Die Zeiten lange ausgebuchter Handwerker sind im Rheinland vorbei. Jeder fünfte Betrieb im Kammerbezirk Köln beschreibt seine Lage als schlecht. Die Aussichten sind auch nicht besser.
Konjunktur-UmfrageAufträge im Kölner Handwerk gehen zurück
40,6 Prozent der befragten Betriebe im Handwerkskammerbezirk Köln bewerten ihre Geschäftslage als gut, 41,1 Prozent als befriedigend und 18,3 Prozent als schlecht. Damit liegt der Saldo aus Gut- und Schlechtbewertungen bei 22 Punkten und fällt zum fünften Mal in Folge. Das ist das Ergebnis der Frühjahrskonjunkturumfrage unter 900 Betrieben im Kammerbezirk, also in Köln, Bonn, Leverkusen und den vier angrenzenden Landkreisen.
Treiber der negativen Entwicklung sind vor allem die angespannte Lage im Bausektor sowie eine rückläufige Nachfrage nach Handwerksleistungen für den gewerblichen Bedarf im Zuge einer schwächelnden Industrie.
„Die Geschäftslage hat sich weiter verschlechtert, die Beschäftigtenentwicklung ist rückläufig, und mit Blick auf den weiteren Jahresverlauf rechnet ein überwiegender Teil der Betriebe mit einer Stagnation“, sagte Kölns Handwerkskammerpräsident Hans Peter Wollseifer bei der Präsentation der Studie am Montag.
Sonderkonjunktur durch Energiewende
Unter den Betrieben aus dem Bauhaupt- und Ausbaugewerbe zeigt sich ein heterogenes Bild: Während Dachdecker, Installateure, Heizungsbauer und Elektrotechniker die Lage aufgrund einer Sonderkonjunktur weiterhin durchweg positiv bewerten, ist die Stimmung bei Maurern und Betonbauern, Zimmerern, Fliesen-, Platten- und Mosaiklegern sowie Malern und Lackierern deutlich negativer.
Besorgniserregend sei insgesamt der Blick auf die Umsatz- und Nachfrageentwicklung. So berichte mehr als jeder dritte Betrieb (37 Prozent) von einem Umsatzrückgang, während sogar 40 Prozent von einem gesunkenen Auftragsbestand sprechen. Über alle Gewerke hinweg liegt der durchschnittliche Auftragsbestand im Frühjahr 2024 bei 6,9 Wochen pro Betrieb, ein Minus von 0,5 Wochen im Vorjahresvergleich (7,4 Wochen).
Aus Kundensicht positiv: Die langen Wartezeiten auf Handwerker, die man in den vergangenen Jahren gesehen hat, schmelzen aktuell rapide ab. Im jahrelang boomenden Bauhauptgewerbe schrumpfte der Auftragsbestand und damit die durchschnittliche Wartezeit von 15 auf 13 Wochen. Im verwandten Ausbaugewerbe, also beim Verputzen und bei Tischlern sank die Wochenzahl von 8,0 auf 7,5.
Lediglich beim Kraftfahrzeuggewerbe füllten sich die Auftragsbücher leicht. Das gleiche gilt in geringem Umfang auch für Gesundheitsberufe und personenbezogene Dienstleistungen, wie etwa Friseure.
Präsident Wollseifer: „Die sich zunehmend leerenden Auftragsbücher vieler Betriebe in den bau-nahen Gewerken sprechen eine deutliche Sprache: Die Branche benötigt entscheidende Impulse, um die konjunkturelle Schwächephase zu überwinden“, sagte Wollseifer. Die Schuld sucht der Kammerpräsident in Berlin. „Wir sind mit der Wirtschaftspolitik der aktuellen Bundesregierung nicht zufrieden“, so Wollseifer weiter.
Wollseifer weiter: „Vorhaben wie das Wachstumschancengesetz sind vielleicht gut gemeint, reichen aber nicht als Impuls für eine konjunkturelle Trendwende. Vielmehr benötigen die Handwerksbetriebe wieder mehr Spielraum, um sich auf ihre Tätigkeit als Unternehmer zu fokussieren. Es braucht einen konsequenten Bürokratieabbau, steuerliche Entlastungen und die Umsetzung des 14-Punkte-Plans, der auf dem Baugipfel 2023 beschlossen wurde.“
Das regionale Handwerk leide auch noch unter der hohen Inflation der vergangenen Monate. Viele Betriebe wollen daher hohe Kosten und gestiegene Energiepreise an die Kunden weiterreichen. So gibt jeder zweite Betrieb (50,4 Prozent) an, die Preise für die Endkunden und Auftraggeber zu erhöhen. 40 Prozent wollen diese gleich halten, nur gut neun Prozent sehen Spielraum für Preissenkungen.
Beschäftigungsrückgang in Köln
Der Beschäftigungsrückgang des vergangenen Jahres setzt sich im Bezirk der Handwerkskammer Köln auch im Jahr 2024 fort: 24 Prozent der Betriebe geben einen gesunkenen und elf Prozent einen gestiegenen Personalbestand an. Gleichzeitig vermeldet jeder zweite Betrieb (49 Prozent), aktuell unbesetzte Stellen zu haben.
Von den Betrieben mit mehr als vier Mitarbeitenden geben sogar rund 60 Prozent an, offene Stellen zu haben. Somit seien Ursachen für den rückläufigen Personalstamm vermehrt im Fachkräftemangel und der demografischen Entwicklung zu suchen und nur zum Teil der wirtschaftlichen Schwächephase geschuldet, argumentiert Wollseifer.
Die Lage ist also schlecht. Doch die Aussichten sind auch nicht viel besser. Laut Umfrage erwarten die Betriebe keine Besserung der aktuellen Lage. So halten sich die Betriebe mit positiven und negativen Erwartungen mit jeweils 20 Prozent die Waage. 60 Prozent erwarten, dass die Entwicklung gleich bleibt. Von Erholung und Aufwind ist offensichtlich aktuell wenig zu spüren.
Aktuell planen 21 Prozent der Betrieb ihre Investitionsausgaben zu erhöhen, jeder dritte Betrieb (33 Prozent) plant jedoch mit sinkenden Ausgaben.Wollseifer: „Ohne die notwendigen privaten Investitionen sind unsere volkswirtschaftlichen Transformationsziele nicht zu erreichen.“