Die Kosten für Strom, Gas und Rohstoffe verschlingen den Gewinn von Bäckereien. Guido Boveleth hat Einblick in den Kostenapparat gewährt.
Bedburger Meister rechnet vorBäcker verdient trotz höherer Preise nur noch die Hälfte
Brötchen backen ist eine aufwendige Angelegenheit. Mindestens 18 Stunden dauert der Prozess. Zunächst wird der Teig bei 25 Grad geknetet. Anschließend wird er für sechs bis sieben Stunden bei minus zehn Grad im Reiferaum gelagert, dann bei vier Grad für weitere sechs bis sieben Stunden. Im Anschluss folgen fünf Stunden Gärphase bei 22 Grad. Zuletzt wird die Temperatur für die Lagerphase auf sechs Grad abgesenkt, bis die Brötchen gebacken werden. Jede der 18 Stunden erfüllt eine Funktion. Jede verbraucht ziemlich viel Energie. Und zeigt damit eindrucksvoll, wieso Guido Boveleth, Obermeister der Bäckerinnung Rhein-Erft, ein Problem hat.
„Wir bezahlen in unserem kleinen Handwerksbetrieb aktuell monatlich 3700 Euro mehr für Energie als letztes Jahr“, sagt Boveleth, der zwei Bäckereien in Bedburg besitzt. „Laut Steuerberater hatten wir nach Mai 2023 schon mehr für Energie bezahlt als im gesamten Jahr 2022.“ Fielen im vergangenen Jahr noch 0,03 Euro brutto je Kilowattstunde für Gas an, sind es nun 0,115 Euro. Auch der Strompreis stieg spürbar von 0,21 Euro auf 0,48 Euro die Kilowattstunde. „Wir haben Gott sei Dank in einen energieeffizienten Backofen und eine Photovoltaik-Anlage investiert. Dennoch ist die Energie untragbar.“
Gewinn wird sich 2023 wohl halbieren
Angesichts der hohen Inflation wird derzeit so viel über Lebensmittelpreise gesprochen und gestritten wie selten zuvor. Die Verbraucherzentrale beklagt undurchsichtige Preissteigerungen in Supermärkten, die Händler beklagen dagegen Mitnahmeeffekte der Hersteller. Doch gerade für kleine Betriebe, und speziell energieintensive, wie Bäckereien es sind, ist die wirtschaftliche Lage derzeit eine große Herausforderung.
Auch Guido Boveleth hat die Preise in seinen beiden Bäckereien im vergangenen Jahr in drei Etappen um insgesamt etwa 15 Prozent erhöht. Ein Brötchen kostet in der Handwerksbäckerei heute beispielsweise 45 Cent statt wie zuvor 38. „Aber wir haben dennoch nicht mehr in der Kasse“, sagt er. Ganz im Gegenteil: Boveleth rechnet damit, dass sich sein Gewinn 2023 halbieren wird.
Nicht nur die Energiekosten, auch viele weitere Kostenpunkte haben sich zuletzt stark erhöht. Da wären zum Beispiel die Rohstoffe. Belief sich der Wareneingang einst auf monatlich 20.000 Euro, sind es nun 26.000 Euro – „obwohl wir Umsatzeinbußen zu verzeichnen haben, das heißt weniger einkaufen“.
Preise für Rohstoffe sind stark gestiegen
Kaufte Boveleth Brötchenmehl Anfang 2022 noch für 34 Cent das Kilo, sind es heute 59 Cent. Der Zuckerpreis stieg von 54 Cent pro Kilo gar um rund 100 Prozent auf 1,10 Euro. Auch Eier (von 20,90 Euro auf 36,50 Euro je zehn Liter) und Hefe (von 1,54 Euro auf 2,18 Euro) haben sich spürbar verteuert. Und weil die Großhändler, bei denen die Bäckereien einkaufen, langfristige Lieferverträge abschließen, machen sich auch kurzfristig sinkende Preise am Markt erst mit Verzögerung bemerkbar. Dazu kommen gestiegene Lohnkosten, „mit Inflationsausgleich muss ich da von über 20 Prozent sprechen“, sagt Boveleth. In der Produktion beschäftige er nun zwei Bäckergesellen weniger. Anders wäre das finanziell nicht zu stemmen.
Denn seit sich die Preise erhöht haben, bleiben auch Kunden weg. Einige sind nicht bereit, die höheren Preise zu zahlen, andere können es schlicht nicht mehr. Die meisten Verbraucherinnen und Verbraucher kaufen heutzutage bewusster ein: Das muss – das kann.
Boveleth öffnet die Bäckerei nun an einem Tag die Woche weniger, um Energie und Löhne zu sparen. Montags bleiben die Türen geschlossen. Der Dienstag ist seitdem umsatzstärker, doch auch hier fällt Umsatz weg. „Ich arbeite im Moment für das halbe Geld“, sagt der Bäckermeister. „Das ist nicht schön. Aber ich muss das durchhalten, weil ich erst mit 63 schuldenfrei bin.“ Er hofft, dass die Energiepreise wieder sinken werden, spürbar. „Die sind finanziell das ganz große Problem.“