Gegen ihren WillenWann Mitarbeiter länger arbeiten müssen
Wie lange Beschäftigte wöchentlich arbeiten müssen und was sie dafür als Lohn erhalten, ergibt sich üblicherweise aus dem Arbeitsvertrag. Trotzdem wird in der Praxis um Überstunden, deren Vergütung und die Arbeitszeitverteilung allgemein oft gestritten. Was darf der Chef denn konkret verlangen?
Anordnung von Überstunden
Gibt es einmal mehr zu tun, fordern Arbeitgeber ihre Mitarbeiter gerne auf, abends länger als üblich zu arbeiten. In den meisten Arbeitsverträgen ist geregelt, dass dies möglich sein soll. Dafür erhalten die Beschäftigten für die geleisteten Überstunden eine besondere Vergütung oder Freizeitausgleich an anderen Tagen.
Vertragsklauseln, wonach Überstunden ohne derartigen Ausgleich geleistet werden müssen, benachteiligen Arbeitnehmer unangemessen und sind daher in der Regel unwirksam. Auch sonst sollen Überstunden kein Dauerzustand sein, selbst wenn manche Arbeitgeber das scheinbar anders sehen.
Tägliche Höchstarbeitszeiten
Ohne vertragliche Regelung sind Arbeitnehmer regelmäßig gar nicht verpflichtet, Überstunden zu leisten. Davon ausgenommen sind Notfälle, in denen Überstunden erforderlich sind, um dringende Arbeiten noch so rechtzeitig zu erledigen, dass dem Unternehmen keine schweren Schäden entstehen.
Zudem ist § 3 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) zu beachten, wonach die tägliche Arbeitszeit für Arbeitnehmer maximal acht Stunden beträgt. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn das regelmäßig innerhalb eines halben Jahres wieder ausgeglichen wird, sodass im Durchschnitt wiederum nur acht Stunden pro Werktag bleiben.
Verteilung der Arbeitszeit
Neben den klassischen Überstunden gibt es auch noch das allgemeine Weisungsrecht des Arbeitgebers gemäß § 106 Gewerbeordnung (GewO). Schließlich ist in den meisten Arbeitsverträgen eine Wochenarbeitszeit angegeben, aber es sind keine festen Uhrzeiten bestimmt, zu denen die Arbeitsleistung erbracht werden muss.
Soweit auch keine Betriebsvereinbarung und keine tarifliche Regelung vorliegt, darf der Chef die Arbeitsleistung – dazu gehören auch die individuellen Arbeitszeiten – nach billigem Ermessen konkretisieren.
Weisungsrecht und Rücksichtnahme
Beschließt der Arbeitgeber beispielsweise, dass die Öffnungszeiten seines Einzelhandelsgeschäfts aufgrund veränderter Kundenwünsche von bisher 8 bis 18 Uhr auf nun 9 bis 20 Uhr geändert werden, kann sich der einzelne Verkaufsangestellte dagegen kaum wehren.
Auch über die Einteilung einzelner Arbeitskräfte innerhalb der Arbeitszeiten und die Verteilung von Schichten entscheidet der Chef. Dabei hat er allerdings auf die Belange der Beschäftigten, insbesondere auf etwaige Behinderungen einzelner Mitarbeiter, Rücksicht zu nehmen.
Besteht ein Betriebsrat, hat dieser ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Das gilt in Bezug auf Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit ebenso wie für deren Verteilung auf die einzelnen Wochentage.Arbeitsvertragliche Regelungen
Enthält der eigene Arbeitsvertrag im Einzelfall doch verbindliche Regelungen, an welchen Wochentagen oder zu welchen Zeiten die Arbeit zu leisten ist, schränken die das Weisungsrecht des Arbeitgebers entsprechend ein. Will der Arbeitgeber dann Änderungen vornehmen, wonach beispielsweise abends regelmäßig länger gearbeitet werden soll, ist dafür die Zustimmung des Arbeitnehmers oder eine wirksame Änderungskündigung notwendig.
Gastautor Armin Dieter Schmidt ist Rechtsanwalt und Redakteur bei anwalt.de.