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Ausweg aus der KriseDas sind die Details des Glyphosat-Vergleichs

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Blick auf das Logo von Bayer

  1. Der Ausweg ist gefunden: Bayer zahlt bis zu 10,8 Milliarden Euro, um Rechtsprobleme zu beseitigen.
  2. Damit soll auch der Glyphosat-Streit Geschichte sein.
  3. Ein Überblick über die Entwicklungen bei Bayer. Und wie es bei dem Konzern weitergehen soll.

Köln – Bayer hat einen Ausweg aus der schwersten Krise seiner Geschichte gefunden. Der Leverkusener Agrarchemiekonzern nimmt bis zu 12,1 Milliarden Dollar (10,8 Milliarden Euro) in die Hand, um neben dem Glyphosat-Streit zwei weitere Rechtsprobleme zu beseitigen. Alles in allem hat Bayer für die Übernahme von Monsanto nun gut 67 Milliarden Euro gezahlt.

Ausgehandelt wurden die Vereinbarungen von Star-Anwalt Ken Feinberg, der bereits im Diesel-Skandal zwischen US-Klägern und Volkswagen vermittelt hatte. Die Entwicklung bei Bayer im Überblick:

Welche Rechtsstreite legt Bayer bei und wie teuer ist das?

Der größte und teuerste Komplex dreht sich rund um mögliche Krebsrisiken glyphosathaltiger Unkrautvernichter der Bayer-Tochter Monsanto. Zehntausende Kläger hatten ihre Erkrankung auf die Verwendung deren Marke Roundup zurückgeführt. In allen drei vor Gericht verhandelten Fällen entschieden Geschworene erstinstanzlich zugunsten der Kläger, Bayer wurde zu Schadenersatzzahlungen zwischen umgerechnet gut 22 und 77 Millionen Euro verurteilt. 125.000 eingereichte und nicht eingereichte Klagen umfasst die Beilegung nun, in deren Rahmen der Konzern bis zu 8,6 Milliarden Euro an die Kläger zahlt. Damit sind etwa 75 Prozent aller aktuellen Verfahren abgegolten, bei einem Teil von ihnen werden allerdings noch die Ansprüche der Kläger geklärt. Alle Teilnehmer des Vergleichs müssen sich verpflichten, ihre Klagen zurückzunehmen oder nicht einzureichen. Die drei genannten Fälle, in denen es ein erstes Urteil gibt, sind von dem Vergleich indes ausgeschlossen und befinden sich in der Berufung.

Im zweiten Verfahrenskomplex geht es um das Pflanzengift Dicamba. Die Kläger bemängelten Verwehungen des Mittels auf fremde Felder und dadurch verursachte Ernteschäden. Bayer zahlt nun rund 354 Millionen Euro und vergleicht damit alle die Erntejahre 2015 bis 2020 betreffenden Fälle. Gemeinsam mit dem Chemiekonzern BASF war Bayer im Februar zur Zahlung von 237 Millionen Euro an einen Pfirsichfarmer verurteilt worden. Dieser Fall ist von der Einigung ausgeklammert, da Bayer das Urteil für ungerechtfertigt hält. Von BASF erwarten die Leverkusener zudem einen Beitrag zur Vergleichszahlung.

Der dritte gelöste Komplex dreht sich um Gewässerverunreinigungen durch das Umweltgift PCB. Monsanto war von 1935 bis 1977 der einzige PCB-Hersteller in den USA, die klagenden Kommunen hatten dem Konzern vorgeworfen, Folgen des toxischen Schadstoffs verschwiegen zu haben. Bayer nimmt etwa 728 Millionen Euro in die Hand, um diesen Streit beizulegen.

Sind neue Glyphosat-Klagen künftig ausgeschlossen?

Zwar ist es üblich, dass die Anwaltskanzleien, die für die Kläger den Vergleich verhandelt haben, keine weiteren Fälle annehmen. Dennoch kann Bayer nicht ausschließen, dass neue Kläger auf den Plan treten. Für diesen Fall hat Bayer eine Vereinigung über die Bildung eines unabhängigen Wissenschaftsgremiums getroffen. Dieses entscheidet zunächst, ob Roundup zu dem bösartigen Lymphdrüsenkrebs führt, der im Mittelpunkt der Glyphosat-Verfahren stand. Sollte das Gremium entscheiden, dass Roundup Krebs verursacht hat, ist auch Bayer an diese Entscheidung gebunden. Weil in diesem Fall aber keine Laien-Jurys, sondern Wissenschaftler entscheiden, gibt sich Bayer selbstbewusst, dass die Entscheidung zugunsten des Konzerns ausfällt. Falls nicht, legt das Gremium in einem zweiten Schritt fest, in welchem Ausmaß Kläger Roundup ausgesetzt gewesen sein müssen, um Anspruch auf Schadenersatz zu haben. Bayer stellt gut 1,1 Milliarden Euro für diese Vereinbarung zur Verfügung.

Gesteht Bayer eine Schuld an Krebserkrankungen der Kläger ein?

Die Vereinbarungen „enthalten keinerlei Eingeständnis einer Schuld oder eines Fehlverhaltens“, teilt Bayer mit. Im Gegenteil: Bei einer Telefonkonferenz mit Journalisten drückte Bayer-Chef Werner Baumann sein Bedauern darüber aus, dass der Konzern viel Geld für ein Produkt zahlen müsse, das doch sicher sei. Aber er sei „erleichtert, dass diese Zeit der Unsicherheit vorbei ist“.

War Bayer gezwungen, einen Vergleich zu erzielen?

Natürlich hätte Bayer auch darauf hoffen können, dass sich das Blatt in künftigen Prozessen zugunsten des Konzerns wenden würde, doch die Kosten für die Prozessführung und die finanziellen Unsicherheiten hätten die Leverkusener deutlich stärker belastet als der nun geschlossene Vergleich. Zudem wollte Bayer nach eigenem Bekunden auch weitere Schäden für die Reputation vermeiden. Der Vergleich sei „angesichts der drohenden Risiken und künftiger Unsicherheiten die effizienteste und wirtschaftlich sinnvollste Lösung für das Unternehmen, die Aktionäre und alle anderen Stakeholder“, sagte Baumann.

Streicht der Konzern Jobs, um die Einigung finanzieren?

Nein, das hat er ausgeschlossen. Allerdings baut das Unternehmen seit 2018 weltweit rund 12 000 Stellen ab. Für die Finanzierung des Vergleichs greift Bayer auf bestehende Mittel, künftige Gewinne und die umgerechnet 6,8 Milliarden Euro zurück, die aus dem Verkauf der Tiermedizin-Sparte kommen. Bis Ende 2022 sollen alle Zahlungen erfolgt sein.

Wie bewerten Anleger die milliardenschwere Einigung?

Die Reaktionen sind durchweg positiv. Michael Leuchten, Analyst der Schweizer USB, schrieb, die Aktie sei „wieder eine investierbare Anlage geworden“. Marc Tüngler von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitzt (DSW) nannte die Einigung „den Befreiungsschlag, auf den alle gewartet haben“.

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„Die Beilegung des Rechtsstreits ist ein teurer Befreiungsschlag für Bayer, der die Rechtsrisiken massiv reduziert hat und damit die Unsicherheiten am Kapitalmarkt beseitigt“, kommentierte Ingo Speich von der Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka: „Der Reputationsschaden lässt sich dadurch leider nicht mehr aus dem Weg räumen.“