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Zukunft der Kölner HäuserDas passiert mit den Filialen von Kaufhof und Karstadt

Lesezeit 7 Minuten
Kaufhof Kölner Innenstadt

Die Kaufhof-Filiale in der Kölner Innenstadt

KölnHerr Müllenbach, Sie verabschieden sich nach fast 150 Jahren von Ihren sehr tradierten Namen Karstadt und Kaufhof. Warum wagen Sie einen solchen Bruch?

Miguel Müllenbach: Es ist für uns alle natürlich ein Riesenschritt. Die Namen sind von 1879 beziehungsweise 1881. Wir werden nicht vergessen, wo wir herkommen, ganz klar. Galeria ist für uns nicht einfach ein Arbeitsplatz. Es ist ein Stück weit auch unser Zuhause – gerade auch deshalb, weil wir so sehr darum gekämpft haben. Aber inzwischen sind wir ein Unternehmen, und nicht zuletzt die Pandemie und ihre Folgen haben uns noch stärker zusammengeschweißt. Das wollen wir nach außen und innen auch zeigen. Offenbar sehen das auch unsere Kunden so, denn die Ergebnisse der Marktforschung für den neuen Namen und das neue Logo sind sehr gut!

Warum haben Sie nicht einen alten Traditionsnamen wie Hertie oder Wertheim wieder aufleben lassen?

Wir haben uns gegen eine Mehrmarkenstrategie entschieden, denn wir brauchen alle unsere Ressourcen und unsere ganze Aufmerksamkeit, um unsere Strategie Galeria 2.0 umzusetzen. Unternehmen, die mehrere Marken führen, ändern dies deshalb häufig zu einem späteren Zeitpunkt. Außerdem war uns sehr wichtig, dass etwas Neues entstanden ist. Deshalb brauchten wir einen neuen Namen und ein neues Logo. Bei der Eröffnung der Showcase Filialen am 27. Oktober wird das Logo erstmals offiziell an der Fassade zum Einsatz kommen. Wir werden danach schrittweise Häuser in ganz Deutschland umbauen und im Zuge dessen auch mit dem neuen Logo ausstatten.

Zur Person Miguel Müllenbach

Miguel Müllenbach ist seit Juni 2020 Vorsitzender der Geschäftsführung der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH, nach dem Zusammenschluss der Karstadt Warenhaus GmbH und der Galeria Kaufhof GmbH. In dieser Position ist er verantwortlich für die Bereiche Digitalisierung, E‐Commerce & Cross‐Channel, Unternehmensentwicklung, Unternehmenskommunikation, General Counsel, Recht, Compliance und das strategische Lieferantenmanagement.

Davor war er seit 2012 als Geschäftsführer Finanzen verantwortlich für die Bereiche Controlling, Finanz‐ / Rechnungswesen, Steuern und Recht. Darüber hinaus gehörten auch noch die Bereiche Facility Management, Real Estate, Supply Chain und IT zu seinem Aufgabengebiet. Seit 2014 war er zusätzlich auch noch als Geschäftsführer für den Bereich Personal verantwortlich.

Bevor Miguel Müllenbach im April 2005 zur Karstadt Warenhaus GmbH wechselte war er in unterschiedlichen Management‐Positionen bei Metro Cash & Carry , der Otto Gruppe und Fielmann und davor als selbständiger Unternehmensberater tätig.

Galeria Karstadt Kaufhof hat eine schwere Zeit hinter sich – Insolvenz, Standortschließungen, massiver Stellenabbau. Nun soll sich der Konzern unter Ihrer Führung neu aufstellen. Wie?

Ich glaube an das Geschäftsmodell Warenhaus, allerdings anders als wir uns den Kunden heute noch präsentieren. Deshalb werden wir uns mit dem Konzept Galeria 2.0 strategisch komplett neu aufstellen. Wir werden mit den Innenstädten verschmelzen und zu einem Wohlfühlstandort werden, an dem die Menschen Lust haben, ihre Freizeit zu verbringen, und ganz unterschiedliche Warengruppen kaufen, Dienstleistungen in Anspruch nehmen und Gastronomie und Kultur genießen können. Die Standorte an der Frankfurter Hauptwache, in Kassel und Kleve haben wir bis zum 27. Oktober als Pilothäuser für die drei Kategorien komplett umgebaut, die wir künftig haben werden: Weltstadthaus, regionaler Magnet und lokales Forum.

Worin unterscheiden sich die Konzepte, und womit konkret sollen die Kunden, die sich in Corona noch mehr ans Shopping im Netz gewöhnt haben, wieder zurück in die Häuser geholt werden?

Konzepte, die zentral in Essen entschieden werden, funktionieren heute nicht mehr. Ganz klar: Wir werden konsequent lokaler. Die Sortimente sollen sich den Anforderungen vor Ort anpassen. Das gilt neben Waren auch für regionale Lebensmittel und unser Gastro-Angebot.

Wie wird denn ein Weltstadthaus künftig aussehen, wie das KaDeWe?

Das Angebot wird mehr im Premiumbereich liegen und auch moderner werden – ohne, dass wir jedoch unsere Stammkunden verlieren werden. Wir nennen das „trending up und trading up“. Wir werden kein Gucci oder Prada anbieten, dafür aber Marken wie Boss oder Tommy Hilfiger. Im Einrichtungsbereich werden wir eine „Belle Etage“ einrichten. Dazu sind wir in Gesprächen mit hochwertigen Anbietern, die gute Innenstadtlagen suchen. Fashion und Home sehe ich als starke Wachstumssegmente.

Welche Besonderheit hat der regionale Magnet?

Das Angebot soll um Services, Waren und Erlebnis erweitert werden, die genau in diesem Ort besonders nachgefragt werden. Im Erdgeschoss wird es einen Regio-Hub geben, wo Produkte angeboten werden von Lieferanten aus der Region. Wir sehen uns an, wofür der Standort steht. Also Kassel etwa für die Kunst mit der Documenta. Deshalb werden wir in der Damenabteilung ein entsprechendes Angebot präsentieren. Neben der Kinderabteilung entsteht zudem ein Pop-up-Grimm-Museum. In der ersten Etage richtet die Stadt im Servicebereich zwei Schalter für Bürgerdienste ein. Ergänzt wird das Ganze durch eine Reinigung, Schneider sowie Reparaturdienste. Mit der lokalen Verankerung sollen sich die Kunden mit „ihrer“ Galeria identifizieren und so wollen wir das vernetzte Herz der Innenstädte werden.

Wie digital wird diese Vernetzung denn sein?

Wir arbeiten an einer App für die einzelne Filiale und ihre Partner, mit der nicht nur Parkplätze im eigenen Parkhaus und Tische im Restaurant reserviert werden könne, sondern auch Angebote von Partnern – etwa Friseurtermine oder die Abholung von reparierten oder gereinigten Smartphones, Sneakern oder Bekleidung. Das bietet sonst keiner.

Haben Sie schon konkrete Pläne für die Kölner Häuser?Die Hohe Straße wird ein Weltstadthaus, die Breitestraße ein regionaler Magnet und Nippes ein lokales Forum, soviel kann ich an der Stelle schon mal sagen.

Galeria hat bisher immer mehr Flächen an Fremdfirmen wie etwa das Fashion-Label Top-Shop untervermietet. Wollen Sie daran festhalten?

Vermietung im Warenhaus hat es schon immer gegeben, aber unsere Partner werden wir sehr viel stärker als bisher auf den jeweiligen Standort zuschneiden und wie gesagt auch durch sehr viel mehr Dienstleistung und Service – auch online - ergänzen.

Welche Pläne gibt es denn für die Gastronomie in den Häusern, die ja gerade in der älteren Zielgruppe viele Fans hat?

Wir sind mit unserer Systemgastronomie unter den Top 3 im Markt. Bislang sind die Restaurants im dritten Obergeschoss oftmals schwer zu finden und das Speisen-Angebot ist an den meisten Standorten gleich. Wir wollen sie deutlich aufwerten und viel sichtbarer machen. Und wir werden uns von der Selbstbedienung verabschieden. In Frankfurt etwa wird man von der neuen Rooftop-Bar einen wunderbaren Blick über die Skyline haben. Das Angebot der Premium-Restaurants soll regionalisiert werden, dafür arbeiten wir mit einem bekannten Fernsehkoch zusammen. Den Namen werden wir bald bekanntgeben können, und der wird überraschen.

Galeria hat zahlreiche Standorte geschlossen und tausende Mitarbeiter entlassen. Bleibt es dabei?

Wir waren auf einem guten Weg – bis die Pandemie und die behördlich angeordneten Schließungen uns brutal gestoppt haben. Auch die zaghafte Öffnungspolitik hat es uns nicht leicht gemacht, denn die unterschiedlichen Inzidenzen haben täglich einen sich verändernden Flickenteppich aus lokalen Regelungen geschaffen, dem Warenströme und Personalplanung angepasst werden mussten. Es ist uns dennoch gelungen, wieder mit voller Kraft im Geschäft zu sein. Wir mussten uns dabei von den unprofitablen Standorten trennen. Wir haben noch einige wenige Häuser, wo die Laufzeit des Mietvertrags begrenzt ist, wie etwa in München am Stachus.

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Es war ein zweiter Staatskredit für Galeria im Gespräch, es gab viele Stimmen in der Politik, die sich dagegen ausgesprochen haben. Wie ist der Stand?

Den reinen Shutdown haben wir mit dem ersten Kredit überwunden und wir haben jetzt eine solide finanzielle Ausstattung. Wir brauchen derzeit keinen zweiten Kredit. Die Frage ist, wie schnell die Umsätze im Handel zurückkommen, denn die Frequenzen sind jetzt noch zum Teil bis zu 30 Prozent niedriger als 2019. Ich setze darauf, dass die Politik einen erneuten Lockdown vermeidet und statt dessen noch stärker auf eine gut erklärende Impfkampagne setzt.