In der Hunde-AG der Finkenberger GGS Konrad-Adenauer-Straße lernen Grundschülerinnen und Grundschüler mithilfe des Therapiebegleithundes Merlin einen respektvollen und friedlichen Umgang miteinander.
Tiergestützte PädagogikHund Merlin bringt Kindern friedliches Miteinander bei
Tiefenentspannt liegt Merlin auf seiner Decke im „Minions“-Raum der GGS Konrad-Adenauer-Straße in Finkenberg. Auch als die Mädchen und Jungen der Hunde-AG den Projektraum betreten, hebt der American-Staffordshire-Terrier-Mischling kaum den Kopf. Ohne Aufforderung setzen sich die Grundschülerinnen und Grundschüler in einem Halbkreis um Hund und Halterin Vivienne Caspari. Seit Anfang des Schuljahrs weist Caspari die Kinder in den respektvollen Umgang mit Merlin ein. Doch was auf den ersten Blick nach einem Training zwischen Mensch und Tier aussieht, wirkt sich auch auf das Miteinander unter den Schülerinnen und Schülern aus.
Tiergestützte Pädagogik fördert respektvollen Umgang
Vor zwei Jahren holte die Fachlehrerin Merlin aus dem Tierheim, einen Großteil seiner Kindheit und Jugend hatte er dort verbracht. Als sie eine Ausbildung zum Therapiebegleithund mit Merlin begonnen hatte, kam Caspari die Idee zur Hunde-AG. Schließlich fragte sie nach, ob ein solches Projekt im Rahmen der von „wir helfen“-geförderten tiergestützten Pädagogik an der GGS Konrad-Adenauer-Straße möglich sei. „Um solch eine AG zu leiten, braucht man einige Genehmigungen, einen Hygieneplan und eine Ausbildung“, sagt sie, „in letzter Instanz entscheidet aber die Schulleitung“. Die war sofort von Casparis Idee begeistert und wollte Merlin persönlich kennenlernen. Nachdem der Hund sie von seinem guten Charakter überzeugen konnte, gab die Schulleitung ihr Okay für die Hunde-AG.
Caspari gewöhnte Merlin an die neue Umgebung, auch den Schülerinnen und Schülern gab sie eine Stunde Vorlaufzeit, um sich auf die Situation einzustellen. „Bevor Merlin dazukam, haben wir an einem Stofftier gelernt, wo man den Hund anfassen darf“, sagt sie. Mit den grundlegenden Regeln im Umgang mit Hunden ausgestattet, kam es eine Woche später zum Erstkontakt. Seitdem reißt die Begeisterung der Schülerinnen und Schüler für ihre Stunde mit Merlin nicht ab.
Zwei Mädchen und sieben Jungen aus der zweiten Jahrgangsstufe gehören zur ersten von zwei AGs, die jeweils montags stattfinden. Gespannt sitzen sie auf ihren Stühlen und schauen vergnügt in Richtung Hund. Der checkt nach der Begrüßung die Runde ab, beschnuppert die Kinder und legt sich dann wieder auf seinen Platz. „Worauf achten wir, wenn wir mit dem Hund zusammen sind?“, möchte Vivienne Caspari wissen. „Immer nur ein Kind darf den Hund anfassen, nur nicht am Kopf“, heißt es aus der Runde. „Nicht rennen, nicht am Schlafplatz stören und nicht laut sein, weil der Hund so gut hört“, lauten andere Kommentare. „Und immer „Streicheln“ sagen, bevor man ihn anfasst, damit er nicht erschrickt.“
Hunde-AG in Köln-Finkenberg ist höchst beliebt
Bei der anschließenden Leckerli-Runde legt ein Kind den anderen ein Leckerli in die Hand oder vor sie auf den Boden. Nach einem Kommando läuft Merlin seine Futterstellen in Windeseile ab. Zweimal noch wird die Leckerli-Runde wiederholt, dann vertieft Caspari das Wissen der Schülerinnen und Schüler über ihre vierbeinigen Favoriten. „Ich wollte mit euch über die Hundesprache sprechen“, sagt sie und legt eine Reihe von Bildern aus. Sie zeigen einen Hund in verschiedenen Stimmungen. „Du machst mir Angst“, „Ich fühle mich wohl“, „Ich möchte nicht von dir gestreichelt werden“, „Ich bin müde“, lauten die Sätze, die sie dem richtigen Bild zuordnen sollen. Nicht jeder Versuch gelingt sofort, doch die Trefferquote in der Hunde-AG-Gruppe ist hoch.
Nach der Theorie kommt Merlin wieder ins Spiel, die Kinder dürfen Tricks wie „Sitz“, „Einparken“ und „Springen“ mit ihm üben. Die verbleibende Zeit verbringen sie damit, das Tier zu streicheln. Merlin genießt das sichtlich und legt sich bereitwillig auf die Seite. Überhaupt erweist er sich während der gesamten Zeit in der AG als „Seele von Hund“. Dass er zu den gelisteten Hunden gehört, will Vivienne Caspari so gar nicht in den Kopf. „Die Rasse hat mit Vorurteilen zu kämpfen“, sagt sie, „dabei ist der American-Staffordshire-Terrier eigentlich ein Familienhund. Er wird nicht böse geboren.“ Merlins Beispiel könne dazu beitragen, die Rasse von ihrem schlechten Ruf zu befreien.
Therapiebegleithund als Friedensstifter
Und für die Kinder ist seine Funktion als Therapiebegleithund von unschätzbarem Wert. „Der Hund holt die Kinder in die Mitte: die Ruhigen werden aktiviert, die Unruhigen zur Ruhe gebracht“, weiß Caspari. Auch käme es in seiner Gegenwart nie zu ernsthaften Auseinandersetzungen. Das zeigt sich auch bei ihrer zweiten AG. Sie besteht aus acht Dritt- und Viertklässlern, die vom Temperament her kaum unterschiedlicher sein könnten. Von still und introvertiert bis extrovertiert und kaum zu bremsen sind alle Charaktere vertreten, im Verlauf der AG gleichen sie sich einander an, werden immer ruhiger und konzentrierter, zu Streitereien kommt es nicht.
Natürlich hat Vivienne Caspari ihr Programm an die Altersgruppe angepasst. Zwar gibt es auch für sie Leckerli-Runden, Streichelzeiten und Tricks im direkten Kontakt mit dem Hund, sie arbeiten aber auch jede Stunde konzentriert an ihrem „Hundeführerschein“. Dank Hunde-ABC und Arbeitsblättern zu Abstammung, Körperbau und -sprache, Hunderassen und ihren Bedürfnissen entwickeln sich die Schüler zu waschechten Hunde-Experten. Spiele, Agility-Equipment und Bücher ergänzen das AG-Material.
„Ich arbeite gerne mit Kindern, die etwas Unterstützung brauchen“, erklärt die angehende Sonderpädagogin, „gerade auf schwierige Kinder mit emotionalen und sozialen Problemen hat die AG einen positiven Einfluss.“ Die Erklärung dafür liegt für sie auf der Hand: „Bei der Ausbildung zum Therapiebegleithund steht der Schutz des Hundes an erster Stelle“, sagt sie. „Zum einen wegen des Tierschutzgedankens, zum anderen damit die Tiere nicht instrumentalisiert werden und in Stresssituationen geraten, durch die sie sich bedrängt fühlen und sich wehren könnten. Insofern dient der Schutz des Hundes auch dem Schutz des Menschen. Bei den Kindern führt der respektvolle Umgang mit den Tieren dazu, dass sie dieses Verhalten auf den menschlichen Bereich übertragen.“