Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Kölner Karstadt-Chef über neue Konzepte„Wir bauen radikal Hierarchien ab“

Lesezeit 5 Minuten

Michael Mathey, Geschäftsführer von Karstadt Köln

Herr Mathey, Köln ist für den Karstadt-Konzern eine von fünf sogenannten „Prototyp-Filialen“. Was heißt das und was bedeutet es für Köln und die anderen Filialen?

Hier in Köln werden Konzepte umgesetzt, bevor sie in allen anderen Karstadt-Filialen „ausgerollt“ werden. Weitere Prototypfilialen sind in Bielefeld, Potsdam, Rosenheim und Dresden – in verschiedenen Regionen also und in unterschiedlich großen Häusern. Wir wollen sehen, dass die Konzepte auch woanders funktionieren und ob man gegebenenfalls noch kleine Korrekturen vornehmen muss.

Was wird denn konkret gemacht?

Kurz gesagt: Wir werden schneller und kundenorientierter. Wir bauen dazu radikal Hierarchie und Verwaltung ab. Ein Beispiel: Bis vor kurzem bekamen unsere Filialen bis zu 300 Rundschreiben pro Woche mit Informationen, Arbeitsaufträgen, Fragen und so weiter. Heute sind es nur noch zwei. Damit können wir sehr viel besser unsere Arbeit planen. Noch wichtiger ist unsere Spezialisierung, also die Aufteilung unserer Mitarbeiter in Teams für die Bereiche Kasse, Warenservice und Kundenberatung. Wer im Verkauf arbeitet, wird sich also künftig ausschließlich um unsere Kunden kümmern ohne irgendwelche Nebentätigkeiten. Das wird etwa die Hälfte unserer derzeit rund 250 Mitarbeiter sein.

Davon waren sicher nicht alle Mitarbeiter begeistert. Wollten nicht alle weiter im Verkauf arbeiten?

Jeder Mensch ist anders. Manche Kollegen sind lieber im direkten Kundenkontakt, andere haben mehr Freude daran, an der Warenpräsentation zu arbeiten. Auch die Arbeitszeiten sind unterschiedlich. Der Warenservice etwa kommt zum Teil früher – vor Geschäftsöffnung – zum Teil bleibt er auch nach Geschäftsöffnung. Soweit es möglich ist, berücksichtigen wir die persönlichen Wünsche.

Für Kunden ist es aber auch eine Umstellung – etwa an den Kassen. Zum neuen Konzept gehört ja der Abbau vieler Kassen.

Da habe ich keine Sorge: Wir wissen auch aus Befragungen, dass es Warenhauskunden schätzen, nicht gleich in jeder Abteilung „abkassiert“ zu werden. Sie möchten gerne ungestört bummeln. Statt mehrerer Kassenblöcke an der Rolltreppe gibt es jetzt nur noch eine Zentralkasse auf jeder Etage. Die ist aber immer besetzt. Früher waren die Kassen zum Teil für Kunden nicht gut erkennbar und nicht immer besetzt. Für die Kunden sind die neuen Zentralkassen vielleicht zunächst eine Umstellung, aber wir sehen, dass sie gut angenommen werden.

Wie sieht denn Ihr typischer Kunde aus und was sucht er?

Karstadt hat seit 2009 rund sieben Millionen Kunden verloren. Die wollen wir zurück. Wir setzen jetzt wieder auf unsere Stammkundin: Sie ist weiblich, ab 45, hat ein mittleres bis gehobenes Einkommen, ist modern, aber nicht flippig – und sie weiß, was sie will. Viele der sehr jungen ausländischen Marken haben ihr nicht gefallen. Das haben wir geändert. Von den 300 neuen Marken haben wir 30 behalten, die sehr gut laufen. Wir wollen wieder ein richtiges Warenhaus sein, also wird unser Sortiment breiter und nicht spitzer werden. Auch der lokale Einfluss spielt eine viel stärkere Rolle. Unser Köln-Shop etwa wird sehr gut angenommen. Wir haben mit dieser Erfahrung in Düsseldorf jetzt auch einen Düsseldorf-Shop eröffnet.

Wann ist der Umbau in Köln abgeschlossen – und was passiert mit der Fläche, auf der früher K-Town war?

Die Spielwarenabteilung ist in den vierten Stock umgezogen und ist jetzt fertig. Auch die Kassenzonen werden in den nächsten zwei Wochen fertiggestellt. Im September werden wir im Erdgeschoss eine 1200 Quadratmeter große Sportabteilung mit Schwerpunkt Textilien und Schuhe eröffnen. Auf weiteren 600 Quadratmetern wird ab Frühjahr „dm“ Drogerieartikel anbieten. Dieses Sortiment ergänzt uns hervorragend.

Wie hoch waren die Investitionen?

Es ist nicht immer eine Frage der Höhe. Wir achten heute anders als früher sehr genau darauf, dass sich unsere Investments innerhalb von zwölf bis 14 Monaten rechnen.

Wo sehen Sie noch Handlungsbedarf?

Im Lebensmittelbereich beispielsweise. Unser Anbieter Perfetto wird saniert. Das bisherige Geschäftsmodell der starken Fokussierung auf den Luxusbereich ist gescheitert, aber wir wissen, dass Lebensmittel im Warenhaus mit veränderten Bedingungen und neuem Konzept sehr erfolgreich sein können. Das sehen wir auch hier in Köln als große Chance. Auch Perfetto wird Hierarchien abbauen, besser den lokalen Bedürfnissen entsprechen und wesentlich näher an die Kunden heranrücken – zum Beispiel, indem Stärken in der Frische ausgebaut werden und das Preis-Leistungs-Verhältnis verbessert wird.

Köln ist eine sogenannte Kopffiliale: Sie als Chef der Kopffiliale sind nicht nur für das Kölner Haus zuständig, sondern noch für sieben weitere Häuser. Was heißt das konkret?

Karstadt arbeitet jetzt in einer Struktur mit acht Verbünden, um den lokalen Einfluss zu stärken und schneller zu werden. Zu dem Verbund Köln gehören neben Köln die Filialen Mönchengladbach, Düsseldorf, Bonn, Gummersbach, Siegen, Gießen und Fulda. Die Führungsebenen zwischen der Zentrale in Essen und uns sind weggefallen.

Wie steht das Kölner Haus im Verbund da?

Köln läuft sehr gut. Und macht Gewinn. Seit Jahren. Und dass wir die Filiale Mönchengladbach nicht aufgeben mussten, weil sich die Rahmenbedingungen geändert haben, hat mich persönlich sehr gefreut.

Sind Sie enttäuscht, dass es mit der Fusion Karstadt-Kaufhof nicht geklappt hat?

Wir konzentrieren uns voll auf Karstadt und stemmen unsere Sanierung aus eigener Kraft. Wir haben viele Sachen angepackt und der Kunde merkt das auch: Wir bekommen viele positive Rückmeldungen und sehen das auch in den Büchern.

Das Gespräch führte Evelyn Binder