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Kölner KinderhospizDie Lebensfreude todkranker Kinder

Lesezeit 5 Minuten
Bunte Kerzen stehen auf einer Ablage, sie erinnern an verstorbene Kinder.

Jede Kerze steht symbolisch für ein Kind, das von den ehrenamtlichen Mitarbeitern des Kinderhospizdienst Köln begleitet wurde und inzwischen verstorben ist.

140 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter engagieren sich beim Kinderhospizdienst Köln. Sie unterstützen derzeit 85 Familien, in denen ein Kind mit verkürzter Lebenserwartung lebt. Sie alle empfinden die Arbeit als eine Bereicherung.

Der Tod ist für viele von uns ein Tabu-Thema. Nicht für Horst Schoos. Seit mehr als drei Jahren engagiert sich der Rentner ehrenamtlich beim Ambulanten Kinderhospizdienst Köln (AKHD). „Ich habe mich schon immer für das Thema Tod und Sterben interessiert. Für mich war stets klar, dass ich als Rentner nicht auf Reisen gehe, sondern mich im Hospiz engagieren werde“, sagt Schoos und fügt an: „Es war die richtige Entscheidung. Ich habe einiges über mich erfahren und es gibt mir in meinem Alltag eine gewisse Stabilität und Orientierung, wenn ich schwerkranke und trotzdem häufig lebensfrohe Kinder ein Stück begleiten kann.“

Auch Kateryna Pokrass hat keine Berührungsängste mit dem Tod. Die 22-jährige Studentin hat ein sechsjähriges Mädchen aus der Ukraine, das lebensbedrohlich von einer Bombe getroffen und auf der Intensivstation der Kölner Uni Klinik behandelt wurde, vier Monate lang begleitet. „Am Anfang wusste man nicht, wie sich Anjas Zustand entwickeln würde. Ich habe sie einmal in der Woche besucht. Sie bewegte sich kaum, konnte nicht sprechen“, sagt Pokrass. Da sie aber auch ukrainisch spreche, habe sie nicht aufgegeben, hatte die stille Hoffnung, dass ihre Worte das Kind erreichten. Anja ist inzwischen in Brandenburg in der Reha, kann wieder sprechen, per Skype sind die beiden regelmäßig in Kontakt.

140 Kölner Ehrenamtliche beim Kinderhospiz aktiv

Der Rentner und die Studentin sind zwei von insgesamt 140 ehrenamtlich Aktiven, die beim AKHD Köln, der zum Deutschen Kinderhospizverein mit Sitz in Olpe gehört und in Köln mit drei Bürostandorten in Holweide, Nippes und der Südstadt vertreten ist, arbeiten. Sie alle haben sich vier Monate lang in einem Seminar darauf vorbereitet, unheilbar kranke Kinder, die früher als ihre Altersgenossen sterben werden, zu begleiten.

Eine Frau hält ein schwerkrankes Kind im Arm, es lacht aus vollem Herzen.

Während eines Malworkshops des Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienstes in Köln.

Deutschlandweit gibt es rund 50000 betroffene Jungen und Mädchen. Aktuell nehmen in Köln 85 Familien, die ein Kind mit verkürzter Lebenserwartung haben, die Unterstützung des AKHD in Anspruch. Die Hilfe der Ehrenamtlichen findet bei den Familien zu Hause statt. Mal ist es ein gemeinsamer Spaziergang oder sie lesen etwas vor, manchmal hören sie einfach auch nur zu.

So können Sie helfen

„wir helfen: damit alle Kinder bei uns eine Zukunft haben“

Mit unser neuen Aktion „wir helfen: damit alle Kinder bei uns eine Zukunft haben“ bitten wir um Spenden für Projekte in Köln und Umgebung, die Kindern und Jugendlichen eine gute körperliche und geistige Entwicklung ermöglichen. Die gesamte Spendensumme wird weitergegeben, die Verwaltungskosten trägt der Verlag M. DuMont Schauberg.Die Spendenkonten lauten:„wir helfen – Der Unterstützungsverein von M. DuMont Schauberg e. V.“Kreissparkasse Köln, IBAN: DE03 3705 0299 0000 1621 55Sparkasse Köln-Bonn, IBAN: DE21 3705 0198 0022 2522 25

Mehr Informationen und Möglichkeiten zum Spenden finden Sie unter www.wirhelfen-koeln.de

Momente der Geborgenheit und Sicherheit

Ziel der Hospizhilfe ist es, den betroffenen Familien Momente der Sicherheit, Geborgenheit und Normalität zu geben. „Ohne die Ehrenamtlichen würde die Arbeit nicht funktionieren. Auch wenn sie nur drei Stunden in der Woche in den Familien sind, für die Eltern und Geschwister ist diese Zeit ein Geschenk. Im Rahmen der Hospizbegleitung können Angehörige Kraft tanken und sich mit anderen Betroffenen austauschen“, sagt Gerhard Stolz. Er koordiniert als einer der wenigen Festangestellten das Treffen zwischen den Familien und den Ehrenamtlichen.

Zwei Mitarbeiter und eine Mitarbeiterin des Ambulanten Kinderhospizdienst Köln stehen vor einer Wand, auf die ein Baum gemalt ist, an dem Fotos von den betreuten Kindern hängen.

Horst Schoos, Gerhard Stolz und Kateryna Porkass (von links) vom Ambulanten Kinderhospizdienst Köln

Im Gegensatz zum Erwachsenen-Hospiz kann die Begleitung für Kinder auch mehrere Jahre dauern, sie werden in der Regel nicht erst in der Sterbephase begleitet, sondern direkt nach der ärztlichen Diagnose. Sie sind zwischen null und 21 Jahre alt, leiden unter Stoffwechselerkrankungen oder genetischen Defekten, viele haben neurologische oder schwere organische Erkrankungen. „Wir begleiten auch viele Kinder, die keine konkrete Diagnose haben. Einzelfälle mit seltenen Krankheitsbildern, zu denen es keine Forschung gibt und auch nicht geben wird, unter anderem weil es für die Pharmaindustrie unattraktiv ist hier zu investieren. Das klingt brutal, ist aber die Realität“, kritisiert der gelernte Krankenpfleger, der sich nach dem Tod seines Sohnes vor 16 Jahren auf die Hospizarbeit fokussiert hat.

Auf der Kinderintensivstation gab es Spaß-Momente, in denen ich selbst nochmal zum Kind wurde
Horst Schoos, Ehrenamtler AKHD

Obwohl alle Kinder lebensverkürzende Erkrankungen haben, spielt der Tod in ihrem Alltag in der Regel keine zentrale Rolle. Die Arbeit beim AKHD, versichern die Beteiligten, sei voller Lebensfreude. „Ich habe auf der Kinderintensivstation regelmäßig ein Mädchen besucht, das Langeweile hatte. Wir haben Spökes gemacht, sind mit dem Rollstuhl über die Flure geflitzt oder haben mit Legosteinen rumgeworfen. Bei so viel Lebensfreude konnte selbst ich noch mal zum Kind werden“, sagt Schoos.

Bereicherung statt Leid und Mitleid

Schönes und Schweres gemeinsam erleben, sich zurücknehmen, zuhören und mit den Kindern auf Augenhöhe kommunizieren, darin liegt der Schlüssel für eine gelungene Hospizbegleitung, davon ist Pokrass überzeugt. „Die meisten denken an Leid und Mitleid, das ist falsch. Es ist eine Bereicherung, wir lernen das Schicksal im Moment der Begegnung zu akzeptieren. Wenn ich Anja besuche, leben im Hier und Jetzt.“

Da sich der Verein zu rund 50 Prozent aus Spenden finanziert, sei man für jede Unterstützung dankbar. „Wir brauchen dringend Helferinnen und Helfer, die schwerkranken Jungen und Mädchen ein wenig Zeit schenken möchten. Sie werden feststellen, dass die Beschäftigung mit dem Sterben und dem Tod und das Da-Sein für betroffene Kinder eine Bereicherung für das eigene Leben ist“, sagt Stolz und deutet auf die vielen bunten Kerzen auf dem Sideboard, von denen jede symbolisch für ein Kind steht, das die Mitarbeitenden des Kölner Ambulanten Kinderhospizdienstes bis zum Tod begleitet haben.