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Kaufhof-Betriebsratschef Zysik„Die haben den Laden wirklich vor die Wand gefahren“

Lesezeit 4 Minuten
Peter Zysik

Gesamtbetriebsratschef Peter Zysik

  1. Die Mitarbeiter des angeschlagenen Warenhauskonzerns Galeria Kaufhof müssen sich auf gravierende Einschnitte einstellen. Die Verunsicherung unter den Mitarbeitern ist groß, die Stimmung am Boden.
  2. Kaufhof-Betriebsratschef Peter Zysik kündigt harte Verhandlungen an – und wirft dem kanadischen Eigentümer HBC schwerste handwerkliche Fehler vor.

Herr Zysik, vor rund einer Woche hat die Geschäftsführung ihre Pläne für das neue Gemeinschaftsunternehmen Karstadt/Kaufhof vorgestellt. 2600 Vollzeitstellen sollen abgebaut werden. Betroffen sind vermutlich 5000 Mitarbeiter, viele davon in Teilzeit. Wie tief sitzt der Schock in der Belegschaft?Unter den Mitarbeitern ist die Verunsicherung sehr groß, es sind viele Tränen geflossen. Die Stimmung ist seit letzter Woche auf dem Nullpunkt. Kaufhof war viele Jahre auch deshalb so erfolgreich, weil nicht nur die Ergebnisse stimmten, sondern weil das Unternehmen ein guter und verlässlicher Arbeitgeber war. Bei den Mitarbeitern schlug bislang immer ein grünes Kaufhof-Herz – bislang...

Sie haben harten Widerstand gegen die Pläne angekündigt. Drohen demnächst Streiks?

Dazu können nur die Gewerkschaften aufrufen. Aber es ist ein erprobtes Mittel, um Interessen zu vertreten. Was jetzt schon klar ist, es werden harte Verhandlungen, auch weil der größte Teil der Stellenstreichungen Kaufhof-Mitarbeiter betreffen wird. Wir werden alles ausschöpfen, was das Betriebsverfassungsgesetz uns an Möglichkeiten bietet, um die Einschnitte zu verhindern, oder zumindest abzufedern.

Die Geschäftsführung hat angekündigt, aus dem Tarifvertrag auszusteigen. Bei Karstadt ist das schon geschehen. Welche Auswirkungen erwarten Sie auf die Gehälter sowie Weihnachts- und Urlaubsgeld?

Weder die Gewerkschaft noch wir als Betriebsräte haben bislang konkrete Vorschläge gesehen. Von den Plänen zum Ausstieg aus der Tarifbindung haben wir aus der Presse erfahren. Eine Verkäuferin, die jetzt noch 2500 Euro brutto verdient, würde nach Karstadt-Konditionen rund 300 Euro weniger im Portemonnaie haben. Wir hoffen, dass der Arbeitgeber sich seiner sozialen und gesellschaftlichen Verantwortung bewusst ist. Bei einem Kahlschlag könnten viele von ihrem Job vielleicht nicht mehr leben oder wären von Altersarmut bedroht.

Karstadt/Kaufhof-Chef Stephan Fanderl hat das Sparprogramm damit begründet, dass Kaufhof sonst „nicht überlebensfähig“ sei. Teilen Sie diese Einschätzung?

Das werden wir erstmal von unserer Seite von Experten überprüfen lassen, ob es wirklich so schlimm ist, wie von der Geschäftsführung behauptet.

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Peter Zysik wirft HBC  eine ruinöse Rabattpolitik vor.

Aber dass Kaufhof Verluste macht, wohingegen Karstadt nach hartem Sanierungskurs wieder in der Gewinnzone angekommen ist, ist doch erwiesen?

Man sollte das etwas differenzierter betrachten. Karstadt hat im vergangenen Jahr gerade mal ein kleines operatives Plus geschrieben und das nach Jahren des Stellenabbaus und tiefer Einschnitte, vor allem bei der Bezahlung der Belegschaft. Nur ein kleines, unvorhergesehenes Ereignis, wie etwa ein Wasserschaden in einer Filiale, die dann für ein paar Tage schließen muss, und es hätte keinen Gewinn gegeben.

Also sollte alles so bleiben bei Kaufhof wie bisher?

Nein. Unter dem kanadischen Eigentümer HBC wurden in den vergangenen drei Jahren die schwersten handwerklichen Fehler in der langen Geschichte von Kaufhof gemacht. Die haben den Laden wirklich vor die Wand gefahren. Und ja, so wäre Kaufhof in Zukunft vielleicht wirklich nicht überlebensfähig. Was mich aber stört ist, dass so getan wird, als ob wir immer alles falsch gemacht hätten. Vor HBC unter der Führung von Metro war Kaufhof profitabel.

Welche Fehler wurden denn von HBC genau gemacht?

Es wurde eine ruinöse Rabattpolitik betrieben. Zeitweise konnte man den Eindruck haben, Kaufhof verkauft nichts mehr ohne Preisnachlass. Außerdem hat HBC die Mieten der meisten Häuser drastisch erhöht. Das ist schwer, bis unmöglich zu erwirtschaften. Und Konzepte wie das Outlet Saks Off 5th waren totale Rohrkrepierer. Schwierig hat sich auch die Untervermietung bester Verkaufsflächen an die Parfümerie Sephora erwiesen. Die lockt zwar Teenager in die Geschäfte, aber die finden dann kein Anschluss-Sortiment. Oder glauben Sie, die kaufen dann ein Topf-Set oder Bettwäsche?

Noch mal zurück zu den Sparplänen. Welchen Weg gehen Sie mit, welchen nicht?

Einen Sparplan werden wir nur unterstützen, wenn es ein schlüssiges Gesamtkonzept gibt. Das fehlt bislang völlig. Nur Sparen und Zusammenlegen reicht nicht. Wir brauchen Lösungen, wie wir wieder mehr Kunden - auch jüngere - in die Geschäfte bekommen und wie wir die Kundenbindung durch gute Beratung stärken und uns so gegen den Online-Handel abgrenzen. Und wir müssen lokale Besonderheiten besser berücksichtigen und dabei endlich das Wissen der Mitarbeiter vor Ort nutzen.

Alle wichtigen Bereiche der Geschäftsführung werden in Essen gebündelt. Ist das das Ende der langen Kaufhof-Tradition in Köln?

Ein Stück weit sicher schon. In der neuen Geschäftsführung sitzen bis auf eine Ausnahme nur noch Karstadt-Manager. Aber wenn man es optimistisch betrachtet, ist neben Gastro- und Outlet mit der Online-Sektion ein Teil in Köln verblieben, der zukunftsweisend und damit wichtig ist.

Hätten Sie sich noch mehr Unterstützung von Seiten der Politik in Köln gewünscht im Kampf um die Zentrale?

Ja, das wäre schön gewesen. Man hatte den Eindruck, dass unser Stellenwert nicht nur hier in der Stadt, sondern auch bei der Politik im Land nicht besonders hoch ist. Die Stadt Essen hat da offenbar deutlich mehr Gas gegeben. Insgesamt wünsche ich mir von der Politik auf allen Ebenen mehr Unterstützung zur Stärkung des innerstädtischen Einzelhandels.