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100 Millionen Euro Verlust für Kölner KetteDie Gründe für die Probleme bei Vapiano

Lesezeit 4 Minuten
Vapiano theke

Bei Vapiano wird für die Gäste sichtbar an der Theke gekocht.

  1. Vapiano hat 2018 einen Verlust von 101 Millionen Euro vermeldet, der Umsatz betrug rund 372 Millionen Euro.
  2. Die Gründe für den Niedergang sind hausgemacht, die Fehler sollen nicht wiederholt werden.
  3. Zu den Investoren, die Vapiano dringend benötigt, gehören berühmte Erben.

Köln – Das Konzept traf den Nerv der Zeit. Als die Restaurantkette Vapiano 2002 in Deutschland an den Start ging, revolutionierte sie die Systemgastronomie. Italienisches Flair mit langen, rustikalen Holztischen, Olivenbaum und Klassiker wie Pizza und täglich frischer Pasta – die Gäste bestellen die Speisen direkt bei den Köchen, können ihnen bei der Zubereitung über die Schulter schauen und persönliche Vorlieben einbringen.

„Fresh-Casual“ nannten die fünf Gründer Mark Kozilius, Kent Hahne, Gregor Gerlach, Friedemann Findeis und Klaus Rader ihr Restaurantkonzept und es zog. Die Kette wurde schnell bekannt, hatte hohe Frequenzen und expandierte. Die Erfolgsgeschichte schien geschrieben. Ende 2018 betrieb das Unternehmen nach eigenen Angaben 231 Restaurants in 33 Ländern – von Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten bis Chile oder Japan. Kernmarkt blieb mit 81 Restaurants weiterhin Deutschland.

2017 zog Vapiano nach Köln

2017 zog das Unternehmen von Bonn in den Kölner Rheinauhafen. Kurz zuvor war Vapiano an die Börse gegangen und trieb die Zahl der Neueröffnungen, die die Fantasien der Anleger beflügelte, weiter voran. Bereits im Vorfeld waren zudem Läden von Franchise-Nehmern übernommen worden, um den Umsatz in die Höhe zu schrauben.

Im Gang auf das Börsenparkett sehen Branchenkenner im Rückblick den Wendepunkt. Das Unternehmen konnte die hohen Erwartungen von Anlegern und Analysten nicht erfüllen. Der Druck wuchs enorm. Längst ist das Image von Vapiano schwer angeschlagen.

Am Dienstag nun musste die Kölner Kette einen Verlust von 101 Millionen Euro vermelden, bei einem Umsatz von rund 372 Millionen Euro. Im Jahr zuvor hatte das Minus bereits bei 30 Millionen Euro gelegen. „Das vergangene Jahr war eine Enttäuschung für uns, nun blicken wir aber nach vorne – die Finanzierung ist bis 2022 gesichert“, sagte Vapiano-Vorstandschef Cornelius Everke, der erst seit Ende des vergangenen Jahres im Amt ist.

Die Probleme sind hausgemacht

Dabei ist der größte Teil der Probleme hausgemacht. „Va piano“ bedeutet übersetzt „Geh langsam“. Aber genau das haben die Manager der Kette lange nicht beherzigt. Um die hohe Taktung beizubehalten, wurden auch in weniger attraktiven Stadtlagen Restaurants eröffnet . Die Folge waren geringe Kundenfrequenzen und schwache Umsätze. Das Management reagierte mit Kostensenkungen – zulasten von Qualität und Service.

Das Unternehmen geriet schließlich in die Schlagzeilen, weil es Arbeitsstunden von Mitarbeitern künstlich kleingerechnet haben soll. Schon 2015 hatte die Kette Vertrauen bei den Kunden verspielt, als bekanntwurde, dass Garnelen als teure Scampis verkauft wurden und das Haltbarkeitsdatum von Zutaten manipuliert worden sein soll. Vapiano hatte letzteres stets zurückgewiesen.

Am meisten nervten die Kunden aber die langen Warteschlangen an den Ausgabestellen. Das Showkochen wurde zur Geduldsprobe – vor allem in der Mittagspause für viele Berufstätige mit wenig Zeit.

Konkurrenz durch neue Trends

Hinzu kam die Konkurrenz durch neue Gastro-Trends. Hippe Burgerläden, hawaiianische Bowls oder vegane Restaurants begeisterten plötzlich mehr als klassische Pizza und Pasta. Ausgerechnet in diesem Segment wurden dann aber auch noch die zwei ehemaligen Vapiano-Gründer Friedemann Findeis und Klaus Rader zu den schärfsten Wettbewerbern. 2011 hatten sie das Unternehmen verlassen und betreiben mittlerweile erfolgreich die Kette L’Osteria. Im Herbst des vergangenen Jahres spitzte sich die Lage schließlich zu. Nach zwei Gewinnwarnungen stürzte der Kurs der Aktie völlig ab.

Wurden die Anteile beim Börsengang 2017 noch für 23 Euro ausgegeben, so schlingert sie heute bei um die sechs Euro. Der Börsenwert des Unternehmens sank von einst 600 Millionen auf 160 Millionen Ende 2018.

Doch das Prinzip Hoffnung wurde vorerst weiterverfolgt. Ende November prognostizierte der Vorstand noch einen Gewinn aus der betrieblichen Tätigkeit (Ebitda) für 2018 von 34 bis 38 Millionen Euro. Wenige Tage später musste Vorstandschef Jochen Halfmann gehen. Der ehemalige Douglas-Manager wurde durch Cornelius Everke ersetzt, der zuvor für das internationale Geschäft des Unternehmens zuständig war.

Jahresabschluss mehrfach verschoben

Everke versucht nun umzusteuern. Zwischenzeitlich soll es dem Vernehmen nach auch Überlegungen gegeben haben, das Unternehmen von der Börse zu nehmen. Im Februar teilte der Vorstand mit, dass die selbst gesetzten Ziele im vergangenen Jahr nicht erreicht wurden. Grund sei ein schwaches viertes Quartal und die dürftige Entwicklung einiger der neu eröffneten Restaurants. Vorstandschef Everke kündigte nicht nur eine strategische Neuausrichtung an, sondern ließ auch durchblicken, dass das Unternehmen dringend frisches Geld bräuchte.

Mehrfach musste die Vorstellung des Jahresabschlusses 2018 in den vergangenen Monaten verschoben werden. Hinter den Kulissen soll indes hart über die dringend benötigte Finanzspritze verhandelt worden sein. Im Mai schließlich einigten sich die Banken sowie die drei Gesellschafter, zu denen die Beteiligungsgesellschaften des Tchibo-Erben Günter Herz und der Wella-Erbin Gisela Sander gehören, auf einen 30-Millionen-Euro-Kredit.

Mit dem Geld soll der Vorstandschef Vapiano wieder auf Kurs bringen. Arbeitsabläufe sollen verschlankt und die Menükarte auf Klassiker reduziert werden. Alle Standorte sollen zudem auf Profitabilität geprüft werden. Dabei wird Everke wohl kaum um Standortschließungen herum kommen. Vor allem beim Wachstum will man künftig aber dem Credo „geh langsam“ folgen. 2021 will Vapiano dann wieder in die Gewinnzone zurückgekehrt sein.