Milliarden-BußgeldPolen verhängt hohe Strafe gegen Gazprom wegen „Nord Stream 2“
Warschau – Polens Wettbewerbshüter haben ein Milliarden-Bußgeld gegen den russischen Energiekonzern Gazprom wegen der umstrittenen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 verhängt. Gazprom solle eine Rekordstrafe in Höhe von 29 Milliarden Zloty (umgerechnet rund 6,45 Milliarden Euro) zahlen, teilte die polnische Behörde für Wettbewerb und Verbraucherschutz (Uokik) am Mittwoch mit. Fünf weitere an dem Pipeline-Projekt beteiligte Firmen sollen zudem 52 Millionen Euro zahlen – darunter auch die deutschen Unternehmen Uniper und Wintershall.
Außerdem betroffen sind der britisch-niederländische Shell-Konzern, der französische Konzern Engie sowie OMV aus Österreich. Der Börsenkurs von Gazprom fiel nach der Bekanntgabe der Strafe um 1,4 Prozent. Der Konzern kündigte an, er werde gegen die polnische Entscheidung vorgehen. Vor allem die hohe Summe sei „beispiellos“. Uokik hatte bereits 2016 gewarnt, dass Nord Stream 2 nach Auffassung der Kartellwächter den Wettbewerb beeinträchtigen könnte und hatte der Projektgesellschaft die Zustimmung verweigert.
6,45 Milliarden Euro Strafe
2018 dann hatte die polnische Wettbewerbsbehörde ein kartellrechtliches Verfahren eingeleitet. Nord Stream 2 soll das Potenzial für russische Gaslieferungen nach Deutschland deutlich erhöhen, ist aber international umstritten. Kritiker befürchten, dass die Pipeline die strategische und wirtschaftliche Bedeutung alternativer Pipelines und traditioneller Transitländer schwächen könnte – darunter neben der Ukraine auch Polen.
Die Regierung in Warschau war deshalb von Anfang an gegen die neue Pipeline, ebenso wie die Regierungen der Ukraine und der baltischen Staaten. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sagte in Brüssel, ihre Behörde sei nicht in die polnische Entscheidung eingebunden worden. Vestager ließ weiter erkennen, dass auch sie die Strafzahlung für vergleichsweise hoch bemessen hält. Diese liege deutlich über dem durchschnittlich angewandten Strafrahmen von vier bis sechs Prozent des Konzernumsatzes.
„Nord Stream 2“ bedrohe alternative Pipelines
Derzeit ruht der Bau der 1230 Kilometer langen Gasleitung, weil den beteiligten Unternehmen Sanktionen der USA drohen. Zu den vehementen Kritikern gehört auch US-Präsident Donald Trump. Er wirft Deutschland vor, sich dadurch in Abhängigkeit von russischem Gas zu begeben. Befürworter der Pipeline argumentieren hingegen, diese erhöhe die Energiesicherheit in Europa und sorge für günstige Energiepreise auch im Vergleich zum teureren Flüssiggas aus den USA.
Für zusätzliche Diskussionen rund um die Pipeline hatte zuletzt der Giftanschlag auf den russischen Oppositionspolitiker Alexej Nawalny gesorgt. Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki hatte am vergangenen Donnerstag gesagt, der Fall des vergifteten Kreml-Kritikers könne nicht getrennt vom Pipeline-Projekt betrachtet werden.
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Der russische Botschafter in Deutschland, Sergej Netschajew, äußerte sich in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstagsausgabe) überzeugt, dass die Pipeline fertig gebaut werde. Es handele sich um „ein internationales wirtschaftliches Projekt, das den Interessen Deutschlands und anderer europäischer Länder entspricht“, hob er hervor. Den USA warf Netschajew vor, aus Eigennutz „rücksichtslosen Druck“ auszuüben.
Die deutsche AfD forderte die Bundesregierung auf, an dem Vorhaben festzuhalten. Dieses sei wichtig „für unsere Energiesicherheit und für mehr Völkerverständigung“, erklärte Fraktionsvize Leif-Erik Holm. Er kritisierte, dass die anderen Fraktionen nicht einen AfD-Vorstoß im Bundestags-Wirtschaftsausschuss unterstützt hätten, sich zu Nord Stream 2 zu bekennen. (afp)