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Kölner Verein „Shahrzad“Eine Stimme für gehörlose geflüchtete Kinder

Lesezeit 3 Minuten
Sieben gehörlose und geflüchtete Kinder des Kölner Vereins Shahrzad stehen hinter einem Ruder im Kölner Schokoladenmuseum

Sieben gehörlose und geflüchtete Kinder des Kölner Vereins Shahrzad besuchen das Kölner Schokoladenmuseum.

Gehörlose geflüchtete Kinder sind doppelt benachteiligt. Ein Kölner Verein steht ihnen unterstützend zur Seite.

Das bunte Treiben beim Nippeser Karnevalsumzug scheint Polina und Chloé zu gefallen, ihre Augen strahlen, obwohl sie weder mitsingen noch „Kamelle“ oder „Strüßje“ rufen können — die beiden 13-jährigen Ukrainerinnen sind gehörlos. „Eine Stille empfinden nur hörende Menschen, unsere Kinder kommunizieren in Gebärdensprache miteinander“, erklärt Arezu Sadeghi.

Die gebürtige Iranerin leitet seit einem Jahr die Kindergruppe bei „Shahrzad“, einem Kölner Verein, der sich zum Ziel gesetzt hat, gehörlose Geflüchtete und Migranten dabei zu unterstützen, sich in einem fremden Land zurechtzufinden und sich mit der unbekannten Kultur vertraut zu machen. Dazu zählt in Köln natürlich der Karneval, daneben bietet der Verein seinen jungen Teilnehmenden zahlreiche kostenlose Ausflüge an – etwa ins Odysseum, Schokoladenmuseum, oder ins Thielenbrucher Straßenbahn-Museum.

Die beiden 13-jährigen gehörlosen geflüchteten Teenagerinnen Polina und Chloé und die Kindergruppenleiterin Arezu Sadeghi tragen bunte Karnevalshüte.

Polina, Arezu Sadeghi und Chloé vom Verein Shahrzad beim Nippeser Karnevalsumzug.

„Wir verstehen uns als Anlaufpunkt und Begegnungsstätte“, sagt Sadeghi. „Und wir möchten gehörlosen Menschen zu Mut, Tapferkeit und Weisheit verhelfen. Dafür steht Shahrzad, der persische Vorname erinnert an die berühmte Prinzessin aus den Erzählungen von 1001 Nacht“, fügt Vereinsgründerin Ahvat Mehbas an.

Geflüchtete, gehörlose Kinder müssen drei neue Sprachen lernen

Der Verein betreut aktuell 15 Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 16 Jahren, die mit ihren Eltern aus der Ukraine geflüchtet sind. Sie besuchen die Johann-Joseph-Gronewald-Schule in Lindenthal, eine Einrichtung des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) für hörgeschädigte Kinder und Jugendliche. Ganz oben auf dem Lehrplan steht für sie, die deutsche Gebärdensprache zu erlernen — eine Grundvoraussetzung dafür, dem Unterricht folgen zu können.

Das bedeutet für die Kinder und Jugendlichen eine große Herausforderung, denn sie müssen sich mit gleich drei neuen Sprachen vertraut machen: der Lautsprache, die sie von Lippen ablesen, der Schriftsprache und der deutschen Gebärdensprache. „Gerade gehörlose geflüchtete Kinder und Jugendliche haben es damit dreifach schwer in einem für sie fremden Land“, sagt Ahvat Mehbas.

„Shahrzad“ besucht das Schokoladenmuseum und das Eisenbahnmuseum in Thielenbruch

„Shahrzad“ besucht das Schokoladenmuseum und das Eisenbahnmuseum in Thielenbruch

„Leider gibt es für gehörlose Kinder kaum Nachhilfe-Angebote. Ich selber biete zweimal die Woche Nachhilfe in Mathematik an. Wir brauchen aber dringend eine Englischlehrkraft, die zu finden leider nicht einfach ist, da der- oder diejenige die deutsche und die englische Gebärdensprache beherrschen müsste“, sagt Sadeghi, die vor neun Jahren aus dem Iran nach Deutschland gekommen ist.

Gehörlose stärker in den Fokus der Gesellschaft rücken

Die gelernte Hebamme ist seit ihrer Kindheit schwerhörig und findet aufgrund ihres Handicaps keine Arbeitsstelle. Seit drei Jahren arbeitet die 47-jährige als Honorarkraft bei „Shahrzad“. Auch Ahvat Mehbas stammt aus dem Iran und beherrscht die deutsche und die persische Gebärdensprache – um mit ihrem gehörlosen Bruder kommunizieren zu können. „Als wir von dem Iran nach London zogen, habe ich erfahren, wie sehr man als Ausländerin in einem fremden Land auf Hilfe angewiesen ist – gehörlose Menschen sind es noch viel mehr. Deshalb habe ich im Jahr 2012 beschlossen, Shahrzad aufzubauen, um meinen Bruder und möglichst viele andere Betroffene unterstützen zu können“, sagt Mehbas, die sich sehnlichst wünscht, dass Gehörlose stärker in den Fokus der Gesellschaft rücken.

Die 70 Euro, die der LVR dafür zahlen würde, reichen meist nicht aus. Die Gehörlosen brauchen eine stärkere Lobby, sie müssen im übertragenen Sinne erhört werden
Ahvat Mehbas, Gründerin von Shahrzad e.V.

„Zwar ist ihr Anspruch auf gedolmetschte Sprache vor Gericht oder beim Arzt gesetzlich verankert, doch Gebärdensprachdolmetscher sind oft monatelang im Voraus ausgebucht.“ Jeder Behördengang bedeute für Gehörlose eine Odyssee, und für die meisten Betroffenen sei es zu teuer, auf eigene Kosten Übersetzer zu engagieren. „Die 70 Euro, die der LVR dafür zahlen würde, reichen meist nicht aus. Die Gehörlosen brauchen eine stärkere Lobby, sie müssen im übertragenen Sinne erhört werden“, mahnt Mehbas an.

„Shahrzad“ bietet neben Behördengängen für erwachsene Gehörlose auch Einstiegskurse in die deutsche Gebärdensprache, Computerseminare und für Kinder ein breites Freizeitprogramm. Der Verein finanziert sich vor allem über Spenden – auch von „wir helfen“.

So können Sie helfen

  1. Mit unserer neuen Jahresaktion „wir helfen: weil jedes Kind wertvoll ist“ bitten wir um Spenden für Projekte und Initiativen in Köln und der Region, die Kindern und Jugendlichen eine gute körperliche und geistige Entwicklung ermöglichen. Damit jeder junge Mensch einen Platz findet, an dem er gesund, sicher und glücklich aufwachsen kann.
  2. Die Spendenkonten lauten: „wir helfen – Der Unterstützungsverein von M. DuMont Schauberg e. V.“
  3. Kreissparkasse Köln, IBAN: DE03 3705 0299 0000 1621 55
  4. Sparkasse Köln-Bonn, IBAN: DE21 3705 0198 0022 2522 25
  5. Wünschen Sie eine Spendenquittung, notieren Sie bitte +S+ im Verwendungszweck. Wollen Sie nicht in der Spenderliste genannt werden, vermerken Sie bitte ein +A+. Legen Sie auf beides Wert, schreiben Sie +AS+. Bitte geben Sie auch Ihre Adresse an, damit eine Spendenquittung ausgestellt werden kann. Danke!
  6. Kontakt: „wir helfen e.V.“, Amsterdamer Straße 192, 50735 Köln, Telefon: 0221-2242789 (Allgemeines, Anträge), 0221-224-2130 (Redaktion) 0221-224-2840 (Spenden) wirhelfen@kstamedien.de 
  7. Mehr Informationen finden Sie auf unserer Vereinshomepage >>