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In StellenanzeigenAlter, Geschlecht – wann werden Bewerber diskriminiert?

Lesezeit 5 Minuten

Homosexuelle Bewerber – ja. „Tunten“ – nein: Wer an Stellenbewerber solche Bedingungen knüpft, setzt sich dem Vorwurf der Diskriminierung aus.

Immer wieder sorgten in den letzten Wochen Diskriminierungsfälle in Stellenanzeigen oder bei Bewerbungsgesprächen für Schlagzeilen. Im Netz macht unter anderem eine Stellenanzeige des Schweizer Schwulenmagazins „Display“ die Runde. Das Magazin berichtete in seiner November-Ausgabe über Ausgrenzung in der Schwulenzene – und druckte selbst eine diskriminierende Stellenanzeige ab:

Nach mehrfachen Beschwerden auf seiner Facebookseite reagierte das Magazin mit einer Stellungnahme: „Die Display-Redaktion distanziert sich von diesem abwertenden Begriff, der in einer Last-Minute-Anzeige auftaucht. Er entspricht in keiner Art und Weise unseren Vorstellungen von der Art, in der in der Community übereinander geredet werden sollte.“ Aber es gibt auch noch andere aktuelle Fälle...

„Deutsch als Muttersprache“ in Stellenanzeige ist diskriminierend

Fragen Arbeitgeber in Stellenanzeigen nach „Deutsch als Muttersprache“ ist das unter Umständen eine unzulässige Diskriminierung. Bewerber können deshalb aufgrund eines Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eine Entschädigung einklagen.

In dem verhandelten Fall vor dem Landesarbeitsgericht Hessen hatte ein Bewerber geklagt, dessen Muttersprache Russisch ist. Gesucht wurde eine Bürohilfe, die einem Redakteur hilft, ein Buch zu verfassen. Die Stelle war auf zwei Monate befristet. Der Kläger bewarb sich, jedoch ohne Erfolg. Anschließend klagte er. Er fühlte sich wegen seiner Herkunft diskriminiert.

Wann Sie sich nicht bewerben sollten, verrät die Fotostrecke:

Mit Erfolg. Der Kläger sei trotz seiner sehr guten Deutschkenntnisse schlechter behandelt worden als andere Jobsuchende, weil er kein Muttersprachler ist. Das Kriterium Muttersprache ziele allein auf die Herkunft ab, aber nicht auf die Sprachkenntnisse des Einzelnen. Ausnahmsweise sei die Anforderung Muttersprachler zulässig, wenn die konkrete Position es erfordert. Das könne bei Dolmetschern oder Übersetzern der Fall sein, nicht aber bei der hier zu besetzenden Stelle.

Das Gericht sprach dem Bewerber eine Entschädigung in Höhe von zwei Monatsgehältern zu (Az.: 16 Sa 1619/14). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, der Arbeitgeber hat Revision eingelegt.

Diskriminiert aufgrund des Geschlechts oder Gewichts? Mehr dazu lesen Sie auf der nächsten Seite.

Diskriminiert aufgrund des Geschlechts

Die Berliner „tageszeitung“ (taz) musste einem Mann wegen Diskriminierung drei Monatsgehälter Entschädigung zahlen. Das Blatt hatte ein Volontariat ausdrücklich für eine Frau mit Migrationshintergrund ausgeschrieben. Die Bewerbung von Männern wurde von vornherein ausgeschlossen.

Ein gebürtiger Ukrainer, der sich auf die Stelle beworben hatte, wurde von der taz abgelehnt. Der Mann klagte gegen die Ablehnung. Das Arbeitsgericht Berlin sah in der Stellenausschreibung eine Diskriminierung von Männern und einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. (Az.: 42 Ca 1530/14).

Die „tageszeitung“ hatte den Ausschluss von Männern damit begründet, dass der Anteil von Frauen in Führungspositionen im Journalismus erhöht werden müsse. Mit der Formulierung der Anzeige habe die taz eine „deutliche Haltung“ zeigen wollen, sagte der taz-Justiziar vor Gericht.

Das Arbeitsgericht Berlin verwarf diese Argumentation. Es sei nicht statthaft, die Bewerbung von Männern ausnahmslos auszuschließen. Auch sei eine solche Maßnahme nicht geeignet, den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen, da es lediglich um die Besetzung einer Volontariatsstelle gehe. Gegen das Urteil kann Berufung eingelegt werden.

Diskriminiert aufgrund des Gewichts

Eine erfolglose Jobanwärterin klagte vor dem Arbeitsgericht Darmstadt, weil sie angeblich wegen ihrer Leibesfülle abgelehnt wurde. Die 42-Jährige verlangt laut ihrem Anwalt eine Entschädigung von 30.000 Euro. Ihre Ablehnung verstoße gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.

Die Frau habe sich im Sommer 2013 um die Stelle beworben, teilte der Anwalt mit. Ihr potenzieller Arbeitgeber habe ihr nach einem Vorstellungsgespräch gesagt, sie werde wegen ihrer Körperfülle nicht genommen – sie sei zu dick. Nach eigener Aussage wiegt die Frau 83 Kilo bei einer Größe von 1,70 Metern und Kleidergröße 42.

Doch die 42-Jährige scheiterte mit ihrer Klage: Das Gericht sah keinen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz. „Die Ablehnung war kein entschädigungspflichtiger Eingriff“, sagte die Richterin.

Diskriminiert aufgrund des Alters? Mehr dazu lesen Sie auf der nächsten Seite.

Altersdiskriminierung

Ältere Jobsuchende müssen es nicht hinnehmen, wenn sie nur aufgrund ihres Alters nicht einstellt werden. Hat ein jüngerer Bewerber jedoch speziellere Praxiserfahrung als der ältere, ist eine Absage zulässig. So urteilte das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Az.: 3 Sa 401/13). In dem Fall hatte sich ein 50-Jähriger auf eine Stelle als Servicetechniker beworben. Er hatte die notwendigen Kenntnisse, seine Praxiserfahrung lag aber mehrere Jahre zurück.

Zusätzlich schickte der Mann eine Testbewerbung. Für sie erfand er eine 18 Jahre jüngere Person. Dafür entwarf er einen in Teilen ähnlichen Lebenslauf, nutzte Briefkopfbögen von Schulen und Firmen und erstellte Zeugnisse. Dann versah er diese Bewerbung mit einem alten Foto von ihm. Die Praxiserfahrungen der Testperson waren allerdings aktueller und spezieller als seine eigenen.

In der Fotostrecke: Wie gehen Bewerber mit heiklen Fragen um?

Das Unternehmen lud den fiktiven Bewerber umgehend zum Vorstellungsgespräch ein. Dem echten Jobsuchenden schickte es eine Absage. Nun klagte der Mann auf Entschädigung. Er forderte 10.500 Euro wegen Altersdiskriminierung – ohne Erfolg. In zweiter Instanz wies das Gericht die Klage ab.

Die Richter sahen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bewerber wegen seines Alters abgelehnt wurde. Der Arbeitgeber habe seine Entscheidung auf die aktuelleren Erfahrungen des fiktiven Bewerbers gestützt. Deshalb könne auch offen bleiben, ob das inszenierte Testverfahren zulässig war. Generell müssen Bewerber dabei die Strafgesetze beachten.

Suche nach „dynamischem Team“ ist rechtens

Firmen dürfen in einer Stellenanzeige die Formulierung „dynamisches Team“ verwenden. Das ist keine Altersdiskriminierung. Von einer Benachteiligung älterer Bewerber ist erst auszugehen, wenn etwa von einem „jungen dynamischen Team“ die Rede ist. So urteilte das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Az.: 2 Sa 217/12).

In dem verhandelten Fall hatte sich eine 1961 geborene Frau bei einer Firma als Softwareprogrammiererin beworben. Als sie eine Absage bekam, verklagte sie das Unternehmen auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 18.000 Euro. Sie sah in der Stellenausschreibung einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG). Sie argumentierte, Ältere würden durch die Formulierung ausgeschlossen – und sie hätte den Job allein aufgrund ihres Alters nicht bekommen.

Die Klage blieb ohne Erfolg. Nach Ansicht der Richter drückt der Begriff „dynamisch“ lediglich aus, dass die Firma nach beweglichen und aktiven Mitarbeitern sucht. Eine Altersdiskriminierung liege erst vor, wenn das Stellengesuch zusätzliche Formulierungen enthält – etwa das Wort „jung“ oder eine Altersobergrenze für Bewerber. (gs/dpa)