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40 Standorte im ADAC-TestWarum Urlauber auf Einkäufe an Raststätten verzichten sollten

Lesezeit 5 Minuten
Rasthof Remscheid West an der A 1 Fahrtrichtung Köln am 11. Juli 2023

Note „ausreichend“ beim ADAC-Test: der Rasthof Remscheid West an der A 1 in Fahrtrichtung Köln

Von sieben untersuchten Raststätten in NRW erhält nur eine die Note „gut“. Was der ADAC Reisenden jetzt rät.

Wenn es für ihn überhaupt einen Grund gäbe, die Raststätte aufzusuchen, dann höchstens die Aussicht auf eine Klimaanlage. Doch selbst die kann Kilian Vogel nicht locken. Gut gelaunt steht er mit seinem Freund Sven Hirt am Dienstag bei 33 Grad im Schatten seines Campers auf dem A3-Rastplatz an der Ohligser Heide kurz vor dem Leverkusener Kreuz, von der Zwischenmahlzeit ist nur noch eine frische Möhre übrig.

ADAC-Rastplatz-Test: Ernüchterndes Ergebnis

„Wir schauen immer, dass wir unser eigenes Essen und Trinken dabeihaben“, sagt Sven, nimmt einen kräftigen Schluck aus der nachfüllbaren Wasserflasche, bevor die Rückreise mit den Freundinnen aus dem Urlaub in den Niederlanden Richtung Bodensee fortgesetzt wird.

2,20 Euro für einen Liter Super. Das ist nur noch Abzocke.
Kilian Vogel an der Autobahn-Raststätte Ohligser Heide

„Ich habe gerade ein bisschen nachgetankt“, sagt Kilian. „Ich dachte schon, mit 1,90 Euro sei es in den Niederlanden schon teuer. Aber hier habe ich 2,20 Euro für einen Liter Super bezahlt. Beim Sprit verstehe ich das gar nicht. Das ist nur noch Abzocke. Die Infrastruktur auf der Autobahn ist für die Anlieferung doch viel besser als an jeder anderen Tankstelle.“

Sven ist überzeugt, dass die Pächter der Rastanlagen „es ausnutzen, weil die Leute schnell in den Urlaub wollen und nicht von der Autobahn runterfahren, weil das zu viel Zeit kostet.“

Sven Hirt und Kilian Vogel (r.) auf dem Autobahn-Rastplatz Ohligser Heide bei ihrer Rückfahrt aus dem Urlaub in den Niederlanden zum Bodensee

Sven Hirt und Kilian Vogel (r.) auf dem Autobahn-Rastplatz Ohligser Heide an der A3 bei ihrer Rückfahrt aus dem Urlaub in den Niederlanden zum Bodensee

Genau das sei der Fehler, sagt der ADAC-Verkehrsexperte Roman Suthold. Der Mobilitätsclub hat bundesweit 40 Rastanlagen getestet, darunter sieben in Nordrhein-Westfalen. Das Ergebnis ist ernüchternd. Nur die Anlage in Hünxe an der A3 erhielt die Gesamtnote gut, die anderen sechs waren ausreichend. Untersucht wurden die Preise, das gastronomische Angebot und Services sowie die Außenanlagen, die Zugänge und die Sanitäranlagen.

In NRW waren die Tester auf den Rastanlagen Remscheid West und Tecklenburger Land West (beide A1), Lipperland Süd (A2), Hünxe West (A3), Soester Börde Süd und Hellweg Süd (beide A44) sowie Bedburger Land West (A61).

3,49 Euro für einen Liter Wasser aus dem Kühlregal

Als größtes Ärgernis stellen sich die hohen Preise beim Rastanlagenbesuch heraus. Am Dienstag kostet der Liter Mineralwasser aus dem Kühlregal an der Raststätte Remscheid West 3,49 Euro, der halbe Liter Cola 3,29 Euro. Für zwei verpackte Dreieck-Sandwiches muss der Raststätten-Kunde 4,49 Euro hinlegen, für eine Tafel Vollmilchschokolade 2,79 Euro.

Die Tester kommen bei den Preisen der sieben untersuchten Anlagen zu einem vernichtenden Urteil. Vom Restaurant bis zum Tankstellen-Shop waren die angebotenen Produkte vom Standardmenü über eine Packung Kartoffelchips bis zur Warnweste allesamt überteuert im Vergleich zu einer Stichprobe von nahegelegenen Autohöfen.

Wucherpreise in allen Restaurants und Tankstellen-Shops

Das Ergebnis: Fünf von sieben Anlagen wurden mit sehr mangelhaft bewertet, zwei mit mangelhaft.

Das gastronomische Angebot fiel sehr unterschiedlich aus: So erhielt etwa die Anlage Bedburger Land West an der A61 wegen seiner großen Auswahl an warmen Speisen, Gebäck und Sandwiches die Note sehr gut, die Anlage Soester Börde Süd fiel dagegen mit einem geringen Angebot mit der Note mangelhaft bei einem Test durch, da das Restaurant geschlossen hatte und die Tester mit dem Angebot der Tankstelle vorliebnehmen mussten.

„Autofahrer wünschen sich bei einer Rast eine angemessene Auswahl an Verpflegung zu fairen Preisen, stattdessen müssen sie an vielen Orten für eine dürftige Auswahl viel zu viel Geld bezahlen“, sagt Suthold. Der ADAC empfiehlt Reisenden deshalb, Proviant von zu Hause mitzubringen, um Geld zu sparen und unabhängig vom Angebot zu sein.

Beim Tanken lohnt sich das Abfahren immer

Ähnlich schlecht waren auch die Ergebnisse bei den Benzinpreisen ausgefallen, die der ADAC schon Anfang des Monats vorgelegt hatte. Im Vergleich mit der ersten erreichbaren Tankstelle abseits der Autobahn kostete Superbenzin (E 10) auf der Autobahn im Schnitt 44,4 Cent mehr und für Diesel musste 40,6 Cent mehr pro Liter bezahlt werden.

Immerhin: Die sanitären Anlagen an den Standorten in NRW erhielten durchweg gute Noten hinsichtlich ihres Zustands, der Ausstattung und der Sauberkeit: Sechs Anlagen erhielten die Note sehr gut, eine die Note gut. Die Anlagen waren meist sehr gut erhalten und optisch sehr sauber.

„Das Gesamtergebnis des Rastanlagentests in NRW ist alles andere als erfreulich“, so Suthold. „An mehreren Standorten gibt es bei den untersuchten Kategorien große Defizite.“

Bei Superschnell-Ladestationen liegt NRW vorn

Bei der Kategorie Services untersuchte der ADAC neben anderen Punkten die Lademöglichkeiten für E-Autofahrer an den Rastanlage. Dabei fiel das Ergebnis besser aus als im bundesweiten Vergleich: Fünf von sieben Anlagen haben Superschnellladesäulen mit 150 oder 300 kW (bundesweit nur rund die Hälfte). Am Standort Lipperland Süd an der A2 bei Bielefeld finden Autofahrer dagegen nur Schnellladesäulen mit 43 bzw. 50 kW vor, in Remscheid West an der A1 waren zudem einige dieser Säulen defekt. Die Raststätte Bedburger Land West ist eine von zwei bundesweit getesteten Anlagen, an denen sich gar keine Ladesäulen für E-Autos befinden.

Beim Zustand der Außenanlage und dem Zugang machten die Tester unterschiedliche Erfahrungen. Untersucht wurden hier unter anderem die Barrierefreiheit, die Mülleimer und die Parkplätze für Frauen und Menschen mit Behinderung.

Vier der Anlagen erhielten die Note gut und zwei die Note ausreichend. Remscheid West wurde mit mangelhaft bewertet, etwa weil hier die barrierefreien Parkplätze unzureichend beschildert, nur wenige Bordsteine abgesenkt sind und Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, nur beschwerlich zum Restaurant gelangen. Außerdem gab es keine Frauenparkplätze.

Auch bundesweit nur mäßige Ergebnisse

Auch bundesweit fiel das Ergebnis des Rastanlagentests eher mittelmäßig aus. Für 24 der insgesamt überprüften 40 Anlagen gab es nur ein „ausreichend“. 15 Mal wurde die Note „gut“ vergeben und eine Anlage fiel mit „mangelhaft“ durch. Ein „sehr gut“ konnte sich keine der Rastanlagen verdienen. Erstmals seit zehn Jahren testete der ADAC wieder bewirtschaftete Rastanlagen. Waren in früheren Tests die Sanitäranlagen oftmals ein großes Ärgernis, gab es dieses Jahr in dieser Kategorie meist die besten Noten. Im Preisvergleich mit einer Stichprobe nahegelegener Autohöfe fielen auch bundesweit im diesjährigen Test alle Anlagen wiederholt durch.