Energielabel-VorschlägeEnergielabel-Aufkleber sollen verständlicher werden
Frankfurt a.M. – Die EU-Kommission will dafür sorgen, dass die Kennzeichnung des Energieverbrauchs für Elektrogeräte einfacher und verständlicher wird. Die Vorschläge sollen am Mittwoch offiziell präsentiert werden. Aus den Reihen der der Industrie dürfte es Gegenwehr geben. Umwelt- und Verbraucherschützer begrüßen die Ideen der Kommission. Wir erläutern, warum dennoch zusätzliche Informationen notwendig wären, um den Stromverbrauch tatsächlich zu reduzieren.
Was ist das Energielabel?
Es geht um die Aufkleber auf Elektrogeräten, die den Verbrauchern beim Kauf helfen sollen, sparsame Produkte zu finden. Es geht um das, was in jeden Haushalt gehört. Von der Waschmaschine über den Backofen, den Fernseher bis zum Staubsauger. Für jeden Gerätetyp gibt es sieben Kategorien. Sie werden farblich dargestellt: Von einem Dunkelgrün - für die umweltfreundlichsten Produkte - über Hellgrün und Gelb nach Rot. Zudem wird die Effizienz mit einer Kennzeichnung in Buchstaben angezeigt. Das reicht von A bis G. In den vergangenen Jahren sind die Kategorien „A+“ bis „A+++“ hinzu gekommen.
Warum gibt es die Zusatzkategorien in der A-Klasse?
Diese weitere Differenzierung ist im Laufe der Zeit notwendig geworden, da es bei vielen Geräten in den vergangenen Jahren große technische Fortschritte gab. Zugleich wurden die Standards zur Einordnung aber nicht verändert. Das hat zur Folge, dass immer mehr Produkte die Anforderungen der höchsten A-Kategorie nicht nur erreichen, sondern auch merklich übertreffen. Um dies abbilden zu können, wurden die Plus-Kategorien eingeführt.
Wo liegt jetzt das Problem?
Auch diese Plus-Kategorien reichen nicht mehr. Die Klassifizierungen sind sogar vielfach irreführend. Das gilt besonders bei Waschmaschinen, Kühl- und Gefriergeräten sowie bei Geschirrspülern. Drei Viertel aller Waschmaschinen haben heute das Label „A+++“. Die Aussagekraft der Einordnung hat dadurch deutlich nachgelassen. Hinzu kommt, dass bei den drei erwähnten Gerätetypen ohnehin nur noch Produkt angeboten werden dürfen, die mindestens unter „A+“ fallen. So kann bei einem Kunden der Eindruck entstehen, dass eine „A++“-Geschirrspüler ganz vorne in puncto Sparsamkeit ist, wenn es um die Energieeffizienz geht. Tatsächlich ist er aber bestenfalls mittelmäßig. Die Verwirrung wird dadurch gesteigert, dass bei den verschiedenen Produktgruppen die Skalen unterschiedlich ausgeschöpft werden - was ein Ergebnis eines mehr oder weniger stark ausgeprägten technischen Fortschritts ist. Das führt dazu, dass die sparsamsten Staubsauger nur ein einfaches „A“ bekommen. Wer dies vor Augen hat, kann schnell zu der Einschätzung kommen, dass ein „A+“-Kühlschrank zu den umweltfreundlichen seiner Art gehört.
Welche Auswirkungen hat das auf das Verhalten der Konsumenten?
Es liegt eine aktuelle wissenschaftliche Untersuchung vor, derzufolge „A+“-Kühlschränke im vorigen Jahr den Absatz in Europa dominierten. Die Erklärung dafür ist einfach. Es handelt sich oft um technisch veraltete Geräte, die deshalb einen hohen Stromverbrauch haben. Dafür sind sie aber preiswert. Experten vermuten, dass viele Verbraucher sie zudem guten Gewissens gekauft haben, weil die wegen der Kategorisierung glaubten, ein sparsames Produkt zu erwerben.
Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie es Verbesserungen geben könnte, welche Probleme weiterhin auftreten und wie die Chancen auf eine Anpassung sind.
Wie könnte man es besser machen?
Umwelt- und Verbraucherschützer in Europa, auch der hiesige Verbraucherzentrale Bundesverband, verlangen schon lange, die Kennzeichnung zu reformieren. Die EU-Kommission arbeitet daran seit 2013. Am Mittwoch will sie ihre Ideen der Öffentlichkeit präsentieren. Nach einem Entwurf, der dieser Zeitung vorliegt, will Brüssel weitgehend auf die Forderungen der Verbraucherschützer eingehen.
Das bedeutet: Die Plus-Kategorien werden abgeschafft. Es werden neue technische Standards besetzt, die Einordnung der Geräte wieder stärker differenziert. So soll wieder bei jeder Produktgruppe die gesamte Skala ausgeschöpft werden können: von A bis G beziehungsweise von dunkelgrün bis dunkelrot. Untersuchungen im Auftrag der EU haben ergeben, dass diese Darstellung die effektivste Art und Weise ist, Konsumenten dazu zu bringen, stromsparende Elektrogeräte zu kaufen.
Sind damit alle Probleme gelöst?
Organisationen wie der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) begrüßen jedenfalls die Pläne der Kommission. Die Wiedereinführung der A-bis-G-Skala sei ein „deutlicher Gewinn in puncto Klarheit und Verständlichkeit – das Plus-Wirrwarr würde beendet“, sagt Robert Pörschmann, BUND-Experte für Energieeffizienz. Er lobt zudem, dass die EU-Kommission plant, künftig auch Informationen über die Kosten für den gesamten Lebenszyklus des Produkts vorzuschreiben. So könnten Bürger einfacher das sparsamste Produkt erkennen, Stromfresser links liegen und zu Ladenhütern verkommen lassen. Am Ende profitierten die Haushaltskasse und das Klima. Der Vorteil der Lebenszyklus-Berechnungen liegt darin, dass Konsumenten erkennen können, dass sich häufig die Anschaffung teurer Geräte rentiert, da sie weniger Energie verbrauchen. Deshalb machen sich Mehrkosten bei der Anschaffung bei Waschmaschinen oder Geschirrspülern manchmal schon nach einem oder zwei Jahren bezahlt.
Wie will die EU verhindern, dass im Zuge des technischen Fortschritts in einigen Jahren die bekannten Probleme erneut auftauchen?
Die Kommission schlägt einerseits vor, eine EU-weite Datenbank über die verkauften Elektrogeräte aufzubauen. Damit kann erkannt werden, wie die Wahl der Konsumenten ausfällt. Nachsteuern bei den Standards und Vorschriften wäre dann möglich, etwa wenn es ähnliche Fehlentwicklungen wie bei den „A+“-Kühlschränken geben sollte. Zudem schlägt die Kommission vor, künftig die technischen Standards für die Geräte regelmäßig zu überprüfen und immer wieder an das A-bis-G-System anzupassen.
Werden mit der A-bis-G-Skala und den Lebenszyklus-Kosten alle relevanten Informationen gegeben?
Europäische Nichtregierungs-Organisationen fordern, Informationen über den absoluten Stromverbrauch verständlicher zu machen, etwa indem es Angaben zu den durchschnittlichen Betriebskosten in Euro gibt. Dann würde zum Beispiel deutlich, dass ein bestimmtes Fernsehgerät mit einem Riesenbildschirm zwar in der neuen A-Kategorie rangiert. Aber gleichzeitig könnte Konsument erkennen, dass die laufenden Kosten deutlich denen für einen etwas kleineren Apparat liegen. Solche Informationen sollen helfen, den Stromverbrauch spürbar zu reduzieren.
Wie groß sind die Chancen, dass die Vorschläge der Kommission umgesetzt werden?
Die Vorschläge müssen mit dem Europaparlament und mit den Regierungen der EU-Mitgliedsländer abgestimmt werden. Erfahrungsgemäß kann sich dabei noch sehr viel ändern – zumal massives Lobbying durch die Vertreter der Gerätehersteller gegen eine Revision der Kennzeichnung zu erwarten ist. Denn die gegenwärtige Lage macht es einfach, veraltete Energiefresser loszuschlagen. Und das sind häufig die lukrativsten Geräte für Hersteller.