Kölner UnternehmenTüv will nach Restrukturierung wieder Stellen aufbauen
Köln – Um häufige Arbeitsunfälle mit der damals neuen Technologie der Dampfkessel zu verhindern, wurde 1872 der Dampfkesselüberwachungsverein (Düv) gegründet. Textilfabrikanten schlossen sich in der Industrieregion Wuppertal zusammen, um die Kessel von Ingenieure des Vereins unabhängig prüfen zu lassen.
Heute ist der daraus hervorgegangene Tüv Rheinland, der in diesem Jahr sein 150-jähriges Jubiläum feiert, eines der größten deutschen Prüfungsunternehmen und global aufgestellt. Die bekannteste Dienstleistung ist nach wie vor die Hauptuntersuchung (HU) von Pkw, aber die Zahl der Geschäftsfelder hat sich im Laufe der Jahre deutlich erweitert. Heute prüft der Tüv Spielzeug, Bekleidung und Kosmetika, bietet Schulungen und IT-Sicherheit an und zertifiziert Managementsysteme.
Rekordjahr für den TÜV
Das vergangene Jahr sei für das Unternehmen mit Sitz in Köln ein Rekordjahr gewesen, sagte Konzernchef Michael Fübi auf der virtuellen Bilanzpressekonferenz. „Der positive Jahresabschluss gibt uns zusätzlichen Spielraum für Investitionen in unsere Zukunft und weiteres Wachstum“, so Fübi. So legte der Umsatz 2021 im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent auf 2,1 Milliarden Euro zu. Das Betriebsergebnis (Ebit) lag laut Finanzvorstand Philipp Kortüm bei 157,8 Millionen Euro.
2020 war das Ebit leicht negativ. Fübi begründete dies unter anderem mit Rückstellungen von 90 Millionen Euro, die das Unternehmen wegen des Skandals um Brustimplantate tätigen musste. 2010 gelangten Fälle von Frauen, die gesundheitsschädliche Implantate des französischen Herstellers Poly Implant (PIP) trugen, an die Öffentlichkeit. Der Tüv Rheinland hatte die Kissen zuvor zertifiziert. Nach Aussagen von Fübi dauern die Rechtsstreitigkeiten noch an.
Produktprüfungen legen zu
Mit Blick auf die verschiedenen Geschäftsfelder lieferten Produktprüfungen den größten Beitrag in Höhe von 604,1 Millionen Euro zum Gesamtumsatz, eine Steigerung von 8,5 Prozent.
Die Umsatzentwicklung im Bereich Mobilität war nach wie vor von der Corona-Pandemie geprägt. Dennoch verbesserte der Geschäftsbereich seinen Umsatz um 7,5 Prozent auf 595,4 Millionen Euro. Aufgrund der weltweiten Lieferschwierigkeiten und den damit verbundenen Produktionsengpässe der Autobauer lief es bei Fahrzeuggutachten und Fahrzeugzulassungsdienstleistungen schleppender.
Etwas mehr als die Hälfte des Umsatzes machte der Tüv in Deutschland, wo der Erlös um 56,7 Millionen Euro auf rund 1,1 Milliarden Euro stieg. Außerhalb Deutschlands erreichte der Umsatz 997,5 Millionen Euro im Vergleich zu 916,8 Millionen Euro im Jahr 2020. Den größten Anteil des internationalen Geschäfts machte unverändert die Region Greater China aus, die 19,5 Prozent zum Gesamtumsatz des Konzerns beisteuerte. Die meisten Regionen verzeichneten 2021 ein teils deutliches Umsatzwachstum von bis zu 25 Prozent. Leichte Umsatzrückgänge gab es nur in den Regionen Nordamerika und Asien-Pazifik.
Rückzug aus Russland
Aus Russland hat sich das Kölner Unternehmen seit Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine vollständig zurückgezogen. Der Umsatz eines kleinen Möbel-Prüflabors sei mit weniger als einer Million Euro vernachlässigbar, sagte Fübi. Auch nach dem Krieg wolle man nicht nach Russland zurückkehren.
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Das umfassende Restrukturierungsprogramm des Konzerns ist mittlerweile abgeschlossen. Der Tüv Rheinland hat weltweit 20.241 Vollzeitstellen, davon 8486 in Deutschland. Insgesamt sank die Beschäftigtenzahl im vergangenen Jahr um etwa zwei Prozent. Volatilität bei der Beschäftigung erklärte Fübi auch mit projektbezogenen befristeten Arbeitsverhältnissen. Nun wolle man wieder mehr Jobs aufbauen. „Wir haben aktuell über 900 Stellen in Deutschland offen“, sagte Fübi.