Durch Nullzinsen und InflationSo viel Geld verlieren NRW-Bürger jedes Jahr
- Weil der Leitzins bei 0,0 Prozent liegt, die Inflation aber 1,5 Prozent beträgt, wird das Sparguthaben der Bürger aufgefressen.
- Die Deka-Bank hat errechnet, wie hoch der Wertverlust für die Bürger tatsächlich ist.
- Mit einem dreistelligen Betrag liegt NRW im Vergleich der Bundesländer im Mittelfeld.
Köln – Auch die jüngste Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) konnte keine Hoffnung schüren, dass sich der Kurs der Notenbank in absehbarer Zeit ändert. Die EZB hält an ihrer ultralockeren Geldpolitik fest: Der Leitzins verbleibt auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Er bewegt sich nicht mehr und das seit geraumer Zeit. Dafür aber die Inflation, die derzeit bei rund 1,5 Prozent und damit höher als der Zins liegt. Faktisch bedeutet dies, dass die Sparer schleichend enteignet werden, denn der Kaufkraftverlust bei Nullzins zehrt die Spareinlagen auf. Nun hat die Deka-Bank, das Wertpapierhaus der Sparkassen, errechnet, wie hoch der Wertverlust für die Sparer in Nordrhein Westfalen ausfällt.
Laut Berechnungen der Deka-Volkswirte verlieren die Einlagen rund 6,8 Milliarden Euro an Kaufkraft pro Jahr. Auf den einzelnen NRW-Einwohner gerechnet sind das ganze 382 Euro. Bundesweit liegt der Wert bei insgesamt 33,5 Milliarden und bei 404 Euro pro Anleger.
„Mit dem EZB-Zinsentscheid sind die Aussichten auf Zinserträge für die Sparer in Deutschland in noch viel weitere Ferne gerückt“, sagt Holger Bahr, Leiter Volkswirtschaft der Deka-Bank. Die Zinsentscheidung war die letzte in der Amtszeit von EZB-Präsident Mario Draghi, der im Oktober sein Amt an seine Nachfolgerin Christine Lagarde abgeben wird.
Bei ihrer Berechnung hat die Deka sich auf die von der Bundesbank ausgewiesenen Geldvermögen gestützt. Betrachtet wurden Spareinlagen, Sparbriefe, Sichteinlagen, Termingelder sowie Bauspareinlagen.
Deutliches Süd-Nord-Gefälle
Blickt man auf die bundesweiten Auswirkungen der Nullzinspolitik, so ergibt sich ein deutliches Süd-Nord-Gefälle. NRW liegt dabei im unteren Mittelfeld. „Es ist ein großes Flächenland mit Gegenden, in denen die Vermögenssituation nicht so hoch ist“, sagt Deka-Volkswirt Bahr. Die höchsten Verluste müssen Sparer in Baden-Württemberg mit 491 Euro hinnehmen, gefolgt von Bayern mit 478 Euro. Schlusslichter sind Sachsen-Anhalt mit 290 Euro, Mecklenburg-Vorpommern mit 289 Euro und Berlin mit 270 Euro pro Jahr.
„Wir gehen davon aus, dass bis Mitte der 2020er Jahre keine signifikante Änderung des Zinsniveaus zu erwarten ist – auch wenn wir die Hoffnung noch nicht aufgegeben haben, dass es in der Amtszeit von Christine Lagarde doch noch Bewegung geben wird“, sagt Bahr im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Scheu vor dem Risiko
Die EZB will mit dem Zinsschritt der schwächelnden Konjunktur in Euroland neue Impulse verleihen. Dabei sei das Umfeld ist noch weit weg von einer Depression, so Bahr. Die Deka habe der Weltwirtschaft mehr Widerstandsfähigkeit zugetraut als die EZB dies offensichtlich tut. Dass die Inflation höher ist als das Zinsniveau, habe es aber bereits in den 70er Jahren im Zuge der Ölpreiskrisen gegeben, sagt Bahr.
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Auch aufgrund ihrer Scheu vor dem Risiko gehen die deutschen Sparer trotz des Zinsniveaus weiter in Tagesgeld, Sparbriefe oder Termineinlagen. „Das ist die am stärksten gestiegene Anlagekomponente der vergangenen Jahre. Ein bisschen mehr Offenheit für Alternativen in Deutschland wäre wünschenswert“, sagt Bahr. Blicke man auf den Aktienmarkt, so wurde dort etwa seit Gründung des Dax eine Rendite von rund acht Prozent pro Jahr erzielt. „In Deutschland gibt es noch viel Potenzial im Aufbau der Aktienkultur“, so der Volkswirt.