„Helles“ soll in Köln Fuß fassenBayrischer Angriff auf Kölsch-Kneipen
Köln/München – Angriff auf die rheinische Bier-Metropole. Soll Bayrisch Hell bald das Kölsch verdrängen? Zwei bayrische Biere soll es bald am Heumarkt geben – und dafür kein Kölsch. Droht ein Bierkrieg am Rhein?
Kölsch mit 90 Prozent Marktanteil
Rein biertechnisch ist der Kölner Markt für die angestammten Brauer ein Traum. In den Gaststätten Kölns liegt Kölsch mit einem Marktanteil von 90 Prozent unter den Bieren auf einem monopolähnlichen Platz eins. Und Kölsch kommt fast ausschließlich aus Köln, weil es als eingetragene regionale Marke einen Schutz genießt wie Champagner oder Parma-Schinken. Kölsch muss aus Köln kommen. Nur in Wiehl wird aus alter Tradition Zunft gebraut. Unangefochten vorn ist das kölsche Original also in der Heimat.
Doch solche Bedingungen locken die Konkurrenz. Die kommt nun aus Bayern. Zwei Hellbier-Brauer wagen in der Kölsch-Hochburg nun eine Offensive gegen die angestammte Sortentradition. Sowohl das kleine „Starnberger Brauhaus“ als auch die große Augustiner-Brauerei wollen die rheinische Biermeile aufmischen.
Augustiner braut fast so viel wie alle Kölner Brauer zusammen
Die Traditionsbrauerei Augustiner zieht ins ehemalige Maredo-Steakhaus am Heumarkt und will dort ab Spätsommer bei den Gästen mit bayerischem Bier und Speisen punkten. Mit der „Starnberger Alm“ hat ein bayerisches Restaurant jetzt am Heumarkt 52 eröffnet – dort war zuvor das italienische Lokal „La Tagliatelle“. In beiden Betrieben soll es bayerisches Bier geben, und ausdrücklich kein Kölsch. Und das am Heumarkt, im Herzen Kölns. Geht das gut?
Die Augustiner-Bräu Wagner KG ist die älteste noch bestehende Brauerei Münchens. Laut den letzten bekannten Zahlen aus 2018 braut Augustiner mehr als 1,63 Millionen Hektoliter Bier pro Jahr. Im letzten normalen Jahr vor Corona brauten die Kölschhersteller 1,783 Millionen Hektoliter Bier. Wohlgemerkt: alle zusammen. Augustine ist also ein ernstzunehmender Gigant, der da angreift.Und auch wenn Starnberger viel kleiner ist: Dahinter steckt die mächtige Krombacher Brauerei, die es allein mit ihren Pilssorten 2021 auf sagenhafte 5,6 Millionen Hektoliter Bierausstoß schaffte.
Kölsch-Brauer sind siegessicher
Die Kölsch-Branche gibt sich bewusst gelassen, oder besser: selbstbewusst gelassen. „Starnberger wird nicht in Starnberg gebraut und sogar im Münsterland und Landshut abgefüllt. Kölsch dagegen ist hier das Blut der Stadt“, sagt Christian Kerner, Geschäftsführer des Kölner Brauerei-Verbandes. Touristen und Einheimische würden in Köln eben Kölsch trinken wollen. „Wir haben ein starkes, geschütztes regionales Produkt. Ich sehe das nicht als Angriff“, sagt Kerner, dessen Verband die Interessen aller großen Kölsch-Produzenten bündelt.
Gaffel wildert selbst andernorts
Auch bei Gaffel, eine der größten Kölsch-Brauereien zeigt man sich selbstbewusst. „Auch andere Bierkonkurrenten haben wir gut überstanden“, sagt Gaffel-Marketingchef Thomas Geloy. So habe es auch schon belgische Biere oder die niederländischen Heineken und Grolsch in Köln gegeben, ohne dem Platzhirsch Kölsch auch nur irgendwie gefährlich werden zu können. „In Köln gibt es auch Platz für Nischen, das Weizenbier hat ja auch in Kölner Biergärten seinen festen Platz gefunden, ohne Kölsch zu verdrängen“, sagt Deloy.Und was die Bayern könnten, könnten die Kölner andernorts allemal. So gebe es auch in Berlin mit „Ständiger Vertretung“ und Gaffelhaus erfolgreiche Kölschkneipen außerhalb Kölns. Und das „Eigelstein“ im eigentlich Altbier trinkenden Düsseldorf boomt ebenfalls.
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Allerdings: Im Handel, wo Kölsch mit 50 Prozent Marktanteil weit weniger stark ist als in der Gastronomie, erobert sich helles Bier seinen Platz. Inzwischen hat selbst Aldi Süd Dosenbier mit „Bayrisch Hell“ im Kölner Sortiment.