Die meisten Kommunen sind bei den Grundsteuer-Hebesätzen unter der Empfehlung geblieben. Der Kölner Haus- und Grundbesitzerverein übt aber Kritik.
Hebesätze in der KritikKölner Haus- und Grundbesitzer befürchten Grundsteuer-Erhöhungen

Durch die Grundsteuerreform müssen viele Eigentümer nun mehr bezahlen. (Symbolbild)
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Die Grundsteuerreform hat für viel Aufsehen gesorgt: Der Wert der Grundstücke wird seit 1. Januar 2025 neu berechnet, viele Eigentümer müssen nun mehr Geld zahlen. Einige Kölner berichteten dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sogar davon, dass ihre Grundsteuer inzwischen viermal so hoch sei wie zuvor. Der Städte- und Gemeindebund NRW, der die kommunalen Interessen vertritt, spricht von Einzelfällen, die medial aufgebauscht worden seien und damit „zum Teil den Eindruck einer Verallgemeinerungsfähigkeit erzeugt haben“. So steht es in einem Schreiben des Verbands an die Bürgermeister in Nordrhein-Westfalen.
Der Verband hat eine Umfrage unter den Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen durchgeführt, „um die Diskussion zu versachlichen“, wie es heißt. An der Umfrage, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ exklusiv vorliegt, haben 300 der 361 Mitgliedskommunen des Städte- und Gemeindebundes teilgenommen. Das Ergebnis: Die Mehrheit der Kommunen folgt mit ihren Hebesätzen für 2025 den Empfehlungen des Landes oder bleibt sogar darunter.
Zur Erinnerung: Zum Jahreswechsel hat sich die Berechnungsgrundlage der Grundsteuer geändert. Grundstücke wurden neu bewertet, zudem haben sich oftmals die Hebesätze geändert, die jede Gemeinde selbst festlegt. Die Grundsteuer berechnet sich aus dem neuen Grundsteuerwert, der mit der Steuermesszahl und dem Hebesatz der jeweiligen Kommune multipliziert wird.
NRW-Städte handeln „mit Augenmaß“ bei Grundsteuer
214 von 300 erfassten Kommunen haben laut Städte- und Gemeindebund NRW bei der Berechnung der Grundsteuer auf eine Differenzierung zwischen Wohn- und Gewerbeimmobilien verzichtet – so auch die Stadt Köln. Bei Kommunen mit einheitlichem Hebesatz liegt er laut der Umfrage mit durchschnittlich 701,71 Punkten unter der Landesempfehlung von 720,94 Punkten. „Die Zahlen belegen, dass die Städte und Gemeinden mit Augenmaß handeln“, sagt Christof Sommer, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW. „Der Vorwurf, die Kommunen würden die Reform nutzen, um Mehreinnahmen zu generieren, entspricht nicht den Fakten.“
Das zeigt sich auch in Köln. Hier liegt der Hebesatz mit 475 Prozent deutlich unter Landesschnitt. Kämmerin Dörte Diemert wollte den bisherigen Satz von 515 Prozent beibehalten, der seit 2012 nicht mehr angehoben wurde. Mit der leichten Erhöhung hätte die Stadt 23 Millionen Euro mehr für ihren Haushalt zur Verfügung gehabt. Doch obwohl der Hebesatz gesenkt wurde, zahlen laut der Stadt 39 Prozent der Kölner mit Eigentum in 2025 über 100 Euro mehr im Jahr als bisher. Die Einnahmen in der städtischen Kasse indes bleiben aufgrund der Reform gleich. Auch wenn viele jetzt deutlich mehr zahlen müssen, bleibt die Steuerlast auf die ganze Stadt gerechnet gleich, sie wird nur anders verteilt.
Reform der Grundsteuer sorgt für höhere Rechnungen
Das betont auch der Städte- und Gemeindebund: Dass die Steuerlast für Wohngrundstücke vielfach teurer werde, sei keine Entscheidung der Städte und Gemeinden, sondern „eine unmittelbare Folge der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Neubewertung und des vom Land Nordrhein-Westfalen gewählten Bundesmodells“. Viele Städte und Gemeinden würden sogar trotz der vielfach desolaten Haushaltslage auf Einnahmen verzichten, „obwohl sie eigentlich mehr als dringend darauf angewiesen wären“, sagt Sommer.
Die lobenden Worte für Städte und Kommunen kann der Eigentümerverband Haus und Grund indes nicht teilen. NRW habe deutschlandweit im Durchschnitt den höchsten Grundsteuerhebesatz. Und: In 2023 und 2024 hätten unzählige Kommunen kurz vor der Grundsteuerreform die Hebesätze zum Teil massiv angehoben. Das Landesstatistikamt IT NRW hat errechnet, dass mehr als 40 Prozent der Kommunen den Hebesatz der Grundsteuer B zwischen Juni 2023 und Juni 2024 erhöht haben.
„Das haben die Kommunen unter anderem deshalb gemacht, damit sie in 2025 die aufkommensneutralen Hebesätze einführen können“, sagt Thomas Tewes und verweist auf die bevorstehende Kommunalwahl. Also alles Wahltaktik? „Die große Runde der Grundsteuererhöhungen war in 2023 und 2024, wohl wissend, dass in 2025 die aufkommensneutralen Hebesätze erwartet wurden. Daher von verantwortungsvollem Verhalten zu sprechen, ist weit hergeholt und schon sehr gewagt.“
In den kommenden Jahren könnten die Hebesätze weiter steigen
Auch bei der Diskussion um einheitliche oder differenzierte Hebesätze geht die Meinung der Kommunalvertretung und der Eigentümer weit auseinander. Haus und Grund sagt: „Die Kommunen haben vielfach auf die Einführung der differenzierten Hebesätze verzichtet, obwohl das Land NRW ein Gutachten vorgelegt hat, wonach dies rechtlich unbedenklich ist.“
Die Zurückhaltung der Kommunen, von der Option zur Differenzierung bei den Hebesätzen zwischen Wohnen und Gewerbe Gebrauch zu differenzieren, führt der Hauptgeschäftsführer des kommunalen Spitzenverbandes insbesondere auf die unklare Rechtslage zurück. „Die sehr kurzfristig eingeführten Regelungen haben in den Kommunen viel Verunsicherung ausgelöst“, sagt Sommer.
Der Eigentümerverband schätzt, dass die Erhöhungsrunden der vergangenen Jahre in NRW nicht die letzten waren, denn die Kommunen sind „chronisch klamm und müssen perspektivisch die Hebesätze anpassen“. An die Gewerbesteuer würden sie nur „ungern gehen, da sie die Abwanderung der Betriebe fürchten“, sagt Tewes. „Das ist der Fluch der Immobilie, denn die kann man nicht mal schnell unter den Arm nehmen und versetzen. Und genau das wissen die Kommunen.“