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„Schallmauer durchbrochen“Diese Stadt bei Köln hat die höchste Grundsteuer in NRW

Lesezeit 4 Minuten
Luftbild von Niederkassel.

Luftbild von Niederkassel: Hier wird es für Immobilieneigentümer besonders teuer.

Fast jede zweite Gemeinde in NRW hat die Grundsteuer in diesem Jahr erhöht. Das sind die teuersten und die günstigsten Gemeinden.

Wer eine Immobilie besitzt, muss laut dem Bund der Steuerzahler (BdSt) mit höheren Grundsteuern rechnen. Die Finanzexperten haben die Hebesätze in den 396 Kommunen des Landes ausgewertet und kommen zu einem eindeutigen Schluss: „In diesem Jahr hat bereits fast jede zweite Gemeinde in Nordrhein-Westfalen ihren Hebesatz für die Grundsteuer B erhöht“, sagte der stellvertretende Landesvorsitzende, Eberhard Kanski, in Düsseldorf. Der Hebesatz ist ein entscheidender Faktor bei der Ermittlung der Steuer. Die Grundsteuer B wird auf bebaute und bebaubare Grundstücke erhoben. Bezahlen müssen zwar die Eigentümer, sie können die Steuerbelastung allerdings über die Nebenkosten auf die Mieter umlegen.

Neue Dimension im „Hochsteuerland“

Ab dem 1. Januar 2025 wird die Grundsteuer reformiert und nach einer neuen Methode berechnet. Allein in NRW müssen dafür rund 6,5 Millionen Grundstücke neu bewertet werden. Der Bund der Steuerzahler befürchtet dadurch weitere Verteuerungen und Schieflagen. Schon jetzt hätten die Erhöhungen eine seit Jahrzehnten ungekannte Dimension erreicht. Sowohl als „Wohnsteuer“ als auch als Standortfaktor für die Unternehmen erfordere diese Größenordnung dringend staatliches Gegenlenken. „Die Zunahme lässt alle Dämme brechen“, sagte Kanski. „Wir sind wieder bei einer neuen Episode aus der Geschichte: Hochsteuerland Nordrhein-Westfalen.“ Hier würden im Durchschnitt die bundesweit höchsten Grundsteuer-B-Sätze erhoben.

Kanski hat auch einen weiteren Negativrekord zu verkünden: Zum ersten Mal in der Landesgeschichte Nordrhein-Westfalens hat eine Kommune einen Hebesatz von mehr als 1000 Punkten erreicht: Niederkassel kommt auf 1100 Punkte. „1000 war immer so eine Schallgrenze und die ist in Niederkassel überschritten worden“, sagte Kanski.

1000 war immer so eine Schallgrenze und die ist in Niederkassel überschritten worden
Eberhard Kanski, stellvertretender Landesvorsitzende des Steuerzahlerbundes

Angesichts jahrelanger Unterfinanzierung bleibe den Kommunen nichts anderes übrig, als an der Steuerschraube zu drehen, erklärte der Städte- und Gemeindebund NRW. Schließlich seien die gesetzlich dazu verpflichtet, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. „Wenn dann die Kosten durch die Decke gehen und die Politik den Kommunen zusätzliche Aufgaben vor die Tür legt, stellt das die Kämmerer und Ratsleute vor eigentlich unzumutbare Entscheidungen: Entweder sie kappen freiwillige Leistungen oder sie müssen die Steuern erhöhen“, argumentierte Hauptgeschäftsführer Christof Sommer. „Nicht eine Kommune macht das freiwillig oder weil sie goldene Wasserhähne finanzieren will, sondern nur, weil sie dazu gezwungen wird.“

Üppige Hebesätze bei Grundsteuer in vielen Regionen

Die höchsten Hebesätze für die Grundsteuer B haben laut Auswertung des Steuerzahlerbundes derzeit Niederkassel (1100) und Alfter (995) – beide im Rhein-Sieg-Kreis sowie Xanten im Kreis Wesel (995). Ebenfalls sehr hohe Hebesätze haben etwa die Kreise Düren, Recklinghausen und Unna sowie etlichen Ruhrgebietsstädten wie Gladbeck, Mülheim, Duisburg oder Herne.

Am günstigen Ende der Skala liegen hingegen Verl (170) und Schloss Holte-Stukenbrock (280) im Kreis Gütersloh sowie das für niedrige Steuersätze berühmte Monheim am Rhein (282). Auch in den Kreisen Gütersloh, Mettmann und Borken sowie in Düsseldorf sind die Hebesätze vergleichsweise niedrig.

Im rheinischen Eschweiler sind die Hebesätze mit 72 Prozent besonders stark gestiegen. Auch Niederkassel hat mit plus 59 Prozent kräftig erhöht. Wipperfürth (860 Punkte) und Lindlar (903) im Oberbergischen Kreis packten 37 beziehungsweise 36 Prozent drauf, in Leichlingen (750) im Rheinisch-Bergischen Kreis ging es um 36 Prozent nach oben. Viele weitere Kommunen in der Region haben Steuererhöhungen in ähnlichem Ausmaß vorgenommen.

NRW-Landtag will Wohneigentümer nicht übermäßig belasten

In NRW hat der Landtag den Kommunen die Option eröffnet, künftig statt eines einheitlichen Hebesatzes unterschiedliche Sätze für Wohn- und Geschäftsimmobilien festzulegen. So sollen Eigentümer von Wohnimmobilien nicht übermäßig belastet werden. Der Wert von Wohngrundstücken ist in den vergangenen Jahrzehnten vielerorts im Vergleich zu Gewerbegrundstücken deutlich gestiegen. Insgesamt soll die Grundsteuer-Reform für die Kommunen „aufkommensneutral“ sein. Das heißt, trotz der veränderten Bemessungsgrundlage sollen ihre Einnahmen insgesamt gleich bleiben. Um das zu gewährleisten, hat das Düsseldorfer Finanzministerium bereits eine Modell-Tabelle veröffentlicht, an der sich die Kommunen orientieren können.

Laut dieser Modell-Tabelle müsste manche Kommune den Grundsteuersatz anheben, in anderen Fällen müsste er gesenkt werden, damit die Städte und Gemeinden so viel einnehmen wie vor der Reform. Letzteres trifft auf Niederkassel zu: Entscheidet sich die Stadt für den aufkommensneutralen Hebesatz, müsste die Stadt ihn senken, und zwar um 8,6 Prozent auf 1005 Punkte. Für Köln schlägt das Finanzministerium eine Senkung von 515 auf 461 vor, Leverkusen wiederum sollte, will die Stadt die Einnahmen stabil halten, den Hebesatz von 750 auf 959 Punkte anheben.

Eigentümer zahlen mehr, wenn ihre Immobilie an Wert zugelegt hat

Aufgrund der zahlreichen Erhöhungen im laufenden Jahr – in 177 von 396 Kommunen – seien die Mustersätze des Finanzministeriums in einigen Fällen allerdings schon wieder veraltet, stellte der BdSt fest. Der Städte- und Gemeindebund kritisiert, das Versprechen der Aufkommensneutralität habe von Beginn an falsche Erwartungen geweckt. Viele Eigentümer hätten das so verstanden, dass sie nach der Reform nicht mehr Steuern zahlen müssten als vorher. „Ob sich für den einzelnen Steuerzahler etwas ändert, hängt aber davon ab, ob die eigene Immobilie an Wert zugelegt hat“, stellte Sommer klar.

Wenn es nach den kommunalen Haushaltsberatungen vor Ort zu höheren Hebesätzen komme als die vom Finanzministerium genannten, sollten die Bürger aktiv werden – etwa durch Einwendungen an den Stadtrat, empfiehlt der Steuerzahlerbund. Um die Steuerspirale zu stoppen, müssten die Kommunen stärker an den Landessteuereinnahmen beteiligt werden. Derzeit seien sie es nur zu 23 Prozent. (mit dpa)