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ArzneienPharmabranche erwartet Wachstum: Vorzieheffekt im Zollstreit

Lesezeit 3 Minuten
Die deutsche Pharmaindustrie erwartet Wachstum, warnt aber vor US-Zöllen (Archivfoto).

Die deutsche Pharmaindustrie erwartet Wachstum, warnt aber vor US-Zöllen (Archivfoto).

Die Arzneihersteller erwarten mehr Umsatz und mehr Jobs hierzulande. Drohende Zölle von Donald Trump könnten die Branche hart treffen - zugleich profitiert sie kurzfristig von dem Schreckensszenario.

Während die deutsche Wirtschaft in der Krise steckt, erwartet die Pharmaindustrie deutlich mehr Umsatz und Arbeitsplätze hierzulande. Dabei profitiert die Branche von einem anziehenden Exportgeschäft, einer Stabilisierung im Heimatmarkt und Vorzieheffekten wegen drohender US-Zölle, wie eine Prognose des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) zeigt. 

Insbesondere das wichtige Exportgeschäft sei zu Jahresbeginn in Schwung gekommen, auch wegen der von US-Präsident Donald Trump angedrohten Zölle auf Medizinprodukte, schreibt der VFA in dem Papier, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Unternehmen dürften ihre Lagerbestände in den USA aufgebaut haben, um sich im Fall von Zöllen abzusichern. Anzeichen dafür lieferten US-Handelsdaten.

Medienberichten zufolge haben Pharmakonzerne zuletzt so viele Medikamente wie möglich über den Atlantik fliegen lassen, um drohenden Zöllen zu entgehen. Frachtdienstleister wie Lufthansa Cargo und DHL berichteten von einem Anstieg der Nachfrage nach Pharma-Sendungen in die USA. 

In einem Gastbeitrag für die „Financial Times“ forderten die Chefs der Pharmakonzerne Novartis und Sanofi, Vas Narasimhan und Paul Hudson, die EU-Kommission müsse Arzneimittelpreise auf das deutlich höhere Niveau in den USA anheben, um Anreize für Innovationen zu schaffen. Sie warnten, Europa müsse „dringend handeln, sonst setzt ein Niedergang ein und der Wegzug von Unternehmen beschleunigt sich“.

Mehr Jobs in Deutschland

Der VFA sieht aber auch eine rege Nachfrage nach deutschen Medikamenten aus Europa und dem Rest der Welt. Er erwartet dieses Jahr ein Umsatzplus von 2,5 Prozent und ein Produktionswachstum von 2,9 Prozent. Die Beschäftigung in der Pharmabranche dürfte um 1.100 auf etwa 132.000 Menschen steigen. Die deutsche Wirtschaft insgesamt 2025 werde dagegen wohl stagnieren.

Mögliche US-Zölle auf Medizinprodukte sind in der Prognose nicht berücksichtigt. Kämen sie, erwartet VFA-Chefvolkswirt Claus Michelsen „kurzfristig deutliche Einschnitte bei den Unternehmen und mittelfristig erhebliche Herausforderungen für die Pharmabranche in Europa“. Zölle könnten dort, wo wegen bestehender Verträge keine Preiserhöhungen möglich seien, die Profitabilität der Arzneihersteller empfindlich treffen, so der Verband.

Von Trumps globalem Zollpaket sind Medikamente bisher ausgenommen. Kommen US-Zölle auf Medizinprodukte, würden sie zu „teils zu höheren Preisen für die amerikanische Bevölkerung führen“, meint der VFA. Die Nachfrage nach Arzneien der Amerikaner werde wohl wenig reagieren, denn komplexe und patentgeschützte Waren seien nicht ohne Weiteres austauschbar.

Sorgen um Gesundheitsversorgung

Für die deutsche Pharmabranche sind die USA ein unverzichtbarer Absatzmarkt. 2024 gingen dem Statistischen Bundesamt zufolge Waren im Wert von 27 Milliarden Euro in die USA - fast ein Viertel der deutschen Pharmaexporte. Besonders gefragt waren immunologische Erzeugnisse wie Antisera, Impfstoffe und Blut.

Drohende US-Zölle schüren zugleich Sorgen um die Gesundheitsversorgung hierzulande. Denn Deutschland hat 2024 Pharmazeutika für 12,1 Milliarden Euro aus den USA importiert, knapp 17 Prozent der Brancheneinfuhren, sowie gut 12 Prozent der Vorprodukte, darunter sterile Schläuche für die Arzneiproduktion. Bei einem Handelskrieg könnten sich Vorprodukte stark verteuern oder zeitweise ganz fehlen, warnte der VFA bereits vor Monaten. (dpa)