Ein lange erwarteter Homeoffice-Effekt bleibt kurioserweise fast völlig aus, sagen die Immobilien-Experten.
„Vergleichbar mit 2009“Nach einem Jahrzehnt fetter Gewinne steckt der Kölner Büromarkt in der Krise
Niedrige Zinsen, gut laufende Konjunktur und knappes Angebot an Büros bescherten den Gewerbemaklern Kölns mehr als ein Jahrzehnt fette Gewinne. Inzwischen ist eine Generation an Maklern herangewachsen, die auf den Märkten noch nie einen Rückschlag erlebt hat. Nun wendet sich das Blatt.
„Mit großen Abschlägen ist der Kölner Bürovermietungsmarkt ins Jahr 2023 gestartet. Im ersten Quartal wurden 51.200 Quadratmeter Büroflächen umgesetzt, was einem Minus von 35 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht“, meldet der Kölner Ableger des Maklers JLL (Jones Lang LaSalle). Auch den Fünfjahresschnitt sowie den Zehnjahresschnitt habe das Ergebnis jeweils um etwa 30 Prozent unterschritten.
JLL soll Stellen abbauen, das war jahrelang undenkbar
Wettbewerber BNP Baribas meldet ein ähnliches Bild. Deutschlandweit sei der Flächenumsatz um ein Viertel eingebrochen. Der Flächenumsatz ist eine maßgebliche Kennzahl der Branche und misst vermietete und verkaufte Flächen an Büronutzer an einem bestimmten Ort, etwa Köln.
Manche ziehen Parallelen zur Finanzkrise vor eineinhalb Jahrzehnten. „Der auf den ersten Blick deutliche Rückgang liegt in einer vergleichbaren Größenordnung wie Anfang 2009 als Reaktion auf die globale Finanzkrise und ist als temporäre Marktreaktion auf ein insgesamt schwieriges Umfeld und nicht auf strukturelle Veränderungen der Nachfrage zurückzuführen“, sagt Marcus Zorn, Deutschland-Chef von BNP Paribas Real Estate. JLL soll Branchenberichten zufolge deutschlandweit sogar 50 Stellen abbauen, das war jahrelang undenkbar.
Die Ursachen für den Wandel sind vielfältiger als 2009. Damals waren das Finanzsystem und das mangelnde Vertrauen ausschlaggebend für die Krise. Als das Vertrauen – mit viel staatlicher Hilfe – wiederhergestellt war, ging es bergauf. Patrick Adenauer, Mitinhaber und Geschäftsführer des Kölner Bau- und Immobilienunternehmens Bauwens, führt den Umsatzrückgang nun vor allem auf den Zinsanstieg zurück. Preisvorstellungen der Verkäufer und Zahlungsbereitschaft der Käufer fänden aktuell nicht zusammen.
Viele Unternehmen verschieben Investitionen
Heute gibt es ein Bündel an kritischen Faktoren. „Die als Folge des Ukraine-Kriegs schwächelnde Konjunktur, die sich bereits gegen Ende letzten Jahres widerspiegelte, war auf den Büromärkten im ersten Quartal 2023 noch spürbar“, sagt Zorn von BNP Paribas. Die Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung und das Risiko einer Rezession oder Gasmangellage habe dazu geführt, dass viele Unternehmen Investitionsentscheidungen verschoben hätten.
Die Makler versuchen, in ihren Statements das Positive herauszustellen. „Der Leerstand in der Domstadt ist gering, die Mieten sind sogar gestiegen. Vermietungsprobleme existieren lediglich bei unsanierten Flächen, vor allem, weil Unternehmen auf Flächensuche größere Nachhaltigkeitsanforderungen stellen“, heißt es von der Kölner Maklerfirma Larbig & Mortag.
JLL und BNP betonen, dass Spitzen- und Höchstmiete weiter gestiegen seien. Sie sei binnen eines Jahres von 26,50 Euro auf aktuell 32,00 Euro gestiegen. Zum Jahreswechsel hatte sie noch bei 28,50 Euro gelegen, heißt es von JLL.
Geringer Leerstand spricht gegen Preisverfall auf breiter Front
Diese Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen. Die Spitzenmiete ist eben spitz definiert. Der Wert umfasst das oberste Preissegment mit einem Marktanteil von drei Prozent des Vermietungsumsatzes in den letzten zwölf Monaten. Hinzu kommt laut Branchenverein GIF die vage Klausel: Die Spitzenmiete „soll die Entwicklung im Spitzensegment des Marktes abbilden, selbst wenn im obersten Preissegment im Berichtszeitraum keine Mietverträge abgeschlossen wurden, d.h. sie kann auf Basis der realisierten Spitzenmiete geschätzt werden, wenn es im Berichtszeitraum keine entsprechenden Abschlüsse gab.“ Tatsächlich dürfte also nur ein kleiner Teil zu diesen Konditionen abgeschlossen worden sein.
Was gegen einen breiten Preisverfall am Kölner Markt spricht, ist die niedrige Leerstandsquote. Laut JLL-Niederlassungsleiter Knut Kirchhoff mangelt es an großen, zusammenhängenden Flächen in der Innenstadt. Mit 3,0 Prozent ist die Leerstandsquote (Vorjahr: 3,7 Prozent) die niedrigste der sieben deutschen Hochburgen. Aufgrund der zahlreichen in Entwicklung befindlichen Flächen rechnet Kirchhoff aber mit einem Anstieg auf 3,8 Prozent bis zum Jahresende. Insgesamt befinden sich zurzeit 269.000 Quadratmeter Bürofläche im Bau.
Patrick Adenauer: „Die Leute wollen zurück ins Büro“
Der Trend zu Homeoffice führt derweil nicht zu einem geringeren Bedarf an Bürofläche. Er führte laut Larbig & Mortag lediglich dazu, dass sich mehr Unternehmen um die Qualität ihrer Büroflächen bemühen. Wenn Mitarbeiter ins Büro kommen, wollen sie attraktive Flächen vorfinden, Stichwort New Work. So gibt es für Stillarbeiten oder Telefonate extra Bereiche. Für Meetings und Präsentationen sollten separate Räume mit guter Technik vorhanden sein. Größerer Wert wird außerdem auf Begegnungsflächen gelegt. Das kostet viel Fläche, was die Raumersparnisse zunichtemacht.
„Der Flächenbedarf schrumpft durch Homeoffice nicht wie in den USA“, sagt auch Adenauer. „Die Leute wollen zurück ins Büro, der Sozialkontakte wegen.“ Deutschland sei kein klassisches Homeoffice-Land. Daher gebe es in Köln weiter Flächenbedarf.