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Der Druck steigtModehandel leidet unter sparsamen Kunden und hohen Kosten

Lesezeit 4 Minuten
Die stark besuchte Hohe Straße in der Innenstadt von Köln ist eine der meistfrequentierten Einkaufstraßen in Europa.

Die Hohe Straße ist immer gut besucht – doch die Menschen sparen aktuell vor allem bei Kleidung. (Archivbild)

Jeder Zweite hat laut einer Umfrage bei Kleidung gespart. Das merkt der Modehandel deutlich: Die Umsätze stagnieren, die Kosten steigen. Unterm Strich wird es für einige eng.

Sparsame Kunden, steigende Kosten, Insolvenzen und wachsende Konkurrenz aus Asien: Die Modehändler in Deutschland schauen mit Sorge in die Zukunft. Die Branche sei unzufrieden, sagte Mark Rauschen, Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Textil-, Schuh- und Lederwareneinzelhandels (BTE). Wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage sei damit zu rechnen, dass in diesem Jahr noch mehr Händler unter Druck gerieten.

Probleme bereiten der Branche die deutlich zunehmenden Kosten. Laut BTE zahlen die Firmen etwa 20 Prozent mehr für Energie, Miete und Gehälter als noch 2019. Infolgedessen gerieten im vergangenen Jahr bekannte Unternehmen in Not: Galeria, die KaDeWe-Gruppe, Esprit, Scotch & Soda, Depot – das sind nur einige große Namen, die 2024 zahlungsunfähig wurden oder waren. Die Zahl der Einzelhandelsgeschäfte ist seit 2015 nach Angaben des Handelsverbands HDE von 372.000 auf 306.000 gesunken. Für 2024 rechnete der Verband mit rund 5000 Schließungen. Für 2025 gibt es noch keine Schätzung.

Galeria schreibt wieder schwarze Zahlen

Viele der Pleiten trafen auch Köln: Allen voran Galeria, die sich zwar erneut aus der Insolvenz gerettet und in Köln wider Erwarten alle Standorte halten konnten. Vor Kurzem teilte der neue Miteigentümer Bernd Beetz mit, dass alle 83 Filialen bundesweit wieder Gewinne erwirtschaften. Im aktuellen Geschäftsjahr, das seit Oktober läuft, wären alle Standorte jeden Monat profitabel gewesen. Auch der Umsatz werde wohl mit 2,5 Milliarden Euro am Ende des Geschäftsjahres deutlich höher ausfallen als im Vorjahr.

Nicht nur die Warenhäuser haben es aktuell schwer, auch einige bekannte Modeketten verschwinden aus den Einkaufsstraßen. Ende August 2024 hatte sich die niederländische Modemarke Scotch&Soda aus dem deutschen Markt verabschiedet, neben dem Store an der Kölner Schildergasse gab es Läden in Bochum, Bonn, Dortmund, Düsseldorf, Münster, Oberhausen und Ochtrup. Auch Esprit schloss alle eigenen Geschäfte, darunter auch die Kölner Läden an der Ehrenstraße und im Rhein-Center in Weiden.

Viele Firmen rechnen 2025 mit Umsatzminus

Den Händlern macht es zu schaffen, dass die Kunden weiterhin zurückhaltend konsumieren. Wie aus einer repräsentativen Umfrage des Preisvergleichsportals Idealo hervorgeht, war das bei Bekleidung besonders ausgeprägt. Jeder Zweite hat hier gespart.

Stationäre Bekleidungsgeschäfte, Warenhäuser, Lebensmitteldiscounter und Onlinehändler verzeichneten 2024 mit Textilien hierzulande laut BTE einen Umsatz von 67,5 Milliarden Euro. Das war trotz leicht gestiegener Preise lediglich so viel wie im Vorjahr. Laut einer Verbandsumfrage unter 150 Firmen erwartet nur ein Drittel der Händler in diesem Jahr ein nennenswertes Umsatz-Plus, drei von zehn befürchten einen Rückgang von einem Prozent oder mehr.

Asiatische Anbieter steigerten Marktanteil

BTE-Präsident Rauschen kritisiert die hohe bürokratische Belastung der Unternehmen. „Wir haben mehr zu tun mit Bürokratie als mit Kunden und Lieferanten. Wenn man mehr Zeit im Büro ist als im Geschäft, dann läuft irgendwas falsch“, sagte er in der Pressekonferenz. Die Vorgaben seien untragbar, wenn gleichzeitig „Billigware“ über Plattformen wie Shein und Temu unkontrolliert importiert werde. „Unsere Verbraucher sind gewöhnt, vernünftige und gute Produkte präsentiert zu bekommen, die kontrolliert werden. Jetzt kommen unregulierte Produkte, die häufig schlechter sind in puncto Warensicherheit und Chemikalienverordnung“, sagte Rauschen.

Laut Verbraucherschutzverbänden häufen sich Kundenbeschwerden wegen mangelnder Qualität der Artikel oder irreführender Rücksendeangaben. Kritisiert werden auch Produkte, die nicht EU-Standards entsprechen und etwa Schadstoffe enthalten. Nach Angaben der EU-Kommission zeigen Tests von Verbraucherorganisationen, dass mehr als 90 Prozent der auf Shein und Temu verkauften und getesteten Produkte nicht EU-rechtskonform sind.

BTE begrüßt strengere Kontrollen von Temu und Shein

Rauschen begrüßt die EU-Pläne, diese künftig stärker zu prüfen. „Dadurch, dass weder Zoll noch Steuern noch gute Governance in der Preisfindung stattfindet, haben die chinesischen Anbieter einen Preisvorteil. Wenn man die Wahl hat, ein Teil für hundert Euro zu kaufen oder für einen Bruchteil dessen, drängt sich die Entscheidung förmlich auf. Es gibt aber nicht die gleichen Rahmenbedingungen. Deswegen freue ich mich über die Initiative.“

Die EU-Kommission hatte am Mittwoch Pläne für verschärfte Kontrollen vorgestellt, die für sicheren Onlinehandel sorgen sollen. Neu ist dabei die Idee, eine Bearbeitungsgebühr für Päckchen von Shein, Temu und Co. einzuführen. Auf EU-Ebene laufen bereits Verhandlungen über eine Reform der gemeinsamen Zollregeln. In diesem Zusammenhang könnte auch die vorgeschlagene Gebühr für Päckchen eingeführt werden. Die Kommission hatte zudem vorgeschlagen, Zölle auf Sendungen aus Drittstaaten mit geringem Wert wieder einzuführen. Bislang sind Pakete im Wert von weniger als 150 Euro zollfrei. Würden die Pläne umgesetzt, dürften Billigprodukte teurer werden. (mit dpa)