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Kölner MotorenbauerDeutz will ins Rüstungsgeschäft einsteigen

Lesezeit 4 Minuten
Motorenbau bei der Deutz AG in Köln

Motorenbau bei der Deutz AG in Köln

Mittelfristig sollen aus Köln Motoren für radbetriebene Panzer, Truppentransporter und Versorgungsfahrzeuge geliefert werden.

Der Kölner Motorenbauer Deutz will seine Geschäftsfelder erweitern und plant den Einstieg in den Rüstungsbereich. Neben seinem angestammten Motorengeschäft sieht das im S-Dax notierte Unternehmen im Verteidigungsbereich ein Wachstumsfeld. Mittelfristig will Deutz unter anderem Motoren für radgetriebene Panzer, Mannschaftstransporter und Versorgungsfahrzeuge liefern. Außerdem könnte es Batteriespeicher für die stationäre Versorgung von Lazaretten anbieten.

Verteidigung ist neues Wachstumsfeld

„Natürlich schauen wir uns weitere Bereiche an, einer davon ist Defense“, sagt Vorstandschef Sebastian Schulte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Dabei sei entscheidend, dass man das Know-how nutzen könne und die Technologie kenne. „Beides ist sowohl bei Stromaggregaten für die Versorgung von Feldlazaretten als auch bei Motoren für Verteidigungszwecke der Fall. Und beides sind Wachstumsfelder“, so Schulte.

Derzeit schaue man sich verschiedene Bereiche und Programme an und spreche mit möglichen Partnern und Stakeholdern. Infrage käme hier laut Branchenexperten etwa der deutsche Branchenführer Rheinmetall mit Sitz in Düsseldorf.

Zusammenarbeit mit der Bundeswehr

„Deutz hat auch in der jüngeren Vergangenheit und bis heute auf kleinerer Basis Motoren für militärische Anwendungen geliefert, allerdings wurde der Markt nicht systematisch erschlossen und bearbeitet“, so der Vorstandschef zur neuen strategischen Ausrichtung.

Deutz arbeitet bislang nur in sehr geringem Umfang mit der Bundeswehr zusammen, etwa bei Service, Wartung sowie Training für Motoren. Der Bereich soll aber künftig deutlich wachsen. Dabei könnte auch die Kooperation von Deutz mit Daimler Truck helfen, im Zuge dessen ab 2028 auch besonders schwere Motoren von Daimler zur Verfügung stehen, die dann etwa auch kettengetriebene Panzerfahrzeuge antreiben können.

Ein Deutz-Sprecher betont, dass es sich bei der Neuausrichtung um ein mittelfristiges Vorhaben handelt – auch potenzielle Rüstungsprogramme lange Vorläufe haben. Für die deutsche Deutz-Produktion am Unternehmenssitz in Köln und einem Werk in Ulm werde sich nichts ändern. Angaben dazu, wie viel Deutz mit dem Verteidigungsgeschäft erwirtschaften möchte, machte das Unternehmen nicht.

Börse reagiert begeistert

Die Börse reagierte hingegen nach der jüngsten Ankündigung von Vorstandschef Schulte deutlich. Die Aktien des Kölner Motorenherstellers legten zeitweise um 18 Prozent zu.

Seit der Invasion Russlands in der Ukraine im Februar 2022 stiegen die Verteidigungsausgaben. Allein Deutschland hat seinen Verteidigungsetat stark erhöht und unter anderem ein 100 Milliarden Euro schweres Sondervermögen für die Aufrüstung der Bundeswehr eingerichtet. Weltweit stiegen die Militärausgaben 2023 laut dem Friedensforschungsinstitut Sipri auf geschätzt 2,3 Billionen Euro, den höchsten je erfassten Wert. In diesem Jahr dürfte sich die Summe weiter erhöhen.

Zukauf in den USA

Das zweite von Schulte ins Visier genommene Geschäftsfeld sind Notstromaggregate. Deutz liefert bereits Motoren für solche Systeme, die etwa für Krankenhäuser oder Kühlanlagen unentbehrlich sind. Künftig will Deutz selbst auch komplette Anlagen anbieten. Schulte rechnet damit, dass der Markt dafür wachsen wird. Und das vor allem auch in den USA, wo das Stromnetz instabil und schlecht ausgebaut ist und es immer wieder zu Stromausfällen kommt. Hinzu kommen schwere Wetterereignisse, eine weltweit steigende Stromnachfrage, bei schlechter Infrastruktur sowie ein stark wachsender Anteil von Erneuerbaren Energien, der zu Schwankungen in der Energieversorgung führen kann. Auch die zunehmende Bedeutung von Rechenzentren und Mikronetzen treibe den globalen Markt mit Stromgeneratoren, dessen Volumen bis 2030 auf 34,5 Milliarden Dollar anwachsen soll.

Deshalb kauft Deutz das US-Unternehmen Blue Star Power Systems. Das Unternehmen mit Sitz in North Mankato, Minnesota entwickele, produziere und vertreibe Stromgeneratoren (GenSets). Es gehöre mit 110 Mitarbeitenden und einem erwarteten Umsatz von über 100 Millionen Dollar im laufenden Jahr zu den führenden Herstellern im US-Markt. Der Kauf soll in der zweiten Jahreshälfte vollzogen werden. „Generell sind die die Anwendungsfälle von Stromgeneratoren vielfältig und reichen von Katastrophenereignissen, über Rechenzentren bis hin zu Stromversorgung in ländlichen Gebieten weltweit“, sagt Vorstandschef Schulte.

Deutz-Motoren kommen zwar seit jetzt schon in Stromgeneratoren zum Einsatz. Global gesehen ist das Unternehmen hier aber in eher kleinem Maßstab tätig. Nun schafft Deutz nach eigenen Angaben die Voraussetzungen, Komplettlösungen zur lokalen Stromerzeugung anzubieten. Die beiden US-Konkurrenten Cummins und Caterpillar sind in diesem Geschäft schon stark vertreten.

Frisches Geld von der Börse

Darüber hinaus will Deutz sich künftig auch den indischen Markt erschließen, einer der weltweit wachstumsstärksten Märkte zurzeit.   Dafür wurde jüngst eine Kooperation mit dem indischen Landtechnikkonzern Tafe Motors and Tractors vereinbart. Mit der Zusammenarbeit will Deutz sich unabhängiger von Lieferketten machen. Außerdem spielen die Kosten eine Rolle: Die Zusammenarbeit ermögliche es dem Unternehmen, seine kleineren Verbrennungsmotoren auch künftig zu wettbewerbsfähigen Kosten zu produzieren, so Schulte.

Für die Finanzierung der Pläne, vor allem des Zukaufs in den USA, hat Deutz deshalb in dieser Woche eine Kapitalerhöhung um bis zu zehn Prozent bekannt gegeben. Man habe in einem schwierigen Umfeld neue, renommierte und vor allem auch internationale Anteilseigner gewinnen können, so das Unternehmen. Deutz nimmt damit ungefähr 72 Millionen Euro ein.