Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

HSBC-Chefin von Schmettow„Frauen sollten Partner wählen, der Erfolg unterstützt“

Lesezeit 6 Minuten
Carola v. Schmettow

Carola Gräfin von Schmettow

  1. Carola Gräfin von Schmettow, Jahrgang 1964, leitet seit 2015 HSBC Trinkaus & Burkhardt
  2. HSBC Trinkaus & Burkhardt ist Teil der HSBC-Gruppe, eines der größten Finanzinstitute der Welt.
  3. Von Schmettow ist verheiratet und hat fünf Kinder.

Wenn Sie das Wesen von HSBC Trinkaus & Burkhardt beschreiben – ist es eher die traditionsreiche Privatbank oder doch eher die internationale Geschäftsbank?

Wir verstehen uns als HSBC Deutschland. Die Privatbank ist unsere Herkunft. Aber entscheidend ist, wie uns unsere Kunden sehen. Und sie nehmen uns als deutsche, aber eben auch große internationale Bank wahr mit Sitz in 66 Ländern, die ihnen die Möglichkeit gibt, in der ganzen Welt Geschäfte zu betreiben und damit ihr Wachstum zu unterstützen, Stichwort Exportüberschussweltmeister Deutschland. Ein weiterer Teil unserer DNA ist die Nähe zum Kunden, die auf der Tradition als Privatbank gründet. Und der dritte Aspekt ist unsere Technologiekompetenz. Wir sind eine Plattform für Wertpapierdienstleistungen. So sind wir etwa Deutschlands größter Wertpapierabwickler und übernehmen 2020 auch die Wertpapierabwicklung der Commerzbank. In der Wertpapierverwahrung zählen wir mit einem Volumen von rund 550 Milliarden Euro zu den drei größten Anbietern in Deutschland.

Hat es auch Nachteile, Tochter einer so mächtigen Mutter zu sein – etwa was den eigenen Gestaltungsspielraum anbetrifft?

Dass ein großer Konzern auch Regeln mit sich bringt, ist klar. Aber für unsere Aufstellung brauchen wir eine große Mutter. Wir sind eine der kapitalstärksten Banken und das verschafft uns in allen Lagen ein gutes Vertrauen. Und wir wachsen bei Marktanteilen und Mitarbeitern, mittlerweile sind wir 3100. Welche Bank kann das heute noch von sich behaupten?

Seit einigen Jahren steht der Mittelstand für HSBC stärker im Fokus. Dieses Segment haben auch andere Banken für sich entdeckt. Wie scharf ist der Wettbewerb?

Wir sind Wettbewerb gewohnt. Unsere Wurzeln reichen über 233 Jahre zurück. Wir haben schon im 19. Jahrhundert das Wachstum in der Region finanziert. Wir haben also schon immer den Mittelstand betreut und einige Kundenbeziehungen existieren seit mehr als hundert Jahren. Sicher ist das ein hart umkämpftes Segment. Und die Margen im Brot- und Butter-Kredit-Geschäft sind hierzulande nicht auskömmlich. Aber wir sehen es als Eingangstor für eine vertiefte Beziehung zum Kunden, um sie dann etwa auch bei Geschäften im Ausland zu beraten und sie mit weiteren Dienstleistungen zu unterstützen.

Denken Sie angesichts des Niedrigzinsumfelds über Negativzinsen für Privatkunden nach?

Nein. Bei einem großen zweistelligen Millionenvermögen sollte man vielleicht mit dem Kunden sprechen. Ich halte Strafzinsen auf Privatvermögen im deutschen Markt aber grundsätzlich für nicht durchsetzbar. Das widerspricht der deutschen Sparmentalität.

Eine Zinswende von Seiten der Europäischen Zentralbank ist nicht in Sicht. Halten Sie diesen Kurs noch für angemessen?

Die Politik der EZB war bislang erfolgreich. Derzeit passt das Wachstum aber nicht mehr zu der ultralockeren Geldpolitik. In den USA werden die Zinsen erhöht, die EZB wartet derzeit noch ab. Für eine Zinswende braucht es eine gute Kommunikation im Vorfeld, damit sich alle vorbereiten können. Das darf nicht zu abrupt geschehen – die Auswirkungen auf die Konjunktur und die Märkte wären verheerend.

Das Vertrauen vieler Menschen in das Bankensystem hat seit der Krise 2008 sehr gelitten. Wurden die richtige Lehren gezogen?

Die Banken sind heute deutlich sicherer, das Eigenkapital höher, die Risiken sind identifiziert. In Europa gibt es in der Bankenlandschaft immer noch viele nationale Ausprägungen. Deshalb ist es richtig, dass die EZB ihre Risiken nach einheitlichen Kriterien misst. Aber ist das Schiff unsinkbar? Die Frage kann man nicht beantworten. Wir haben aber auf jeden Fall bessere Instrumente, schlagkräftigere Mechanismen, und die Kommunikation zwischen den Notenbanken hat sich deutlich verbessert.

Auch das Image des Bankers war schwer angeschlagen...

Der Vertrauensverlust im Zuge der Krise war enorm und die Schelte massiv. Interessanterweise zeigen Umfragen, dass die Kunden ihrem persönlichen Bankberater zu 95 Prozent vertrauen. Ist das Vertrauen in die Branche insgesamt wiederhergestellt? Nein. Aber es kehrt langsam zurück.

Auch die HSBC hat für Schlagzeilen gesorgt: Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Terrorismusfinanzierung. Welche Maßnahmen wurden ergriffen?

Wenn irgendwo auf der Welt ein Terroranschlag passiert, wollen wir sicher sein, dass keiner der Verdächtigen ein Konto bei der HSBC hat. Deshalb durchleuchten wir unsere Kunden und die Kunden unserer Kunden.

Wie funktioniert das konkret?

Wenn wir bei einem Unternehmen Auffälligkeiten sehen, wie ungewöhnlich große Lieferungen in kleine Volkswirtschaften, etwa nach Dubai, überprüfen wir die Verflechtungen, denn es besteht der Verdacht, dass die Produkte von dort aus in Länder, die Sanktionen unterliegen, weitergeliefert werden. Wir fragen dann nach. Gleiches gilt für Auffälligkeiten bei Geldtransaktionen weltweit. Das ist ein sehr aufwendiger Prozess des Monitorings, bei dem auch Mitarbeiter mit Erfahrung in der Kriminalitätsbekämpfung eingebunden sind.

Ihr Haus setzt stark auf das Thema Nachhaltigkeit. Hebel, um das Image zu verbessern oder künftiges Wachstumsfeld?

Banken haben eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Die größten wirtschaftlichen Risiken weltweit liegen längst nicht nur in der Geopolitik oder in Handelskriegen, sondern im Klimawandel. Dieses Thema ist für die Menschheit essenziell. Also richten auch wir uns danach aus, in der Kreditvergabe wie auch im Risikomanagement. Wir finanzieren beispielsweise keine Kohlekraftwerke mehr in Deutschland, weil das Geschäftsmodell keine Zukunft mehr hat und damit das Ertragsfeld wegbricht.

Jüngst wurde 100 Jahre Frauenwahlrecht gefeiert. Wo stehen wir in Deutschland in Fragen der Gleichberechtigung?

Wir haben eine wunderbar ausgebildete Generation von jungen Frauen, die auch in einem großen Selbstverständnis aufgewachsen sind, sich nicht mehr jeden Punkt mühsam zu erkämpfen und die damit mit einer ganz anderen inneren Freiheit in ihre Berufstätigkeit gehen. Diese Frauen müssen etwas daraus machen, denn sie haben die besten Ausgangschancen. Und sie müssen sich Dinge nehmen.

Welchen Rat würden Sie Frauen noch mit auf den Weg geben?

Frauen sollten sich beruflich stärker dort positionieren, wo Gewinn für das Unternehmen erwirtschaftet wird und der Erfolg damit messbar ist, also im Vertrieb oder in der Produktion. Und sie sollten sich vor Augen führen, dass sie einen Partner wählen, der den beruflichen Erfolg unterstützt. Wenn man zu Hause immer gegen Widerstände ankämpfen muss, ist das auf Dauer sehr anstrengend. Aber man muss auch wissen, dass man für den beruflichen Aufstieg immer einen Preis zahlt. Man kann nicht alles haben.

Viele Frauen beklagen die berühmte gläserne Decke, durch die an die Spitze durchzustoßen oft unmöglich ist…

Ich halte es deshalb für wichtig, dass sich Frauen nicht nur mit Frauen vernetzen, sondern auch mit Männern. Aber es bleibt insgesamt natürlich noch viel zu tun. Die Debatte über eine Quote schärft den Fokus auf gleiche Bezahlung und gleiche Karrierechancen. Die Quote allein kann es aber nicht richten. Es kommt auch auf die innere Einstellung an, und von alleine geht es nicht.

Zur Person

Carola Gräfin von Schmettow, Jahrgang 1964, studierte nach dem Abitur Mathematik in Düsseldorf. Parallel dazu studierte sie an der Robert-Schumann-Hochschule Gesang (Alt). Seit 1992 arbeitete sie in verschiedenen Positionen für HSBC Trinkaus & Burkhardt. Seit 2006 ist sie Mitglied des Vorstandes, den sie seit 2015 leitet. Sie ist mit Johannes von Schmettow verheiratet und hat fünf Kinder.

HSBC Trinkaus & Burkhardt ist Teil der HSBC-Gruppe, eines der größten Finanzinstitute der Welt, das in 66 Ländern vertreten ist. Kunden sind Unternehmen, institutionelle Anleger, der öffentliche Sektor sowie vermögende Privatkunden. Trinkaus und Burkhardt wurde 1785 gegründet, 1992 wurde die Bank von der HSBC übernommen. Sie beschäftigt in Düsseldorf und an elf weiteren Standorten 3100 Mitarbeiter. (cos)