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Experten über virtuelle Zusammenarbeit„Chefs verlieren im Video an Aura“

Lesezeit 3 Minuten
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Frau in einer Videokonferenz (Symbolbild)

Köln – Als Albrecht Kresse den digitalen Meetingraum betritt, merkt man gleich, dass hier jemand steht, dessen Tagesgeschäft sich derzeit um virtuelle Kommunikation dreht. Er trägt ein Kopfmikrofon, steht in einem virtuellen Raum, der mehr nach Fernsehstudio als Arbeitsplatz aussieht. Zusammen mit seinem Sohn Jannis Herzog, ebenfalls digital zugeschaltet, führt Kresse die Edutrainment Company. Die Coaches schulen andere Firmen in der Pandemie im richtigen Umgang mit digitalen Tools. In ihrem gerade erschienenen Buch „Live Goes Online“ geben Kresse und Herzog Tipps für das Gelingen von virtuellen Meetings. Im Interview erklären sie unter anderem, dass die Treffen in höheren Führungsebenen oft besonders schlecht sind.

Herr Kresse, Herr Herzog – wie hat sich die Art, wie wir virtuell zusammenarbeiten, im Verlauf der Pandemie verändert?

Jannis Herzog: Die Verwirrung um die Nutzung digitaler Tools hat sich gelegt – die meisten Menschen beherrschen heute den Umgang mit Kamera und Mikrofon. Der Reifegrad hat hier deutlich zugenommen. Mittlerweile gilt es in vielen Geschäftsbeziehungen zum Beispiel als extrem unhöflich, seine Kamera auszuschalten. Auch die Tools selbst haben sich weiterentwickelt: Früher konnte man im Videochat häufig nur eine Person im Bild sehen – heute sind es beispielsweise bei Microsoft Teams bis zu 50, was natürlich viel mehr den aktuellen Bedürfnissen mit großen virtuellen Runden entspricht.

Albrecht Kresse: Die Digitalkultur hierzulande hat sich deutlich verändert. Trotzdem läuft längst noch nicht alles rund. Wir erleben in Deutschland jeden Tag, wie groß der digitale Rückstand zu anderen Ländern ist, vor allem, was die Internetleistung betrifft. Hinzu kommt, dass sich die meisten zwar ohne körperliche Verletzungen zu einem digitalen Meeting zuschalten können – das bedeutet aber nicht, dass sie im Stande sind, auch eines zu leiten. Teilweise muss man sogar sagen: Je höher die Führungsebene, desto schlechter die virtuelle Konferenz. Das fängt schon bei Anfängerfehlern wie schlecht platzierten Kameras an.

Was braucht ein virtuelles Meeting, um zu gelingen?

Kresse: Man muss hier die gleichen Überlegungen anstellen wie bei einem analogen Treffen auch. Das Ganze muss vernünftig vorbereitet werden, von der Tagesordnung über den virtuellen Hintergrund, den man zeigen möchte, bis hin zur Rollenverteilung im Termin. Es muss klar sein, wer moderiert und wie das Treffen nachbereitet wird. Virtuelle Meetings führen übrigens ein stückweit zur Demokratisierung hierarchischer Strukturen. Chefs werden im Bild auf Normalmaß gestutzt, manchmal verlieren sie sogar ein ganzes Stück Aura.

Was werden wir mitnehmen in die Post-Corona-Zeit?

Herzog: Wir werden uns künftig genauer anschauen, welche Meetings wir in Präsenz und welche wir weiter digital durchführen. Persönliche Treffen bieten sich bei Themen an, die auch eine emotionale Komponente haben. Meetings, bei denen es rein um Ergebnisse geht, lassen sich häufig einfacher virtuell durchführen. Künftig werden wir Präsenz stärker mit Argumenten rechtfertigen müssen.

Kresse: Klar ist auch, dass die Anforderungen an die Arbeitnehmer sich verändern. Ich glaube, der Generationswechsel in einigen Branchen wird gerade deutlich beschleunigt. Wer digital nicht mitkommt, ist raus.

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Verschiedene Studien zum Thema Homeoffice haben zuletzt sehr unterschiedliche Schlüsse über die Produktivität und Motivation der Arbeitnehmer gezogen. Was ist Ihr Fazit?

Kresse: Das ist von Person zu Person ganz unterschiedlich. Virtuelle Meetings und Homeoffice erfordern viel Selbstorganisation und das ist etwas, worin manche Menschen nun einmal viel besser sind als andere. Am Anfang, als wir noch im Krisenmodus waren, haben wir uns alle noch ganz besonders angestrengt. Aber jetzt, wo die Situation zur Gewohnheit geworden ist, braucht es feste Spielregeln in den Unternehmen – die immer noch nicht überall geschaffen wurden.