- Worauf Angehörige achten müssen, wenn sie den Nachlass von Verwandten regeln
Der Verlust eines Menschen stellt im Leben der Angehörigen und Freunde eine große Zäsur dar. Wer erbberechtigt ist, muss sich in den ersten Wochen nach dem Tod auch um viele administrative und juristische Themen kümmern. Der Berliner Erbrechtsanwalt Kay-Thomas Pohl arbeitet als Nachlassverwalter und muss häufig das Erbe eines Verstorbenen klären. Pohl weiß: Für Privatpersonen ist diese Aufgabe ungleich schwieriger als für einen Nachlassverwalter. Denn was Besitz und Vermögen eines Menschen ist, lässt sich häufig nur herausfinden, wenn Erbe oder Erbin ein Testament oder den vom Gericht ausgestellten Erbschein in den Händen halten. Behörden und Finanzinstitutionen geben Privatpersonen nicht ohne Weiteres Auskunft, wenn ein Angehöriger dort vorstellig wird.
Ist Besitz vorhanden, aber nicht gut dokumentiert, beginnt eine aufwendige Recherche. "Es kommt vor, dass Menschen ins Pflegeheim kommen und dadurch wichtige Unterlagen verloren gehen", sagt der Anwalt. Als Erbe heißt es dann, die einzelnen Institutionen systematisch abzuklappern - eine Detektivarbeit, denn viele Verträge und finanzielle Verpflichtungen laufen nach dem Tod weiter.
Konten Egal ob Sparkasse, Volksbank oder Privatbank - jede Bank benötigt eine separate Anfrage, ob ein Konto vorliegt und wie viel Geld dort vorhanden ist. Allerdings gibt es zentrale Anlaufstellen.
So hat der Sparkassen- und Giroverband eine Mailadresse eingerichtet (nachforschung@dsgv.de) Damit die Anfrage bearbeitet wird, muss eine Kopie des Erbscheins oder Testaments mitgesandt werden. Außerdem muss die eigene Anschrift sowie der letzte Wohnort des Verstorbenen mit kompletter Anschrift genannt werden. Der Verband leitet die Anfrage an den zuständigen Regionalverband weiter. Dieser meldet sich dann beim Antragsteller direkt.
Die Volks- und Raiffeisenbanken bieten einen ähnlichen Service an. Auf der Website bvr.de/Service/Kontonachforschung kann man sich informieren. Hier wird darauf hingewiesen, dass nur konkrete Anhaltspunkte dafür, dass Vermögenswerte bei Volks- und Raiffeisenbanken vorhanden sind, eine Nachforschung erlauben. Diese wird nur in einem geografisch abgegrenzten Bereich durchgeführt, also nicht bundesweit. Für die Recherche können eventuell Kosten anfallen.
Die Privatbanken, wie Commerzbank oder Deutsche Bank, haben sich im Bundesverband deutscher Banken zusammengeschlossen. Wer seinen Nachlass hier vermutet, kann sich an den Bankenverband wenden. "Wir suchen in drei Bundesländern, wenn es dort Anhaltspunkte gibt", sagt Sprecherin Kerstin Altendorf. Sie empfiehlt, sich per Mail an bankenverband@bdb.de zu wenden.
Konten in der Schweiz können über eine zentrale Stelle ermittelt werden: den Bankenombudsmann (bankingombudsman.ch). Er kann helfen, wenn Geld in der Schweiz vermutet wird, ohne dass die Erbberechtigten die Bank kennen. Auch sogenannte Nummernkonten können darüber ermittelt werden.
In Luxemburg gibt es ebenfalls eine Anlaufstelle. Die Luxemburger Bankenvereinigung bietet eine englischsprachige Website "tracing assets after death" an (abbl.lu). Ein Erbschein ist Voraussetzung für die Recherche, außerdem ein Personalausweis, die Sterbeurkunde und ein Hinweis auf das Vermögen in Luxemburg.
Immobilien oder Grundbesitz Wer vermutet, dass der Erbonkel oder der Opa noch irgendwo eine Wohnung oder ein Stück Wald besitzt, kann dies nur erfahren, indem er beim entsprechenden Grundbuchamt eine Nachforschung anstellt. "Hierfür ist der Erbschein oder das Testament notwendig", sagt Erbanwalt Pohl. Eine zentralisierte Stelle gibt es in Deutschland nicht.
Anwälte und Notare wie Pohl haben Zugriff auf Datenbanken, doch auch hier lässt sich allein mit dem Namen des Verstorbenen keine Recherche in ganz Deutschland durchführen. "Wenn Sie glauben, dass eine Immobilie in Hannover vorliegt, müssten sie zum Beispiel auch den Stadtteil nennen", sagt er.
Versicherungen Bei Lebens- und Sterbegeldversicherungen ist Eile geboten. Die Unternehmen müssen innerhalb von ein bis drei Tagen über den Todesfall informiert werden. Unfallversicherer geben dafür nur 48 Stunden Zeit. Ansonsten gilt: Personenbezogene Versicherungen enden mit dem Tod, Sachversicherungen müssen gekündigt werden.
Die Kfz-Versicherung muss über den Tod des Versicherungsnehmers informiert werden. Behält ein Erbe das Fahrzeug, läuft die Versicherung weiter. Der Versicherer darf aber die Beiträge neu berechnen.
Mietvertrag Stirbt ein Mieter, endet sein Mietverhältnis nicht automatisch, erklärt die Stiftung Warentest. Ist jemand alleinstehend, werden die Erben automatisch Mieter. Sie können aber mit einem außerordentlichen Kündigungsrecht aus dem Vertrag aussteigen. Mitmieter und Mitbewohner sind geschützt. Ihnen darf der Vermieter nur im Ausnahmefall kündigen, etwa wenn das Vertrauensverhältnis zerrüttet ist.
Die Erben müssen auch die Belieferung mit Strom, Wasser und Gas selbst beenden. Hierfür gibt es Sonderregelungen. Laut Stiftung Warentest muss ein Erbe unter Hinweis auf den Auszug mit einer zweiwöchigen Frist kündigen. Für die Schlussrechnung zählt der Zählerstand bei Übergabe der Wohnung an den Vermieter. Der Erbe sollte bei der Kündigung die Sterbeurkunde und den Zählerstand zusammen mit der Kundennummer des Verstorbenen vorlegen.
Der Tod des Vertragspartners berechtigt auch bei anderen Verträgen nicht automatisch zur Kündigung. Die meisten Unternehmen zeigen sich hier aber flexibel. Wer den Telefonanschluss übernehmen möchte, muss einen neuen Vertrag abschließen. Ähnliches gilt für Abos oder Verträge mit dem Fitnessstudio.