Jeder zehnte Liter Milch in Deutschland stammt aus pflanzlicher Quelle, ein Kölner Start-up will auf dem Barista-Markt mitmischen.
Kölner Start-upHafermilch ist ein Millionengeschäft – Eigenherstellung soll einfacher werden
Getreidedrinks führen seit mehreren Jahren einen Siegeszug in Deutschland. Seit 2019 hat sich der Absatz um fast 150 Prozent erhöht. Gleichzeitig sank die Beliebtheit von Kuhmilch in diesem Zeitraum um neun Prozent. Das wachsende Geschäft mit veganen Alternativen ist auch in der Kölner Startup-Ökonomie, in der die Food-Branche stark vertreten ist, ein Thema.
135,7 Millionen Liter betrug der Absatz von Getreidedrinks noch im Jahr 2019. Dazu zählen Drinks auf Basis von Soja, Hafer, Reis, Lupinen und Hirse. Die Zahlen teilte die Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW auf Anfrage mit. 2022 lag der Absatz bei 337 Millionen Liter, auch wenn sich das Wachstum zuletzt etwas abgeschwächt hat: 2021 auf 2022 lag es bei etwa 15 Prozent. Dagegen betrug der Absatz von Kuhmilch 2019 rund 3327 Millionen Liter und 2022 noch 3030 Millionen.
Jeder zehnte Liter Milch in Deutschland ist pflanzlich
Jeder zehnte Liter, der wie Milch konsumiert wird, stammt also nicht mehr von Tieren, sondern wird pflanzlich hergestellt. Pflanzliche Milchalternativen generierten 2022 einen Umsatz von 552 Millionen Euro in Deutschland. Am beliebtesten unter den Milchalternativen ist bei den Deutschen der Haferdrink. Er machte 2022 laut dem Institut der deutschen Wirtschaft einen Anteil von 56 Prozent des Gesamtumsatzes in Deutschland aus. Gefolgt von den Sorten Soja, Mandel, Reis und Kokos.
Am beliebtesten sei laut einer Umfrage von Statista im Jahr 2022 Hafermilch der Marke Alpro, gefolgt von Oatly und Alnatura. Den Markt führt Oatly mit einem Anteil von 33 Prozent gegenüber Alpro mit 23 Prozent an. Der Marktführer sitzt in Schweden, das bedeutendste Land für die Produktion pflanzenbasierter Getränke. Die Getreidedrinks dürfen seit einem Gerichtsurteil 2019 übrigens nicht als „Milch“ verkauft werden.
Pflanzliche Alternativen etablierten sich in den vergangenen Jahren auch in der Barista-Variante. Mit einem höheren Fett und meist auch höheren Zuckeranteil lässt sich Hafermilch auch für den Cappuccino aufschlagen.
Die Café-Kette Coffee Fellows zum Beispiel veröffentliche dieses Jahr Zahlen, nach denen im April 13 Prozent ihrer Cappuccini mit Hafermilch verkauft wurden. Der deutsche Franchise-Geber mit mehr als 230 Filialen unterscheidet zwischen Shops in Innenstadtlage, wo der Anteil des Hafer-Cappuccinos bei 18 Prozent liege, an Bahnhöfen und Flughäfen sogar bei 26 Prozent. An Raststätten kauften Kunden nur acht Prozent der Cappuccini ohne Kuhmilch.
Kölner Jungunternehmen baut Maschine zur Eigenherstellung von Hafermilch für die Gastronomie
Auf diesen Markt trat vor zwei Jahren ein Kölner Start-up, das nun ein Investment in Millionenhöhe gewinnen konnte. Oater entwickelt eine Maschine, mit der Gastronomen ihren eigenen Haferdrink herstellen können. Das Jungunternehmen startet diesen Sommer in die Pilotphase und lässt ihre „Oater“ für Praxistest durch Cafés und Restaurants in Köln und Berlin wandern.
Gastronomen können ein Abonnement abschließen, das die Bereitstellung einer Maschine mit Festwasseranschluss und einer ausschließlich in Deutschland produzierten Zutatenmischung enthält. Neben Hafer sind ihr Enzyme beigesetzt, die anstelle von Zucker den Fermentationsprozess für einen süßlichen Geschmack herbeiführen.
Das Gründerteam ärgerte sich über den Verpackungsmüll, den die Getränkekartons verursachten, und habe bei Umfragen festgestellt, dass Gastronomen noch mehr darunter litten als etwa, wie in ihrem Fall, die sich pflanzlich ernährende Studenten-WG. „Gerade werden 90 Prozent Wasser im Getränkekarton durch Europa transportiert“, sagte Mitgründerin Lisa Nesti im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Das Kernprodukt betrage also eigentlich nur 100 Gramm pro Ein-Liter-Karton. Auch an dieser Stelle wolle Oater CO₂ einsparen.
„Hafermilch selbst herstellen, ist extrem aufwendig“, sagt Nesti, besonders wenn sie zum Aufschäumen geeignet sein und den hohen Ansprüchen der Baristas an ihren Geschmack entsprechen soll. Oater setzt sich ein hohes Ziel, können doch nicht einmal die Bio-Haferdrinks der etablierten Marken bei den Gastronomen mit den Barista-Angeboten von Oatly und Alpro konkurrieren. „Wir wollen zeigen, dass Nachhaltigkeit eben keinen Abstrich sein muss, sondern ein zusätzlicher Benefit“, sagt Lisa Nesti.