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Iberogast könnte Tod verursacht habenErmittlungen gegen Ex-Bayer-Mitarbeiter

Lesezeit 3 Minuten
Iberogast

Über die Risiken von Iberogast wird schon länger gestritten.

  1. 2018 starb eine 56-jährige Patientin an Komplikationen einer Lebertransplantation. Nun wird geprüft, ob Iberogast dafür verantwortlich war und Sorgfaltspflichten verletzt wurden.
  2. Schon lange wurde über die Risiken des Mittels gestritten. Nun steht die Frage im Raum, ob Bayer-Angestellte ihre Sorgfaltspflichten verletzt haben.
  3. Bayer hat die Rezeptur nun angepasst, ein Ende für den fraglichen Inhaltsstoff bedeutet das aber keineswegs.

Köln/Leverkusen – Zwei Jahre nach einem Todesfall in Verbindung mit dem Magen-Darm-Arzneimittel Iberogast ermittelt die Staatsanwaltschaft Köln gegen zwei ehemalige Bayer-Mitarbeiter. Die Behörde prüfe einen Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung in einem Fall sowie der fahrlässigen Körperverletzung in zehn Fällen gegen die beiden vormaligen Verantwortlichen der Bayer Vital mit Sitz in Leverkusen, sagte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer am Mittwoch.

Ermittelt werde, ob die beiden Verdächtigen ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachkamen und in dem Beipackzettel des Medikaments kein Warnhinweis auf mögliche Leberschädigungen gedruckt wurde. Ebenfalls wird geprüft, ob Konsumenten ursächlich durch die Einnahme der Arznei gesundheitliche Schäden erlitten hätten. Die Ermittlungen würden noch „geraume Zeit in Anspruch nehmen“, hieß es von der Staatsanwaltschaft.

Patientin starb im Klinikum

Hintergrund ist der Fall einer 56-jährigen Patientin, die 2018 möglicherweise durch die Einnahme von Iberogast an Leberbeschwerden gelitten hatte und 2018 an den Komplikationen einer aufwendigen Lebertransplantation in der Leipziger Uniklinik starb.

Eine Bayer-Vital-Sprecherin sagte auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“, das Unternehmen stehe in Kontakt mit den zuständigen Behörden: „Wir bitten um Verständnis, dass wir zu laufenden rechtlichen Verfahren keine weiteren Angaben machen.“

Das pflanzliche Arzneimittel Iberogast ist seit sechs Jahrzehnten auf dem Markt. Ins Bayer-Portfolio kam es 2013, als der Pharmakonzern Steigerwald, einen Darmstädter Spezialisten für Pflanzenarzneien, übernahm. Für die Leverkusener ist es ein Bestseller im Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten. Nach Bekanntwerden des Todesfalls, der nun die Ermittlungen nach sich zieht, waren die Absätze des Pflanzenmedikamentes jedoch im hohen einstelligen Bereich rückläufig.

Bayer äußert sich nicht zur Höhe des Umsatzes mit Iberogast, nach Informationen des Pharma-Branchendienstes Insight Health betrug er 2018 etwa 120 Millionen Euro. Das wären laut Geschäftsbericht 2018 etwas mehr als zwei Prozent der Erlöse in diesem Konzernsegment.

Streit dauert schon lange an

Deutlich länger gibt es allerdings schon einen Streit über die Risiken von Leberschädigungen bei Schwangeren und stillenden Müttern bei der Einnahme von Iberogast: Bereits 2008 hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Warnhinweise in der Packungsbeilage gefordert. Grund waren mögliche Nebenwirkungen des Inhaltsstoffes Schöllkraut, das neben Melisse und Kamille in dem Präparat enthalten ist. In 50 Fällen war damals ein Zusammenhang zwischen Leberschäden und Schöllkraut vermutet worden, die aber auch anderen Arzneimitteln zuzuordnen waren.

Steigerwald wurde daher verpflichtet, in der Packungsbeilage vor Risiken zu warnen. Doch der Konzern ging erfolgreich juristisch gegen die Entscheidung des BfArM vor. Erst 2018, nach jahrelangem Rechtsstreit und nach der Übernahme durch Bayer, wurde die Warnung verpflichtend. Bis dahin warnte der Beipackzettel nur vor anderen Nebenwirkungen wie Hautausschlag, Juckreiz oder Atembeschwerden.

Im Oktober bringt Bayer nun unter dem Namen Advance eine Iberogast-Variante ohne Schöllkraut auf den Markt und passt das Verpackungsdesign an.