Neustart planenWann lohnt sich ein Jobwechsel?
Wer unzufrieden in seinem Job ist und einen Neuanfang plant, muss vieles bedenken: Wohin könnte der Wechsel führen? Wird dort wirklich alles besser? Was könnte schiefgehen? „Solche Veränderungsprozesse können Angst machen, das schützt ein Stück weit auch vor Selbstüberschätzung“, sagt Ellen Pachabeyan, Psychologin und Business-Coach aus Berlin. Entscheidend sei, sich davon nicht lähmen zu lassen. „Es geht darum, aus der Opferrolle herauszukommen, indem man aktiv wird, sich informiert und sich Klarheit verschafft.“
1. Selbstbewusstsein stärken
Beim Thema Angst spielen Persönlichkeit und bisherige Erfahrungen eine große Rolle. Wer eher der sorgenvolle Typ ist und schon schlechte Erfahrungen gemacht hat, nimmt die Gefahren und Probleme stärker wahr als die Chancen.
Expertentipp: Coach Pachabeyan empfiehlt, sich die eigenen Stärken bewusstzumachen. „Ich würde mir überlegen, welche Fähigkeiten und Kompetenzen ich entwickelt habe - nicht nur im Beruf, sondern auch in anderen Lebensbereichen.“ Nützlich sei außerdem ein Blick in die Vergangenheit: Wer schon früher starke Veränderungen bewältigt hat, kann aus dieser Erfahrung Selbstvertrauen schöpfen. Dabei sollten Wechselwillige ihre Schwächen nicht unter den Tisch kehren, sondern überprüfen, wie sie ihren Marktwert erhöhen können.
2. Realität überprüfen
Nicht immer spielen sich Ängste nur im Kopf ab. Auf dem Arbeitsmarkt geht es um harte Fakten, um Angebot und Nachfrage. „Manche Bewerber machen sich unnötig viele Sorgen, andere machen sich zu wenige und landen in einem miesen Job oder in der Arbeitslosigkeit“, sagt Christoph Burger, Psychologe und Karriereberater aus Herrenberg bei Stuttgart.
Expertentipp: Wer den Job wechseln will, sollte sich über den Arbeitsmarkt informieren, nicht nur über freie Stellen, sondern auch über deren Qualität. „Ein großes Jobangebot kann auch durch hohe Fluktuation aufgrund schlechter Arbeitsbedingungen entstehen.“ Auf ansprechende Stellenanzeigen sollten sich Bewerber daher nicht verlassen, sondern gründlich recherchieren, rät Burger. „Dann merke ich sehr schnell, ob meine Ängste begründet sind.“
3. Risiken und Chancen abwägen
Riskant kann es sein, zu lange an einem Arbeitsplatz festzuhalten. Eine jahrelange Festanstellung biete kaum noch Sicherheit, warnt Burger. Im Gegenteil: Wer niemals von sich aus wechselt, wirke unflexibel. Das verringere die Chancen am Arbeitsmarkt.
Expertentipp: „Karriere macht nur, wer planvoll wechselt und nicht irgendwann dazu gezwungen wird“, sagt Burger. Studien zeigen, dass gezielte Jobwechsel häufig zu Gehaltssteigerungen führen. „Wer sich aus einer ungekündigten Stellung heraus bewirbt, stärkt seine Verhandlungsposition.“
4. Über Gehaltsvorstellung nachdenken
Wenn Mitarbeiter beim Jobwechsel ein geringeres Gehalt akzeptieren, sind häufig Probleme mit dem aktuellen Arbeitgeber die Ursache. Unter diesem Druck sind Arbeitnehmer zu Kompromissen bereit, die sich am Ende nicht auszahlen. „Darum ist es wichtig vorher zu prüfen, ob die neue Arbeitsstelle tatsächlich jene Qualitäten besitzt, die man bei der jetzigen vermisst“, erklärt Christoph Burger. So erwecken manche Unternehmen durch geschickte Stellenausschreibungen den Eindruck, dass der Lohnabschlag durch andere Vorzüge ausgeglichen würde - das ist jedoch nicht immer der Fall.
Expertentipp: „Durch Recherche auf digitalen Kanälen wie dem Karriereportal Xing oder die Arbeitgeber-Bewertungsplattform Kununu ergibt sich schnell ein realistisches Bild“, so der Karriereberater. Eine andere Möglichkeit sei die Kontaktaufnahme zu den künftigen Kollegen: Machen sie trotz geringeren Gehalts einen zufriedeneren Eindruck als die aktuellen, sei ein Wechsel vielleicht wirklich der richtige Weg zu mehr Zufriedenheit.
Dennoch sollten die Arbeitnehmer den Gehaltsvorschlag des künftigen Arbeitgebers nicht ohne Verhandlung akzeptieren. „Dabei ist es wichtig, einerseits möglichst vielfältige Vorschläge zu machen und andererseits zu wissen, worauf es einem selbst ankommt“, erklärt Burger. Mögliche Angebote sind etwa ein Dienstwagen, eine betriebliche Altersrente, die Übernahme von Weiterbildungskosten oder Tage im Homeoffice sowie das Arbeiten von unterwegs. „Seien Sie auch offen für die Vorschläge des Unternehmens. Aber entscheiden Sie vor allem nach Ihren eigenen Wertvorstellungen.“
Reden sich die Arbeitnehmer den Jobwechsel schön, weil sie den Druck beim aktuellen Unternehmen nicht mehr aushalten, dann folgt das böse Erwachen meist bereits nach wenigen Monaten. „Wenn die finanzielle Einbuße nicht durch eine generelle Verbesserung der Arbeitssituation versüßt wird, ist das besonders bitter“, sagt Burger. Darum sollten Wechselwillige ihre Entscheidung gut abwägen.
An erster Stelle steht der Kassensturz: Deckt der neue Job trotz Einbußen die Lebenshaltungs-, Altersvorsorge- und Gesundheitsvorsorgekosten? Sind Urlaube und Sonderanschaffungen wie ein neuer Kühlschrank oder eine Hobbyausrüstung noch drin? „Hier geht kühles Kalkulieren eindeutig vor Bauchgefühl“, betont Burger. Denn wer seinen Lebensstandard deutlich absenken muss, wird sich bestimmt nicht besser fühlen.
5. Die Zukunft visualisieren
Wer an Veränderungen denkt, hat dabei meist ein Ziel im Kopf - doch nicht unbedingt auch vor Augen. Stattdessen malen sich viele Menschen genau aus, was alles passieren kann.
Expertentipp: Wenn Katastrophenfantasien hochkommen, sollten Betroffene das konsequent durchspielen, rät Pachabeyan. „Was könnte schlimmstenfalls passieren - und was kommt danach? Dann merkt man meistens, dass das Leben auch dann weitergeht.“ Eine andere Möglichkeit sei es, sich die Wunschzukunft auszumalen, empfiehlt Karriereberaterin und Autorin Cornelia Topf aus Augsburg: „Wer das Positive vor seinem inneren Auge visualisiert, all die Vorteile, die das Neue bringen kann, verringert die inneren Ängste.“
6. Keine Angst vor Rückschlägen
Selbst unzufriedenen Arbeitnehmern fällt die Trennung vom alten Job oft schwer. Denn noch bieten die ungeliebten Aufgaben und Strukturen ein gewisses Maß an Routine und Sicherheit. „Bewerber machen sich oft Sorgen, wie sie am neuen Arbeitsplatz aufgenommen werden und ob sie mit den neuen Abläufen und Aufgaben zurechtkommen“, berichtet Topf.
Expertentipp: Dabei bedeute so ein Wechsel nicht das Ende, sagt Topf. „Ich verkaufe ja nicht meine Seele.“ Vielmehr bringe jede Veränderung neue Kontakte und Chancen mit sich. „Es kommt sogar vor, dass jemand später wieder bei seinem früheren Arbeitgeber anfängt und dort mit den neuen Erfahrungen eine interessantere Aufgabe bekommt.“ Umso wichtiger sei es, vor dem Wechsel einen guten Abschluss zu schaffen. „So bleibe ich dort in guter Erinnerung. Und außerdem hilft es dabei, innerlich loszulassen.“ (dpa/gs)
Buchtipps:
Christoph Burger: Karriere ohne Schleimspur - Wie Sie Charakter zeigen und trotzdem Erfolg haben (Linde Verlag)
Cornelia Topf: Souverän! Wie Sie stark auftreten - auch wenn Sie sich nicht wirklich so fühlen (Kösel-Verlag)