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Bayer-Aktie im SinkflugKonzern hat seit Januar bereits 5500 Jobs gestrichen - weitere Kürzungen geplant

Lesezeit 4 Minuten
ARCHIV - 20.11.2023, Nrw, Köln: Das Bayer-Kreuz, das Logo des Unternehmens, leuchtet auf dem Werksgelände von Bayer in Leverkusen. Der Umbau des Agrarchemie- und Pharmakonzerns Bayer wird wohl viele Mitarbeiter den Job kosten. Im Zuge der geplanten Verschlankung der Verwaltung und der angestrebten Beschleunigung von Entscheidungsprozessen dürfte es zu einem erheblichen Personalabbau in Deutschland kommen, teilte das Unternehmen am Mittwochabend (17.01.2024) in Leverkusen mit. (zu dpa: «Milliardenverlust bei Bayer: Aktie fällt auf 20-Jahres-Tief») Foto: Thomas Banneyer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Das Bayer-Kreuz leuchtet auf dem Werksgelände von Bayer in Leverkusen.

Der Leverkusener Konzern Bayer schreibt weiter tiefrote Zahlen. Vor allem die Agrarsparte bleibt belastend und es wird weiter gespart.

Die Lage des Leverkusener Bayer-Konzerns bleibt schwierig. Einer der Hauptgründe ist das Agrargeschäft (Crop Science) mit Saatgut und Pflanzenschutzmitteln – allen voran Glyphosat. Im dritten Quartal brach der Gewinn um fast 26 Prozent auf 1,25 Milliarden Euro ein. Der Umsatz sank um 3,6 Prozent auf 9,97 Milliarden Euro. Unterm Strich fiel ein Verlust von knapp 4,2 Milliarden Euro an - nach einem Minus von 4,57 Milliarden vor einem Jahr.

Zahl der Klagen gegen Glyphosat steigt weiter

Im Agrarbereich sei die Marktentwicklung schlechter als erwartet. „Crop Science wird die Ziele für 2024 nicht erreichen“, sagte Bayer-Chef Bill Anderson bei der Vorlage der Zahlen. Schwierig ist die Geschäftslage vor allem in Lateinamerika, einem der wichtigsten Märkte für Bayer. Aufgrund von Unwettern und Krankheitsbefall auf den Feldern in Argentinien und Brasilien schwächelt der Absatz. Zudem sind in dem für Bayer wichtigen Mais-Geschäft die Anbauflächen in der Region zurückgegangen. Die Konkurrenz durch Nachahmer-Präparate drücken auf den Preis.

Hinzu kommen die juristischen Probleme des Konzerns in den USA. Die Probleme rund um den glyphosathaltigen Unkrautvernichter Roundup hatte Bayer sich 2018 mit der mehr als 60 Milliarden Dollar teuren Übernahme des US-Konzerns Monsanto ins Haus geholt. Das Unternehmen hat die Vorwürfe, Glyphosat könne krebserregend sein, immer zurückgewiesen.

63.000 Klagen sind noch offen

Die Zahl der Klagen legte jüngst um 5000 noch zu auf rund 177.000. Etwa 63.000 Klagen sind nach Bayer-Angaben noch offen. Anderson kündigte erneut an, den Obersten Gerichtshof anzurufen, um Grundsätzliches klären zu lassen. „Wir werden jetzt entscheiden, für welchen Fall wir eine Prüfung durch den Supreme Court beantragen. Wenn das Gericht den Fall annimmt, hoffen wir auf eine Entscheidung in der Sitzungsperiode 2025 bis 2026“, sagte Anderson.

In der Agrarchemie-Sparte schrieb Bayer allein im dritten Quartal Geschäfts- und Firmenwerte in Höhe von fast 3,3 Milliarden Euro ab. Die Abschreibungen auf den Firmenwert in dieser Sparte belaufen sich seit der Monsanto-Übernahme im Jahr 2018 Bayer zufolge auf insgesamt 12,9 Milliarden Euro.

Besser lief es hingegen in der Sparte für rezeptfreie Medikamente. Auch mit der Entwicklung des Pharmasegments zeigt sich Anderson insgesamt zufrieden. Die Umsatzzuwächse mit neuen Mitteln wie dem Krebsmedikament Nubeqa und dem Nierenpräparat Kerendia sollen sich 2025 fortsetzen. Für Bayer ist dies insofern wichtig, als sich die Patentabläufe beim bisherigen Bestseller Xarelto beschleunigen und so den Gewinn der Sparte drücken werden.

Bayer-Chef: „Wir haben den richtigen Kurs eingeschlagen“

Trotz aller Schwierigkeiten sei man auf dem richtigen Kurs, so Bayer-Chef Anderson. „Es gehört zum Geschäft, mit Hindernissen umzugehen und Anpassungen vorzunehmen“, sagte er. „Solange wir auf dem richtigen Weg sind, ist das völlig in Ordnung. Wir sind überzeugt, dass wir den richtigen Kurs eingeschlagen haben, und den wollen wir beibehalten.“

Seit rund einem Jahr strukturiert der gebürtige Texaner den Traditionskonzern um. Herzstück ist das neue Organisationsmodell „Dynamic Shared Ownership“ (DSO). Damit will Bayer Hierarchien abbauen, Bürokratie beseitigen und schlanker und effektiver werden. Seit Januar habe man 5500 Stellen abgebaut, vor allem im mittleren Management, sagte Finanzvorstand Wolfgang Nickl. Zugleich seien rund 1000 neu formierte Teams entstanden, die sich beispielsweise auf einzelne Produkte und Kunden konzentrieren.

Zwei Milliarden sollen eingespart werden

Wie viele Jobs insgesamt gestrichen werden sollen, dazu machte Bayer erneut keine Angaben. Bis Ende 2026 sollen die Kosten durch den Umbau um zwei Milliarden Euro sinken. Für 2024 erwartet Bayer nun währungsbereinigt einen Rückgang des operativen Gewinns auf 10,4 bis 10,7 Milliarden Euro. Bisher waren 10,7 bis 11,3 Milliarden prognostiziert worden.

Auch für 2025 erwartet der Pharma- und Agrarkonzern derzeit keine Besserung. „Insgesamt haben wir für kommendes Jahr eher gedämpfte Erwartungen in Bezug auf Umsatz und Ergebnis, und Letzteres wird voraussichtlich zurückgehen“, kündigte Finanzchef Wolfgang Nickl an. Damit droht dem Traditionsunternehmen aus Leverkusen das dritte Jahr in Folge mit sinkenden Ergebnissen.

Die Reaktion der Börse war eindeutig. Die Aktien sackten an der Börse um zwischenzeitlich 14 Prozent auf etwas über 21 Euro ab. Das ist der niedrigste Stand seit 20 Jahren. Seit Sommer 2018 ist Bayers Börsenwert von knapp 92 Milliarden Euro auf zuletzt nur noch circa 21 Milliarden Euro gesunken. Im Jahr 2015 - also vor der Monsanto-Übernahme 2016 - war Bayer zwischenzeitlich der wertvollste Konzern Deutschlands, damals war er rund 120 Milliarden Euro wert.