Die Grüne Woche 2025 betont internationale Vielfalt, während deutsche Landwirte wegen Maul- und Klauenseuche und Bürokratie besorgt sind.
Grüne WocheWas die Landwirte ein Jahr nach den Protesten bewegt
Gerichte aus der ganzen Welt, Myriaden von Düften und Pavillons so bunt wie die kulinarische Vielfalt – die Grüne Woche 2025 ist eröffnet. Sie ist die international größte Messe für Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) unternimmt zum Start am Freitag gemeinsam mit Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und einer Delegation von Branchenvertretern einen Rundgang durch die Hallen. Bulgarien führt am Stand einen Tanz auf, Marokko grüßt mit traditioneller Tracht, die Niederlande begeistern mit Blaskapellen-Interpretationen bekannter Musiktitel – inklusive Wolle Petry. Die Welt zu Gast bei Freunden, könnte man sagen.
Doch beim Gastgeber sind die Sorgen groß. Ein Jahr nach den massiven Bauernprotesten gegen die Politik der Bundesregierung wird die Messe diesmal von ganz anderen Hiobsbotschaften für die Branche überschattet. In Brandenburg ist nach Jahrzehnten die Maul- und Klauenseuche wieder aufgetreten. Mehrere Staaten haben in der Folge Einfuhren von Tieren aus Deutschland verboten. Schon jetzt wird der Schaden auf eine Milliarde Euro taxiert. Und es ist unklar, wie lange diese Krise anhalten wird. „Es kann noch bis zu einem halben Jahr dauern“, fürchtet der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied. Deswegen sind diesmal auch deutlich weniger Tiere auf der Messe. Traktoren dürfen ebenfalls nicht anrollen, da sich Erreger im Schlamm an den Reifen festsetzen und so verbreiten könnten.
Sorgen wegen Maul- und Klauenseuche
Minister Özdemir will Betroffenen die Existenzängste nehmen. „Ziel muss sein, dass kein Hof aufgegeben werden muss. Dafür gibt es auch bereits ein Entschädigungssystem, falls Tiere gekeult werden müssen“, versichert der Grünen-Politiker. Die Zusammenarbeit sowohl mit den Ländern als auch auf europäischer Ebene werde gesucht, falls sich das Problem verschlimmere. „Man muss dazu auch sagen: Wir haben schnell gehandelt. Das Krisensystem funktioniert“, fügt Wegner hinzu. Eine gute Nachricht hat Özdemir zu verkünden: Bisher bleibt es bei dem einen bekannten Seuchenfall. Der Verdacht auf einen zweiten Fall habe sich nicht bestätigt. Noch in der Nacht hätten Experten des Friedrich-Loeffler-Instituts die wissenschaftliche Untersuchung abgeschlossen.
Die Herausforderungen der Maul- und Klauenseuche sind das eine, die Proteste der Landwirte vor einem Jahr und ihr teilweise weiter bestehender Unmut vor allem über zu viel Bürokratie das andere. Rukwied erinnert an die Tausenden Bauern, die mit ihren riesigen Treckern zum Brandenburger Tor gefahren waren. Damals habe man der Ampel „den ersten Riss zugefügt“, sagt Rukwied. Und: „Von dem hat sie sich nicht mehr erholt.“ Die Ampel hatte im Bundeshaushalt Geld einsparen und dafür die Energiesteuerrückerstattung für Agrardiesel sowie die Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Maschinen aufheben wollen. Nach den Demonstrationen nahm sie die Streichung der Kfz-Steuerbefreiung zurück, die Subvention für Agrardiesel fällt aber – allerdings erst nach und nach.
Landwirtschaft kritisiert Ampel
Die Branche ist schlecht auf die Arbeit der scheidenden Regierung und insbesondere auf das Erbe von Özdemir, der Ministerpräsident in Baden-Württemberg werden will, zu sprechen. „Die Ampel war zum Schluss eine Zumutung“, sagt Franz-Josef Holzenkamp, Präsident des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV), dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Trotz vieler Gespräche mit der Politik habe Letztere zwar Zusagen gemacht, aber so gut wie nichts wirklich umgesetzt. „Leider ist vieles liegen geblieben“, klagt Holzenkamp.
Es reicht vielen nicht, dass im vorigen September ein Agrarpaket verabschiedet wurde, mit dem die Landwirte, wie von ihnen gefordert, die Möglichkeit zur Gewinnglättung bekommen haben – Einkünfte können nun über mehrere Jahre versteuert werden. Ferner wurden Bürokratieabbau und Planungssicherheit versprochen.
Der Landwirtschaftssektor leide trotzdem noch an großer Planungsunsicherheit, kritisiert Holzenkamp. Von der nächsten Regierung erhofft er sich mehr Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Politik. „Es muss ein ernsthafter Austausch stattfinden“, fordert er. „Das viele Regulieren hält vom Arbeiten ab“, schimpft der DRV-Präsident. Darunter leide auch die Wettbewerbsfähigkeit. Man brauche wieder ein Level-Playing-Field, also gleiche Bedingungen wie andere Mitbewerber im europäischen Binnenmarkt. „Wir hoffen auf eine gute Zusammenarbeit mit der kommenden Regierung.“
Das fordert die Landwirtschaft von der neuen Regierung
Doch nicht alles ist aus Sicht der Landwirtschaft schlecht gewesen. „Positiv stimmt uns, dass die Gesellschaft hinter uns steht. Laut Befragungen unterstützen 80 Prozent der Bevölkerung die Anliegen der Agrarwirtschaft“, betont Holzenkamp. Zuversicht – das will die Grüne Woche auch in diesem Jahr verbreiten, mit 1.400 Ausstellern aus 60 Ländern. Rund 300.000 Besucher werden erwartet. Berlins Regierungschef Wegner fasst es so zusammen: „Grüne Woche, das steht für Tradition und für Zukunft.“(rnd)