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Kosten von 300.000 Euro„Sammeln Daten en masse“ – Viel Kritik an Kölner Plänen für neuen Mietspiegel

Lesezeit 4 Minuten
11.02.2022, Köln: Wohnen in Köln.Krefelder Strasse. Foto: Max Grönert

Bislang wurde noch keine Entscheidung getroffen

Der Mietspiegel steckt Mieterhöhungen in einer Stadt wie Köln klar definierte Grenzen. Doch nun gibt es Streit über seine Ausgestaltung.

Ein Mietspiegel erfüllt vor allem zwei zentrale Funktionen: Er soll Transparenz darüber schaffen, auf welchem Niveau die Mieten einer Gemeinde liegen – und steckt dadurch den rechtlichen Rahmen für Mieterhöhungen. Denn er definiert die ortsübliche Vergleichsmiete, die in Köln nur begrenzt überschritten werden darf.

Doch in Köln gibt es nun Diskussionen um genau dieses wichtige wohnungspolitische Instrument. Bislang arbeitet die Stadt mit einem sogenannten einfachen Mietspiegel, der von der Rheinischen Immobilienbörse im Austausch mit Mieter- und Vermieterverbänden, Stadtverwaltung und Maklern erstellt wird. Das Kölner Ratsbündnis möchte jedoch auf einen aufwendigeren qualifizierten Mietspiegel umsteigen. Einen entsprechenden Antrag setzte das Bündnis aus Grünen, CDU und Volt bereits Anfang 2022 gemeinsam mit weiten Teilen der Opposition auf die Tagesordnung im Rat, stellte ihn später aber wieder zurück.

Grünen-Fraktion verspricht sich mehr Transparenz

Qualifizierte Mietspiegel werden unter konkreten statistischen Vorgaben in einem aufwendigeren und kostspieligeren Prozess erstellt. Auf Anfrage erklären die Grünen als größte Ratsfraktion, ein qualifizierter Mietspiegel bringe „mehr Transparenz in die Mietpreisentwicklung“. Für Mieterinnen und Mieter ergebe sich außerdem der Vorteil der Beweislastumkehr bei Mietsteigerungen: „Mussten sie selbst im Fall eines Konflikts mit der Vermieter*in bisher eine aus ihrer Sicht zu starke Mieterhöhung beweisen, liegt die Beweispflicht für eine angemessene Erhöhung im Falle eines qualifizierten Mietspiegels bei den Vermieter*innen.“ Ein Sprecher verweist darauf, dass die Ampel-Koalition im Bund qualifizierte Mietspiegel für Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern verpflichtend machen will.

Noch ist das aber nicht der Fall. Kritik an dem Vorhaben kommt sowohl von Mieter- als auch Vermieterverbänden, die sich übergangen fühlen.„Wenn es eine Sache gibt, die in Köln funktioniert, ist das der Mietspiegel“, sagt Hans Jörg Depel, Sprecher des Kölner Mietervereins. „Wir sammeln dafür Daten en masse. Ob die Mieten mit einem qualifizierten Mietspiegel besser gemessen werden können – ich wage es zu bezweifeln. Es ist uns Rätsel, wieso nun ein neues Produkt kommen soll.“

300.000 Euro für die Erstellung eingeplant

„Der einfache Mietspiegel ist ein Instrument, das jeder Kölner verstehen und einordnen kann, auch ohne ein Studium abgeschlossen zu haben“, sagt Thomas Tewes, Hauptgeschäftsführer von Haus und Grund in Köln. „Das ist bei einem qualifizierten Mietspiegel in der Regel nicht so einfach möglich.“ Der bisherige Mietspiegel funktioniere gut. „Für mich ist es unverständlich, einen sechsstelligen Betrag für ein Produkt auszugeben, was die Situation nicht verbessert.“

Denn ein qualifizierter Mietspiegel ist teuer: Im Haushalt stellte das Kölner Ratsbündnis bereits 300.000 Euro für die Erstellung bereit.

Kritik am „Rotwein-Mietspiegel“

Einfache Mietspiegel sind in Fachkreisen teils umstritten, denn es gibt keine einheitlichen Kriterien für ihre Erstellung. Ihre Qualität kann von Stadt zu Stadt stark variieren. Umgangssprachlich werden sie gern „Rotwein-Mietspiegel“ genannt – Kostman wirft ihnen vor, intransparent in geselliger Runde (bei einem Glas Wein) ausgeklüngelt zu werden.

Ellen Lindner, Geschäftsführerin der Rheinischen Immobilienbörse (RIB), weist diesen Vorwurf für Köln zurück. „Bei der letztmaligen Erhebung sind mehr als 34.000 Daten in unsere Berechnungen eingeflossen. Wir sind ganz, ganz weit weg vom Bordeaux-Mietspiegel.“

Erster Mietspiegel in Deutschland

Die Geschichte des Kölner Mietspiegels reicht weit zurück. Laut Immobilienbörse war er Anfang der 1970er Jahre der erste einfache Mietspiegel bundesweit. Er wird im Zwei-Jahres-Turnus erstellt, der neue voraussichtlich im ersten Quartal veröffentlicht.

Aktuell werden Daten gesammelt und ausgewertet. Sie werden in Fragebögen erfasst, die die RIB, Mieterverein und Haus und Grund unter ihren Mitgliedern verteilen. Hausverwaltungen werden ebenfalls gezielt kontaktiert. Grundsätzlich kann jeder seine Miete melden. „Diese Ist-Daten nehmen wir auf und analysieren sie“, sagt Ursula Zimmermann von der RIB. „Wir rechnen das auch nochmal regressiv im Hintergrund gegen.“ Zwar wird nicht gefiltert, woher sie kommen. „Aber wenn Sie eine so große Menge an Daten haben, kommt auch aus allen Stadtteilen genug zusammen“, so Lindner.

Entscheidet sich der Stadtrat für den Umstieg auf den qualifizierten Mietspiegel, könnte die RIB ihren Auftrag verlieren. Die Erstellung würde dann in einer Ausschreibung vergeben. Üblicherweise gehen die Aufträge an große Institute wie F+B oder Gewos. Auch die RIB könnte sich aber bewerben.

Noch kein Beschluss gefasst

Der Stadtrat hat bislang noch keinen Beschluss gefasst. Eine eigentlich schon für das vergangene Jahr angedachte Anhörung von Experten wurde vertagt. Der letzte Sachstand sei, dass die Verwaltung das Thema im Kölner Wohnungsbauforum zur Sprache bringen und dabei externe Expertinnen und Experten hinzuziehen werden, berichten die Grünen. Diesem Prozess wolle man nun nicht vorweggreifen und die Ergebnisse „ergebnisoffen abwarten“.

„Die Vor- und Nachteile von qualifizierten Mietspiegeln gegenüber normalen Mietspiegeln müssen gut abgewogen sein“, sagt Christian Joisten, SPD-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat. Man wundere sich „sehr über die Verzögerung durch die Verwaltung und das Bündnis aus Grünen, CDU und Volt“ heißt es bei der größten Oppositionsfraktion. Man stehe bereit, über die Ausgestaltung des Mietspiegels „so schnell wie möglich“ in Dialog zu treten. Anfang 2022 hatte die SPD-Fraktion den später zurückgestellten Ratsantrag zur Erstellung des qualifizierten Mietspiegels noch mitgetragen.

Ein qualifizierter Mietspiegel könnte je nach Verlauf der Diskussion erstmals für das Jahr 2024 erstellt werden.