlichem Schmerz. Einsam sein bedeutet, keinen guten Platz in der Gemeinschaft zu finden, kein gesundes Selbstvertrauen zu entwickeln oder sogar krank zu werden. Medizinische Studien zeigen: Einsamkeit ist genauso schädlich wie Rauchen und schädlicher als Übergewicht. Doch was bedeutet Einsamkeit? Wodurch entsteht sie? Was sind ihre Folgen? Und welche Hilfe brauchen einsame Kinder und Jugendliche?

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„Einsamkeit ist nicht zu verwechseln mit Alleinsein“, sagt Renate Blum-Maurice vom Kinderschutzbund Köln – eine Unterscheidung, die der Kölner Psychologin genauso wichtig ist, wie dem weltweit renommierten Einsamkeitsforscher John Cacioppo. Denn Alleinsein, für das man sich aus freien Stücken entschieden hat, sagt er, kann sehr wohltuend sein. Entscheidend dafür, ob das Alleinsein als Einsamkeit empfunden wird, sei, ob sie freiwillig gesucht oder von außen auferlegt wurde. Cacioppo: „Wer einsam ist, dem fehlen nicht nur Menschen, sondern vor allem das Gefühl, beachtet, geschätzt und gebraucht zu werden.“

Blum-Maurice liegt die Abgrenzung zwischen Einsamkeit und Alleinsein auch deshalb am Herzen, weil sie in ihrem Berufsalltag eine „besorgniserregende Gleichmacherei“ beobachte, die auch zu Einsamkeit führen könne. „Die gesellschaftliche Norm, wie ein Kind zu sein hat, bringt Kinder ins Abseits, die sich anders verhalten“. Die zum Beispiel gerne für sich sind, besondere Interessen haben oder nicht in der Art leistungsbereit und aufgeschlossen sind, wie es die Mehrheit von ihnen erwartet. Ihnen werde vermittelt, dass sie so, wie sie sind, nicht in Ordnung seien. Was viele von ihnen dazu bewegt, sich zurückzuziehen.

Deshalb lautet der Appell der Kinderschützerin – gemäß der Kölner Weisheit „Jeder Jeck ist anders“ – Kinder dürfen unterschiedlich sein, darin müssen wir sie anerkennen und stärken!

„wir helfen: damit Kinder ihre Einsamkeit durchbrechen“ – Die neue Jahresaktion

Mit „wir helfen: damit Kinder ihre Einsamkeit durchbrechen“ bitten wir um Spenden für Projekte, die ausgegrenzten Kindern und Jugendlichen dabei helfen, wieder in Gemeinschaften aufgenommen zu werden, um das Miteinander und Solidarität zu erleben. Mit Ihrer Hilfe wollen wir Mädchen und Jungen unterstützen, die durch Armut, Krankheit, Gewalt, Vernachlässigung oder andere traumatische Erlebnisse ins Abseits geraten sind. Diese Kinder brauchen sehr oft professionelle Hilfe, auch das wollen wir mit „wir helfen“ möglich machen. Jeder Cent, der dafür gespendet wird, ist wichtig und gut – auch für unsere Zukunft. Wo „wir helfen“ notwendig ist, lesen Sie jeden Mittwoch und Samstag detailliert im „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Spendengelder beantragen können Projekte und Initiativen aus Köln und der Region bis Ende Mai 2018. Das Formular zum Herunterladen finden Sie hier (hier klicken).

Die Spendenkonten unseres gemeinnützigen Unterstützungsvereins „wir helfen“:

Kreissparkasse Köln

IBAN: DE03 37050299 0000162155

Sparkasse Köln-Bonn

IBAN: DE21 37050198 0022252225

Wenn Sie nicht in der, in regelmäßigen Abständen in der Zeitung veröffentlichten, Spenderliste erwähnt werden wollen, schreiben Sie bitte am Anfang des Verwendungszwecks +A+, wünschen Sie eine Spendenbescheinigung, vermerken Sie +S+ und Ihre vollständige Adresse, legen Sie auf beides Wert, +AS+.

Kontakt: „wir helfen“, Amsterdamer Straße 192, 50735 Köln, ☎ 0221/224-2840 (Spenden/ 9–12.30 Uhr), -2241 (Förderung) und -2130 (Redaktion).

ksta-wirhelfen@dumont.de

www.wirhelfen-koeln.de

Gründe für Einsamkeit gibt es viele: Ausgrenzung und Mobbing – im realen Leben und im Netz, Verlust eines geliebten Menschen, Angst und Druck oder Krankheiten. Ursachen, mit denen sich die Mitarbeiter des Kölner Kinderschutzbundes am meisten beschäftigen, sind Vernachlässigung, Gewalt oder andere traumatische Erlebnisse. „Kinder, die damit frühe Erfahrungen machen, leiden oft noch als Erwachsene unter Einsamkeit und sind stark in ihrem Selbstwertgefühl beeinträchtigt“, sagt Blum-Maurice. Weil sie denken, mit niemandem darüber reden zu können oder weil sie sich schuldig und mitverantwortlich fühlen – sie denken, nicht liebenswert genug zu sein. „Diese Kinder fühlen sich ausgeliefert, da sie immer wieder erfahren: Es liegt nicht in meiner Macht, was mit mir geschieht, ob sich jemand um mich kümmert, mich versorgt oder wertschätzt.“ Damit fehle ihnen das, für ein gesundes Aufwachsen so wichtige Gefühl, etwas bewirken zu können: Wenn ich schreie, weil ich Hunger habe, bekomme ich zu Essen, wenn ich Gutes tue, kommt es zu mir zurück. „Es ist ein Teufelskreis. Um dieses Ausgeliefertsein nicht mehr erleben zu müssen, sind viele Betroffene Beziehungen gegenüber skeptisch. Sie rechnen nicht damit, dass sich jemand gut um sie kümmert und benehmen sich entsprechend. Aus Angst vor Enttäuschung fällt es ihnen schwer, Hilfe anzunehmen, deshalb braucht es viel Zeit und Geduld.“

Kinder armer, sucht- oder psychisch kranker, aber auch streitender Eltern machen, wie Blum-Maurice weiß, oft die Erfahrung, dass in ihrem Zuhause vieles fehlt, was in anderen Familien selbstverständlich ist. Dafür schämen sie sich und trauen sich deshalb nicht, Kontakte zu knüpfen. Weil sie befürchten, wegen ihrer Verhältnisse zu Hause nichts bieten zu können. Sie verzichten zugunsten der Familie darauf, eingebunden zu sein.

Der deutsche Hirnforscher Gerald Hüther nennt drei Faktoren, die helfen können, Einsamkeit vorzubeugen: Das gute Gefühl, etwas wert zu sein, die Zugehörigkeit zu einer Gruppe und die Beteiligung an einem gemeinschaftlichen, zum Beispiel musikalischen oder sozialen Projekt. Wichtig ist laut Hüther, dass Kinder früh die Erfahrung machen, etwas Sinnhaftes mitgestalten zu können. Ihnen diese Chance, und damit einen wichtigen Platz in der Gemeinschaft zu ermöglichen, an dem sie so sein können und dürfen, wie sie sind, ist eine große Aufgabe für unsere Gesellschaft. Blum-Maurice: „Wichtig ist, dabei keinen Druck auszuüben und gerade ausgegrenzten Kindern die Angst davor zu nehmen, zurückgewiesen zu werden.“ Wie? Indem man ihnen, wo es nur geht, zeigt: So, wie du bist, bist du wichtig. Ich helfe und bleibe bei dir, egal, wie du dich verhältst!