AboAbonnieren

Angst vor dem Outing„Lange mit miesem Gefühl im Bauch nach Hause gefahren“

Lesezeit 2 Minuten
Neuer Inhalt (1)

Svenja Paul 

„Und, was hast du am Wochenende gemacht?“ – „Ich war zelten.“ – „Alleine?“ „Hm, ne, mit einer Freundin.“ – „Schön, also meine beste Freundin und ich…“ Solche Unterhaltungen kenne ich zur Genüge. Seit meinem 15. Lebensjahr weiß ich, dass ich auf Frauen stehe. Meine Freundin und ich heiraten bald, ich bin glücklich.

Mittlerweile ist es mir egal, wie andere Menschen darüber denken, dass ich mit einer Frau zusammen bin. Als ich ins Berufsleben gestartet bin, sah das anders aus. Aus Sorge davor, dass meine Vorgesetzten oder Kollegen mich ablehnen, habe ich häufig so getan, als wäre meine Partnerin eine einfache Freundin. Ich dachte, das würde es leichter machen. Nach Hause gefahren bin ich dann mit einem miesen Gefühl im Bauch. Irgendwann hat es Klick gemacht. Ich verschwende so viel Energie darauf, anderen zu gefallen. Aber möchte ich überhaupt für ein Unternehmen arbeiten, für das Homosexualität ein Problem ist?

Ganz klar: Nein. Dieser Gedanke hat mich selbstbewusster gemacht. Ich habe Spaß daran, viel in meine Karriere zu investieren und möchte mich dafür nicht verstellen müssen. Mittlerweile erzähle ich von meiner Partnerin so wie es heterosexuelle Kollegen auch tun. Dann spürt man häufig die Neugier der anderen, das ist für mich in Ordnung. Ich finde es wichtig, Fragen zu beantworten.

Klare Grenzen ziehen

Vielen ist nicht bewusst, dass es homosexuelle Menschen in einigen Belangen immer noch schwer haben. Wenn Fragen für mich zu privat werden, ziehe ich eine klare Grenze. Oder ich stelle eine gleichwertig intime Frage zurück. Die meisten merken es dann. Auch da habe ich dazu gelernt. Wenn ich meinem jüngeren Ich einen Tipp geben könnte, würde ich sagen: Kenn’ deinen Wert. Nicht alles, was um dich herum passiert, erfordert eine Reaktion. Aber es ist okay, Zeit zu brauchen. Die Erfahrung in meinem Arbeitsumfeld ist: Viele Ängste waren nur in meinem Kopf. Die Menschen reagieren positiver, als man es sich ausmalt. Und die Wenigen, die das nicht tun: Sei’s drum.