Mathias Düsterdick steht im Zentrum des insolventen Projektentwicklers Gerchgroup (Lauenz-Carré). Der unstudierte Selfmade-Millionär hat an Selbstbewusstsein nicht eingebüßt.
Immobilien-InsolvenzenDer selbstbewusste Gerchgroup-Chef
Der Immobilienmarkt steckt in der Krise. Die gestiegenen Rohstoffpreise und die hohen Zinsen für Kredite belasten besonders den Bau. Doch damit sind nicht nur mittelständische Betriebe und große Bauunternehmen im Schlamassel. Auch Projektentwicklern gehen schlagartig die Aufträge aus. So rutschten Mitte August mit Development Partner, der Project-Gruppe und Euroboden gleich drei Projektentwickler in die Insolvenz.
Und nur wenige Tage drauf kam die nächste Pleite, diesmal mit großer Relevanz für Köln. Die vier Holdinggesellschaften des Düsseldorfer Projektentwicklers Gerchgroup stellten Antrag auf Insolvenz. Zu deren Leuchtturm-Baustellen gehört das Laurenz-Carré, ein gemischter Komplex angrenzend an die Domplatte - viel prominenter kann man in Köln nicht bauen. Anfangs war die Stadt noch optimistisch, dass der Bau weitergeht. Inzwischen aber steht auf der Baustelle alles still.
Ungewöhnlich für ein grade anlaufendes Insolvenzverfahren: Der Chef der Gerchgroup, Mathias Düsterdick, stellte sich nur vier Tage nach dem Gang zum Amtsgericht der Presse. Nicht in einem stillen Ort am Ende der Welt, sondern in der eigenen, äußerst chicen Firmenzentrale am Gustaf-Gründgens-Platz im Herzen Düsseldorfs.
Pressekonferenz wie in guten Zeiten
Auf dem Tisch standen für die versammelten deutschen Medienvertreter Laugenbrezeln, der Kaffee wurde in feinen weißen Porzellantassen serviert, so stellt man sich eine insolvente Firma nicht unbedingt vor. Düsterdick präsentierte sich selbstbewusst, wie man ihn seit langem kennt. Anzug mit Einstecktuch, teure Armbanduhr, keine Krawatte, ein Makler wie in besten Zeiten.
Flankiert wurde Düsterdick zwar von einem Sachwalter und einem Restrukturierer. Doch Düsterdick sprach als Erster und als Letzter. Der Sachwalter, ein anderes Wort für Insolvenzverwalter, hatte klar den kürzeren Redeanteil. Nach kurzer Erläuterung der Pleite-Gründe drehte der Gerchgroup-Chef auf, als wäre fast nichts geschehen.
Die Bauprojekte würden fortgeführt. Die Krise am Immobilienmarkt wurde wie eine Zeiterscheinung verkauft, die wieder verfliegt. „Wenn die Zinsen wieder sinken, kommen auch die Investoren wieder. Und bis dahin steigen die Mieten weiter, deswegen lohnen sich die Projekte auch“, sagte Mathias Düsterdick. Ganz schon optimistisch wenn man bedenkt, dass bei der Gerchgroup aktuell Projekte im Volumen von satten vier Milliarden Euro im Feuer stehen und die ganze Branche wankt.
Wer ist dieser Mathias Düsterdick und woher nimmt er seinen Optimismus? Außerhalb des Pressegesprächs wollte er keine Fragen beantworten. Aber Düsterdick ist seit Jahren ein alter Bekannter in der Immobilien-Welt.
Die renommierte „Immobilienzeitung“ hat ihn genau vor sechs Jahren einmal porträtiert unter der Überschrift: „Gestatten, Immobilienhai Mathias Düsterdick“. Der hat eine ungewöhnliche Karriere hinter sich. Er ist weder gelernter Immobilienkaufmann, noch hat er studiert. Düsterdick hatte gar nichts mit Immobilien am Hut, als er mit Anfang 20 zufällig in die Immobilienbranche rutschte. Eine Freundin bat ihn, ihrem Vater auf die Finger zu sehen.
Dann begann sehr schnell die steile Karriere des gelernten Werbekaufmanns. Dass er nicht studiert hat, war tatsächlich lange ein Stachel im Fleisch des sonst so selbstbewussten Mathias Düsterdick: „Ich habe jahrelang darunter gelitten“, sagte er einmal im Interview mit der Immobilienzeitung. In seinem Lebenslauf steht „Kaufmann“.
Zum Immobilienhai ohne Studium
Der Anfang 20-Jährige startete Ende der 1980er Jahre seine Maklerkarriere und vermittelte Gewerbeflächen. Das lief bestens. Nach nur einem Jahr soll er bereits eine Million Mark an Umsatz gemacht haben, sagte Düsterdick einmal. Seine erste Position mit 21 bei dem Frankfurter Immobilienunternehmen bezeichnet er selbst als „Vertriebsleiter“.
Selbstbewusst zeigt sich auch Düsterdicks Lebenslauf auf der Homepage der Gerchgroup. „Sein beruflicher Werdegang führte Düsterdick - immer auf der Führungsebene - zunächst in Immobilien- und Beratungsunternehmen, dann ab 1996 in der Immobilienprojektentwicklung von Frankfurt über Stuttgart und München nach Düsseldorf“, heißt es darin wörtlich.
2008 gründet er mit seinem Geschäftspartner Christoph Hüttemann die PDI-Gruppe, die ebenfalls Immobilien entwickelt. 2015 verkaufen beide ihre Anteile und gründen Gerch Development bzw. kurze Zeit später die Gerchgroup, die nun insolvent ist.
Sein Privatleben schirmt Düsterdick, gebürtiger Berliner und Vater von drei Kindern ab. Er lebt im noblen Düsseldorfer Stadtteil Oberkassel, das Haus soll luxuriös bis extravagant sein. Zum Geburtstag eines Kindes soll Düsterdick Maklerkreisen zufolge auch mal den Privatjet nehmen. Die Zentrale der Gerchgroup gibt einen Einblick in Düsterdicks Geschmack. Es gibt einen begehbaren Weinkühlschrank und zeitweise soll es einen eigenen Koch gegeben haben.
1800 Quadratmeter Büros in Düsseldorfs bester Lage, dazu 700 Quadratmeter Terrassen. Erst vor weniger als einem Jahr wurde es mit viel Tamtam eröffnet. Eigentümer ist die Centrum-Gruppe. Diese ist inzwischen ebenfalls insolvent. Dessen Inhaber ist Uwe Reppegather. Der bürgte in vielen Fällen selbst fürs Geschäft und musste deswegen inzwischen Privatinsolvenz anmelden.
Das will Düsterdick nicht. Auf die Frage eines Journalisten, ob er wegen der Insolvenz der Gerchgroup auch privates Geld einschießen werde, etwa um Handwerker oder andere Mittelständler zu retten, antwortete Mathias Düsterdick denkbar knapp: „Nein“.