Der Chemiekonzern setzt 3,5 Milliarden Euro um – sechs Prozent weniger als im Vorjahr. Wie gesunkene Preise kompensiert werden, erklärt Covestro-Chef Steilemann im Gespräch.
Chef im InterviewCovestro setzt auf Wachstum im zweiten Halbjahr
Niedrigere Verkaufspreise haben dem Leverkusener Kunststoffkonzern Covestro im ersten Quartal einen Ergebnisrückgang eingebrockt. Der operative Gewinn (Ebitda) sank um 4,5 Prozent auf 273 Millionen Euro, wie das Leverkusener Unternehmen am Dienstag mitteilte. Damit schlug sich Covestro aber besser als von Analysten erwartet, die im Schnitt 237 Millionen Euro prognostiziert hatten.
Der Gewinn „liege am oberen Ende unserer Prognose“, sagte Covestro-Chef Markus Steilemann am Dienstag im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Für das zweite Quartal erwarten wir 270 bis 370 Millionen Euro, und damit ein deutliches Wachstum. Unser Ziel ist es, die Margen im zweiten Halbjahr auszuweiten. Erst muss das Volumen wachsen, dann kommen auch die Margen – das hat sich in der Vergangenheit immer wieder so gezeigt“, so der Chef des Dax-Konzerns weiter.
Weiterhin leidet die Chemiebranche in Deutschland unter den hohen Energiekosten. Statements des grünen Bundeswirtschaftsministers zu gesunkenen Preisen weist Steilemann von sich. „Wenn Robert Habeck vorrechnet, dass die Energiepreise wieder auf Vorkrisenniveau sind, dann rechnet er vielleicht bis 2020 zurück“, sagte Steilemann. Wenn man aber die Preise in den Jahren 2015 bis 2018 sehe, dann wären sie damals 1,5 bis zweimal niedriger gewesen. „Wir haben das Vorkrisenniveau bei den Energiepreisen keineswegs erreicht, was auch an den gestiegenen Netzentgelten liegt“, kritisiert Steilemann.
Verglichen mit anderen Betrieben der Industrie, etwa Thyssen-Krupp, herrscht bei Covestro aktuell relative Jobsicherheit. „Es wird keine neuen Sparprogramme geben, wir werden die bestehenden weiterführen“, so der Vorstandsvorsitzende. Man dürfe aber die Kosten nicht aus den Augen verlieren. „Wir planen aktuell keine Stellenreduktion. Wir haben erst im vergangenen Jahr weltweit 500 Stellen weitgehend geräuschlos abgebaut. Ich setze lieber auf einen strukturellen Wandel als auf Hauruckaktionen beim Personal“, sagte Steilemann weiter.
In einem neuen Verfahren will Covestro die Chemikalie Anilin erstmals komplett auf Basis pflanzlicher Biomasse statt Erdöl produzieren. Dazu hat der Kunststoffhersteller im Februar am Standort Leverkusen eine spezielle Pilotanlage in Betrieb genommen.
„Die Anlage ist bis jetzt ein voller Erfolg, es ist aber immer noch eine Pilotanlage. Wir produzieren wenige Hundert Kilogramm. Frühestens Mitte der 2030er Jahre rechne ich mit einer wirtschaftlichen industriellen Produktion von Bio-Anilin“ sagt Steilemann. Das mache dann die Produktion von Hartschäumen unabhängig vom mineralischen Öl.
Covestro im Dax eher ein Leichtgewicht
Unter den Konzernen im deutschen Leitindex Dax gehört Covestro eher zu den Leichtgewichten. Covestro steht in der Bildung des Dax der Frankfurter Börse auf Platz 38. Mit einem Börsenwert von rund neun Milliarden Euro wird der Konzern mit 0,50 Prozent Gewichtung in der Indexbildung berücksichtigt. Zum Vergleich: Den höchsten Börsenwert im Dax hat aktuell der Software-Konzern SAP mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 200 Milliarden Euro.
„Wir sind, was die Marktkapitalisierung angeht, stets im unteren Drittel des Dax. Dennoch habe ich keine Sorge, bei der nächsten Überprüfung aus diesem Börsensegment abzusteigen. Wir sind extrem gut aufgestellt“, so Steilemann.
Covestro zählt nach eigenen Angaben zu den weltweit führenden Herstellern von hochwertigen Kunststoffen und deren Komponenten. Per Ende 2023 produziert das Unternehmen an 48 Standorten weltweit und beschäftigt rund 17.500 Mitarbeitende (umgerechnet auf Vollzeitstellen).