Beschäftigte haben laut Beispielrechnungen deutlich mehr Geld zur Verfügung als Bürgergeldbezieher. Diese Vergleiche geben Aufschluss, müssen aber mit Vorsicht betrachtet werden.
Differenz zum MindestlohnBürgergeld-Beispielrechnungen und ihre Tücken
In der Regel haben Beschäftigte, die für den Mindestlohn arbeiten, mehr Geld zur Verfügung als Bürgergeldbezieher. Wie groß die Differenz ist, hängt allerdings davon ab, ob der Arbeitnehmer auch alle Zusatzleistungen in Anspruch nimmt, die ihm zustehen.
Auch die Mietkosten, die die Jobcenter bei Bürgergeldempfängern übernehmen, variieren je nach städtischem Mietspiegel. So hat ein Arbeitnehmer, der 38 Stunden die Woche für den Mindestlohn von zwölf Euro arbeitet, ein Nettogehalt von 1.527 Euro. Das geht aus Berechnungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) für das Jahr 2023 hervor.
Tendenziell haben Arbeitnehmer 670 Euro mehr als Arbeitslose
Diese Person hat Anrecht auf Wohngeld und würde einen Zuschuss von 56 Euro erhalten. Das verfügbare Einkommen liegt bei 1.583 Euro. Ein Bürgergeldempfänger erhält den Regelsatz von 502 Euro pro Monat, zudem übernimmt das Jobcenter die Wohnungskosten für etwa 411 Euro. Das verfügbare Einkommen des Beziehers von Arbeitslosengeld II liegt bei 913 Euro. Unter dem Strich hat ein Arbeitnehmer 670 Euro mehr im Monat.
Ein vierköpfiger Haushalt (Zwei Elternteile und zwei Kinder), in dem ein Erwachsener 38 Stunden für den Mindestlohn arbeitet, bekommt ein Nettogehalt von 1.578 Euro ausgezahlt. Das Kindergeld beträgt monatlich 500 Euro. Der Kinderzuschlag liegt ebenfalls bei 500 Euro. Der Familie würde Wohngeld von 628 Euro zustehen. Der Haushalt hat ein verfügbares Einkommen von 3.206 Euro. Die gleiche Familie im Bürgergeldbezug hätte insgesamt 2.368 Euro zur Verfügung. Der Regelsatz für den Haushalt liegt bei 1.598 Euro, und das Jobcenter würde die Warmmiete von etwa 770 Euro übernehmen.
DGB: Situationen von Einzelnen komplexer als Berechnungen
Die DGB-Berechnungen beinhalten Anpassungen beim Wohngeld, Steuern, Kindergeld und -zuschlag. Solche Rechenbeispiele geben Aufschluss über das ungefähre Verhältnis zwischen Bürgergeld und Mindestlohn. Die Situation jedes Einzelnen ist aber hochkomplex: Nettoberechnungen des Lohns können sich unterscheiden, und insbesondere bei den Zusatzleistungen kann es zu Unterschieden kommen.
Die Ampelkoalition will das Wohngeld reformieren, damit künftig insgesamt zwei Millionen Menschen wohngeldberechtigt sind. Doch die Wartezeiten in den zuständigen Wohnämtern betragen schon jetzt mitunter mehrere Monate. Die Betroffenen müssen Wohngeld und Kinderzuschlag auch beantragen, damit ihr verfügbares Einkommen deutlich über dem Bürgergeldsatz liegt.
Ampelkoalition will Wohngeld reformieren
Ein Knackpunkt sind die Energiekosten: Die Jobcenter übernehmen die Heizkosten von Bürgergeld-Beziehern wie im Hartz-IV-System in „angemessener Höhe“. Eine Pauschale für die Stromkosten ist im Regelsatz enthalten - diese reicht aber oftmals nicht aus. Beschäftigte hingegen zahlen die stark gestiegenen Energiekosten komplett selber, profitieren bald aber von der Strom- und Gaspreisbremse. Bevor sie nächstes Jahr in Kraft tritt, übernimmt der Staat den Gasabschlag im Dezember.
Eine gewisse Preissteigerung müssen Arbeitnehmer dennoch tragen. Dass es vereinzelte Konstellationen gibt, in denen ein arbeitender Haushalt weniger Geld als ein Haushalt im Bürgergeldbezug hat, ist also möglich aber unwahrscheinlich - vor allem, wenn Zusatzleistungen beantragt werden.