Neuer Kölner Verein macht sich stark für eine gesunde Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen.
Kölner Mediensucht-Fachtagung„Wir brauchen ein Schulfach Medienkompetenz“

Immer mehr Kinder und Jugendliche entwickeln eine Mediensucht.
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Digitale Medien haben ein enormes Suchtpotential. Wie eine aktuelle DAK-Studie zeigt, verbringen Zehn- bis 17-Jährige beinahe vier Stunden täglich mit Online-Spielen und sozialen Medien. Ein Viertel dieser Altersgruppe weist bereits ein riskantes oder krankhaftes Verhalten auf.
„Ich denke, die Internet-Nutzung sollte offiziell reglementiert werden. Vielleicht wäre eine Beschränkung auf einige Stunden, nach Alter gestaffelt, der bessere Weg“, sagt Paul. Der 18-Jährige hat an der, von „wir helfen“ geförderten Fachtagung „Schöne neue Welt – was braucht es für eine gute Mediensuchtprävention?“ teilgenommen.
Teilhabe statt erhobener Zeigefinger
Der Kölner Verein Mediensuchtprävention NRW e.V. hatte zu dem ganztägigen Seminar Schüler, Lehrerinnen, Sozialpädagogen, Vertreterinnen der Krankenkassen und Eltern eingeladen, um gemeinsam Eckpunkte für eine gesunde Mediennutzung zu erarbeiten. Andreas Pauly, der Gründer und Vorsitzende des Vereins, ist überzeugt, dass für einen nachhaltigen Erfolg im verantwortungsvollen Umgang mit den sozialen Medien Jugendliche dabei zwingend eingebunden werden müssen: Partizipation lautet das Zauberwort.

Charlotte Willach ist Medienpädagogin bei der Diakonie Michaelshoven.
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Bei den Online-Spielen bekommen sie schnell Belohnung, Anerkennung und positive Gefühle, die es zu Hause nicht gab. Viele unserer Jugendlichen sind deshalb für eine exzessive Mediennutzung anfällig
„Wir müssen Kinder und Jugendliche mehr beteiligen, anstatt nur mit erhobenem Zeigefinger Handys zu verbieten“, sagt Pauly. „Diese Generation ist mit dem Handy groß geworden und mithilfe einer fundierten, sachlichen Aufklärung durch Eltern und Schule scheint ein verantwortungsvoller Umgang mit den sozialen Medien zu funktionieren.“ Die große Frage dabei sei, wie man bildungsferne Familien, Kinder von Suchtkranken, von Eltern, die selbst ständig das Handy nutzen und nicht in der Lage sind, ihrem Nachwuchs Strukturen vorzugeben, erreiche.
Belohnung und Anerkennung in der virtuellen statt der realen Welt
Die Medienpädagogin Charlotte Willach betreut in der Diakonie Michaelshoven 42 Wohngruppen im Bereich Kinderschutz und Medienberatung. Mediensucht sei bei den Bewohnerinnen und Bewohnern ein riesiges Thema, die meisten Jugendlichen kämen aus problematischen Familien und hätten wenig emotionale Zuneigung in ihren Leben erfahren.
„Bei den Online-Spielen bekommen sie schnell Belohnung, Anerkennung und positive Gefühle, die es zu Hause nicht gab. Viele unserer Jugendlichen sind deshalb für eine exzessive Mediennutzung anfällig. Der Grat zur Sucht ist dann sehr schmal, deshalb wünsche ich mir ein Schulfach Medienkompetenz, um den Kindern zu erklären, wie die digitale Welt funktioniert, wer Gewinner und wer Verlierer ist und was dieses permanente ‚On-Sein‘ in unserem Gehirn auslöst.“
Kölnerinnen und Kölner fordern Medienkompetenz als Schulfach
Unter den 35 Anwesenden waren auch 12 Jugendliche. In den verschiedenen Diskussionsrunden waren sich die Teilnehmenden rasch einig, dass es an Schulen ein Handyverbot geben sollte und dass es an der Zeit sei, das Unterrichtsfach Medienkompetenz verpflichtend in die Lehrpläne zu integrieren. Außerdem sollte eine Altersbegrenzung für bestimmte Apps gesetzlich verordnet werden. Auch die Eltern müssten in die Prävention einbezogen werden und eine Social-Media-Beratung erhalten.

Marie, 13, hat an der Fachtagung von Mediensuchtprävention NRW e.V. teilgenommen.
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Manchmal bekomme ich in der Schule zu hören ‚Du bist ja total lost‘, weil unsere Eltern die Social-Media-Zeiten regulieren, dann antworte ich: ‚Lass uns doch im Park chillen und nicht auf TikTok‘“
Die beiden Schwestern Marie (13) und Jule (12) sind in der neuen Medienwelt schon vorbildlich unterwegs. Beide haben einen zeitlich begrenzten Zugang zu bestimmten Apps, wie Instagram, TikTok und Snapchat, nur das Telefonieren und das Schreiben von Nachrichten unterliegen keiner Beschränkung.
Eltern helfen ihren Kindern, sich nicht in den sozialen Medien zu verlieren
„Unsere Eltern sind unser Regulativ, sie möchten nicht, dass wir abhängig werden und unsere Freizeit fast ausschließlich in den sozialen Medien verbringen. Manchmal bekomme ich in der Schule zu hören ‚Du bist ja total lost‘, dann antworte ich: ‚Lass uns doch im Park chillen und nicht auf TikTok‘“, sagt Marie. Die 13-jährige Gesamtschülerin fühlt sich nicht als Außenseiterin, im Gegenteil, es ist ihr schon gelungen, einige Freundinnen davon zu überzeugen, dass miteinander live zu quatschen auch sehr cool sein kann.
Ihre jüngere Schwester Jule weiß, dass „es bei TikTok und Instagram leider viele politische Inhalte gibt, die sehr manipulierend sind und ohne Einordnung nicht ungefährlich sein können, weshalb ich froh bin, dass unsere Eltern uns dort gut begleiten“.
KI-Projekt soll bei Gamescom über Gefahren aufklären
Mediensuchtprävention NRW e.V. plant für die nächste „Gamescom“ gemeinsam mit Jugendlichen, die einen hohen Medienkonsum haben und solchen, die davon schon geheilt sind, ein KI-Projekt, in dem ein Avatar spielerisch über die Gefahren einer exzessiven Mediennutzung aufklärt.

Andreas Pauly ist Gründer und Vorsitzender des Vereins Mediensuchtprävention NRW e.V.
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Mir ist es wichtig, bei Medien-Projekten mit der jeweiligen Zielgruppe zusammenzuarbeiten, mit den Betroffenen zu diskutieren, wie man aus dieser Suchtfalle herauskommen kann.
„Mir ist es wichtig, bei Projekten mit der jeweiligen Zielgruppe zusammenzuarbeiten, mit den Betroffenen zu diskutieren, wie man aus dieser Mediensuchtfalle herauskommen kann. Vorschläge vom Fachpersonal, die am Schreibtisch entwickelt werden und dann als Lösung vorgestellt werden, sind nicht zielführend. Wir setzen auf Partizipation live und in Farbe. Gleichaltrige sind die optimalen Multiplikatoren“, davon ist Andreas Pauly überzeugt.
Angesichts der steigenden Zahlen von mediensüchtigen jungen Menschen möchte der Kölner Verein mehr Workshops an Schulen anbieten. „Unser Ziel ist es, mit unseren Angeboten möglichst viele Jugendliche zu erreichen, weshalb wir mehr Fachpersonal einstellen möchten. Dazu brauchen wir aber ausreichende finanzielle Mittel. Deshalb sind wir sehr dankbar, dass wir helfen uns tatkräftig unterstützt und hoffen auf weitere Sponsorinnen und Sponsoren, die gerne in die Zukunft der nächsten Generationen investieren.“

Auszug aus dem neuen „wir helfen“-Flyer 2024_2025
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So können Sie helfen
- Mit unserer aktuellen Jahresaktion „wir helfen: dass Kinder wieder mutig in die Zukunft gehen“ bitten wir um Spenden für Projekte und Initiativen in Köln und der Region, die vor allem benachteiligten Kindern und Jugendlichen zu einer motivierenden Zukunftsperspektive verhelfen und die Kompetenzen, die sie dafür brauchen, fördern und stärken. Damit jeder junge Mensch eine Chance hat!
- Die Spendenkonten lauten: wir helfen – Der Unterstützungsverein von M. DuMont Schauberg e. V.
- Kreissparkasse Köln, IBAN: DE03 3705 0299 0000 1621 55
- Sparkasse Köln-Bonn, IBAN: DE21 3705 0198 0022 2522 25
- Wünschen Sie eine Spendenbescheinigung, geben Sie bitte +S+ im Verwendungszweck an. Sollten sie regelmäßig spenden, ist auch eine jährliche Bescheinigung möglich. Bitte melden Sie sich hierzu gerne per E-Mail bei uns. Soll Ihre Spende nicht veröffentlicht werden, notieren Sie +A+ im Verwendungszweck. Möchten Sie anonym bleiben und eine Spendenbescheinigung erhalten, kennzeichnen Sie dies bitte mit +AS+.
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- Sollten Sie anlässlich einer Trauerfreier, einer Hochzeit oder eines Geburtstags zu einer Spendenaktion aufzurufen, informieren Sie uns bitte vorab per E-Mail über die Aktion. Sehr gerne lassen wir Ihnen dann, zwei Wochen nach dem letzten Spendeneingang, die gesammelte Spendensumme zukommen.
- Kontakt: „wir helfen e.V.“, Amsterdamer Straße 192, 50735 Köln Telefon: 0221-224-2789 (Allgemeines, Anträge, Regine Leuker) 0221-224-2130 (Redaktion, Caroline Kron) wirhelfen@kstamedien.de
- Mehr Informationen und die Möglichkeit, online zu spenden, finden Sie auf unserer Vereinshomepage hier >>www.wirhelfen-koeln.de