Was die Gamer dieses Jahr auf der Messe erwartet und welche wirtschaftliche Bedeutung die Branche hat.
Kölner SpielemesseGamescom könnte 2023 neuen Besucherrekord aufstellen
Kommende Woche startet in Köln wieder die weltweit größte Messe für Computer- und Videospiele – mit mehr Ausstellern auf einer größeren Fläche und internationaler denn je. Die Gamescom 2023 könnte den Rekord von 373.000 Besuchern im Jahr 2019 übersteigen. Und auch der Games-Standort Deutschland wächst, im Umsatz und in seiner Bedeutung für die Wirtschaft, zeigen neue Zahlen.
Leitthema und Trends der Gamescom 2023
In den Hallen der Kölnmesse sowie online findet vom 23. bis 27. August 2023 die diesjährige Ausgabe statt. Schwerpunktland ist Brasilien, Leitthema dieses Jahr „Weltklasse Games“ in Bezug auf die kulturellen Trends und technologischen Vorreiter, die aus der Games-Branche stammen.
Als einen auf der Gamescom besonders in den Fokus genommenen Trend nennt Felix Falk, Geschäftsführer des gemeinsam mit der Kölnmesse ausrichtenden Branchenverbands Game, die „Games-Studios als neue Traumfabriken“. „Würde Goethe heute leben, wäre er Gamedesigner“, sagt er. Das seien die Menschen, die die großen Geschichten unserer Zeit erzählten. Zweiter diesjähriger Trend lautet „Upgrade für die Wirklichkeit“ – analog zum Einfluss der Branche auf andere Wirtschaftszweige. Während aktuell breit über Chatbots diskutiert wird, nutzten Games KI schon seit Jahrzehnten.
Während der Pandemie fand die Gamescom digital statt, seit vergangenem Jahr hat sich ein hybrides Modell etabliert. So sind Welten des Community-Abenteuers „Gamescom EPIX“ auf dem Messegelände und digital lösbar. Hierfür bekam die Gamescom jüngst den UFI Marketing Award. Messechef Gerald Böse sagt im Vorfeld der Gamescom: „Die Kombination aus Besuchern vor Ort mit der digitalen internationalen Reiche ist für uns wichtig.“
Aussteller, Besucher und Politische Prominenz
2019 stellte die Gamescom ihren Rekord von 373.000 Besuchern auf. Nachdem im vergangenen Jahr, dem ersten nach der Pandemie, zögerlich auf die Zahlen geschaut wurde, deutet Böse jetzt ein Übertreffen des bisherigen Peaks an. Denn die Gamescom ist in diesem Jahr größer und internationaler denn je: 1.220 Ausstellende aus 63 Ländern reisen nach Köln, auf eine Bruttoausstellungsfläche von 230.000 Quadratmetern.
Zu den Ausstellern zählen etwa die großen Entwicklerstudios von Nintendo, Bandai Namco oder Ubisoft, aber auch die Streamingplattformen Amazon Prime, Crunchyroll, Disney Plus und Netflix. Kleinere Studios präsentieren sich auf der ebenfalls noch nie so groß wie dieses Mal gewesenen Indie Area. Mit dem Bereich Family and Friends richtet sich die Messe auch explizit an Kinder, die ab vier Jahren mit ihren Erziehungsberechtigten Zutritt haben. Nebenan können die Eltern in der Retro Area nostalgisch werden und ihnen das Gaming ihrer Jugend zeigen. Die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) ist Partner für Jugendschutz vor Ort.
Mehr als 200 deutsche und internationale Politikerinnen und Politiker werden ebenfalls erwartet. Zur Eröffnung am Mittwoch kommen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und Kölns OB Henriette Reker und zum „Debatt(l)e Royale“ am Donnerstag Franziska Giffey, Nathanael Liminski, Emily Büning und Bijan Djir-Sarai.
Games-Standort Deutschland
Weltweit gibt es mehr als drei Milliarden Gamer. In Deutschland spielen sechs von zehn Menschen zwischen sechs und 69 Jahren Computer- und Videospiele. Das Durchschnittsalter der deutschen Gamer, von denen 48 Prozent weiblich sind, steigt mit 37,9 Jahren im Jahr 2022 weiter an.
Damit sind Games ein zentrales Medium im Alltag der Gesellschaft. „Die Games-Branche bekommt viel mehr Aufmerksamkeit als noch vor ein paar Jahren“, sagt Felix Falk. Aber: „Wir haben uns viel länger als andere Länder mit der politischen und gesellschaftlichen Diskussion herumgeschlagen, ob Spiele gut oder schlecht sind“, fügt er im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ an.
Deutschland ist weltweit auf Platz fünf der Absatzmärkte für digitale Spiele und die Nummer Eins in Europa. Falk sagt: „Wir wollen Deutschland noch stärker zu einem Produktionsstandort machen und nicht nur zu einem Konsumstandort.“
Games-Branche als Teil der Digitalstrategie
Die Strategie für den Games-Standort Deutschland des Bundesministeriums für digitale Infrastruktur sieht vor, Leitmarkt für Computerspiele zu werden. Dafür förderte der Bund die Branche im vergangenen Jahr mit 70 Millionen Euro. Die geplante Verringerung der Fördersumme auf weniger als 50 Millionen Euro im kommenden Jahr sieht der Game-Verband, dessen Mitglieder Entwickler-Studios, Publisher, Esport-Veranstalter und Bildungseinrichtungen sind, als „fatales Signal“. Falk fordert: „Wir wollen nicht subventioniert werden als Branche, sondern faire Ausgangsbedingungen haben.“
„Gerade im Digitalbereich kommen die großen Innovationen aus der Games-Branche“, so Falk. Er identifiziert Technologien wie Künstliche Intelligenz, Virtual Reality, 3D-Simulation oder Cloud-Lösungen als zukunftsträchtigste Bereiche. Solche Unternehmen fehlten in Deutschland. „Das Know-how, die Kreativität und den Erfolgswillen haben wir“, sagt Falk, „es fehlen uns aber aktuell konkurrenzfähige und verlässliche Rahmenbedingungen, um auf ein internationales, wettbewerbsfähiges Niveau zu kommen und wirklich mitspielen zu können.“
Der aktuelle Schwerpunkt des Branchenverbands Game liegt auf der Entwicklung von Spielen, von erfolgreichen Studios profitiere das gesamte Ökosystem: „Es entstehen Umsätze, neue Technologien, es werden Arbeitsplätze geschaffen oder es finden am Standort reichweitenstarke Events wie E-Sport-Turniere statt“, so Falk.
Marktentwicklung
Games machen auch den größten Umsatz der Branche aus, zählt man In-Game- und In-App-Käufe dazu. 2.693 Millionen Euro erwirtschafteten sie in Deutschland im ersten Halbjahr 2023, zeigen die am Dienstag vom Game-Verband veröffentlichten Zahlen. Das sind vier Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Falk ordnet die Steigerung der Veröffentlichung mehrerer Blockbuster-Titel wie „Hogwarts Legacy“ oder „The Legend of Zelda: Tears of The Kingdom“ zu.
Beachtlich ist der Anteil der In-Game- und In-App-Käufe, zu denen der Verband auch die Abonnements für einzelne Spiele zählt, mit 2.185 Millionen Euro am Umsatz. Manche Spielerinnen und Spieler kritisieren Pay-to-Win-Modelle und Jugendschutzverbände sehen eine Gefahr in den in Spielen, die Kinder nutzen, eingebauten Kasinos.
„Die In-Game- und In-App-Käufe haben auch dazu geführt, dass Games heute so erfolgreich sind“, kontert der Geschäftsführer des Game-Verbands. Das Geschäftsmodell, erst einmal kostenfreien Inhalt anzubieten und die Spielentwicklung nur die freiwillig bezahlen zu lassen, die das Spiel dauerhaft nutzen wollen, befürworte er. Und betont die auch hier wichtige Medienkompetenz.
Die Hardware, also Konsolen, Gaming-PCs und Zubehör machten einen Umsatz von 1.624 Millionen Euro im ersten Halbjahr, ein Plus von sechs Prozent. Das liege an der nun flächendeckenden Verfügbarkeit der 2020 von Playstation und Xbox eingeführten neuen Konsolen, deren Nachfrage bisher wegen weltweitem Chip-Mangel nicht bedient werden konnte. Weitere 413 Millionen Euro Umsatz machten Gaming-Online-Services wie Netzwerk-, Cloud- und Abo-Dienste im ersten Halbjahr, mit einem Rückgang von einem Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode.
4,73 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftete die Branche im laufenden Jahr. 4,54 Milliarden Euro waren es im ersten Halbjahr 2022 und 9,87 Milliarden Euro im Gesamtjahr – ein höherer Umsatz als zum Beispiel der des Buchmarktes (2022 9,44 Milliarden Euro).