Für die große Mehrheit der Deutschen ist die Sache klar: Gentechnisch veränderte Lebensmittel kommen nicht in die Einkaufstüte. In einer Emnid-Umfrage vom vergangenen Juni zeigten sich zwei Drittel der Befragen „beunruhigt“ über Nahrungsmittel, deren Erbgut technisch verändert wurde. Gekauft würden solche Erzeugnisse hierzulande nur von einer sehr kleinen Minderheit, wie eine GfK-Ergebung aus dem Jahr 2014 nahe legt: Darin hatten nur ein Prozent der Verbraucher die grundsätzliche Bereitschaft bekundet, ohne weiteres auch gentechnisch manipulierte Lebensmittel zu konsumieren. Wie aber steht es tatsächlich um Gen-Food in Deutschlands Supermarktregalen? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Sind gentechnisch veränderte Lebensmittel in Deutschland zugelassen?
Genmanipuliertes Obst und Gemüse, Fisch und Fleisch darf in Deutschland nicht verkauft werden. Grundsätzlich ist die EU für die Zulassung gentechnisch veränderter Lebens- und Futtermittel zuständig. Dies gilt sowohl für den Anbau als auch für den Verkauf. Sind in verarbeiteten Lebensmitteln Gentech-Anteile von mehr als 0,9 Prozent enthalten, so muss dies auf dem Etikett mit dem Vermerk „Dieses Produkt enthält gentechnisch veränderte Organsimen“ gekennzeichnet werden. Von Belang ist dies nach Angaben des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) aber nur für eine Handvoll importierter Erzeugnisse, etwa Schokoriegel aus den USA oder Sojaöle aus dem Asia-Shop. In jedem Fall müssen die verwendeten gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in der EU zugelassen sein.
Sind alle übrigen Lebensmittel in deutschen Supermarktregalen demnach gentechnikfrei?
Nicht zu 100 Prozent. Gentech-Bestandteile von unter 0,9 Prozentmüssen müssen nicht ausgewiesen werden. Zudem ist es gestattet, Geflügel und Vieh mit gentechnisch veränderten Futtermitteln zu versorgen, ohne dass dies auf Eiern, Fleisch und Milcherzeugnissen vermerkt werden muss. Auch Bestandteile wie etwa Aromastoffe, die von gentechnisch veränderten Mikroorganismen erzeugt werden, dürfen ohne Verpackungshinweise verarbeitet werden.
Werden die Kennzeichnungspflichten eingehalten?
Ganz überwiegend schon. In einer Auswertung von 2000 amtlichen Lebensmittelproben aus dem Jahr 2012 kam das Fachportal „transgen“ zwar zu dem Ergebnis, das rund ein Viertel aller Sojaprodukte sowie sechs Prozent der Maiserzeugnisse GVO-Spuren aufwiesen. Auch in Import-Honigen fanden sich Rückstände. Der zulässige Grenzwert von 0,9 Prozent wurde aber nur in sieben soja- und drei maishaltigen Produkten überschritten. Auch die Stiftung Warentest kam 2014 nach mehreren Stichproben zu dem Ergebnis, „dass falsch deklarierte GVO-Bestandteile in Lebensmitteln derzeit kein Problem darstellen“.
Wie erkennt man garantiert gentechnik-freie Erzeugnisse?
Das Siegel „Ohne Gentechnik“, das sich vornehmlich auf Milch, Joghurt und Käse findet, erhalten nur Lebensmittel, die nachweislich ohne GVO-Zutaten oder Zusatz¬stoffe auf GVO-Basis hergestellt wurden. Auch das Bio-Siegel steht für eine Produktion ohne Gentechnik, denn sie ist in der ökologischen Landwirtschaft grundsätzlich verboten. Selbst Tierfutter darf nicht gentechnisch verändert worden sein. Allerdings können Pollen gentechnisch veränderter Pflanzen durch Insekten oder Winde auf Öko-Anbaugebiete getragen werden. Auch in Lagerräumen und Transportbehältern kann es unabsichtlich zu Verunreinigungen mit GVO kommen. Solange der Grenzwert von 0,9 Prozent nicht überschritten wird, darf das Bio-Siegel in solchen Fällen trotzdem verwendet werden.
Werden gentechnisch veränderte Pflanzen in Deutschland angebaut?
Nicht mehr. Bis 2009 war die Maissorte MON 810 des US-Agrarkonzerns Monsanto zugelassen, wurde dann aber verboten. Die EU-Zulassung der zur Stärkegewinnung in der Klebstoff- und Papierherstellung entwickelten Genkartoffel Amflora von BASF wurde im Dezember 2013 vom Europäischen Gerichtshof für nichtig erklärt. In Deutschland wird Amflora bereits seit 2012 nicht mehr angebaut.