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KunststoffspezialistKölner Weltmarktführer Igus will weiter wachsen

Lesezeit 4 Minuten
Eine Roboter-Hand der Firma Igus.

Eine Roboter-Hand der Firma Igus.

Millionen-Investition in Köln, Fahrräder aus recyceltem Kunststoff – das Kölner Traditionsunternehmen sieht sich auf Wachstumskurs.

Das Kölner Unternehmen Igus ist trotz der gesamtwirtschaftlichen Schwierigkeiten gut durch das vergangenen Jahr gekommen. Nach einem starken Wachstum von 57 Prozent in den zwei Jahren zuvor, konnte der Weltmarktführer die Umsatzmilliarde im Jahr 2023 halten. Insgesamt konnte ein Jahreserlös von 1,136 Milliarden Euro erzielt werden und damit nur ein geringfügiges Minus von unter zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Konjunkturbedingte Rückgänge bei Stammkunden wurden größtenteils durch Neukunden und neue Anwendungen ausgeglichen“, so Tobias Vogel, Geschäftsführer Gleitlager und Lineartechnik bei Igus. Unter dem Strich stieg die Zahl der Kunden um 6,7 Prozent.

Weltmarktführer in zwei Segmenten

Das Traditionsunternehmen, 1964 in Köln gegründet und heute mit Sitz im Kölner Stadtteil Porz, ist gleich in zwei Segmenten Weltmarktführer. So fertigt Igus zum einen Energieketten. Die kommen überall dort zum Einsatz, wo Kabel Hitze, Frost, Schmutz oder hohe Geschwindigkeit aushalten müssen. Die aneinandergereihten Kunststoffglieder schützen das Kabel.

Das zweite Feld, auf dem Igus die Weltmarktführerschaft für sich beanspruchen kann, sind Gleitlager aus Kunststoff. Die werden überall dort gebraucht, wo sich etwas dreht, zum Beispiel bei Auto-Lenkstangen oder einer Achterbahn.

Mittlerweile ist der Hidden Champion aber auch auf zahlreichen anderen Gebieten innovativ und verbindet das Kerngeschäft mittlerweile mit Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz (KI). „Wir sind auf einem guten Weg, die Digitalisierung als ebenbürtige Technologie bei Igus zu etablieren“, sagt Michael Blass, Geschäftsführer E-Kettensysteme.

Zahlreiche Innovationen auf der Hannover-Messe

Insgesamt 247 Neuheiten stellt das Unternehmen in der kommenden Woche auf der Hannover-Messe vor. Zentrale Themen werden dabei Anwendungen auf dem Weg zu einer deutlichen Reduzierung von Schmiermitteln auf Basis von Öl sein, die die Umwelt belasten. Rund 750 Milliarden US-Dollar kosten laut Igus Maschinenausfälle wegen Mangelschmierung pro Jahr, und mehr als 27 Millionen Tonnen Schmierstoffe sickern jährlich in Gewässer und Böden. Trotzdem werden 240 Milliarden US-Dollar pro Jahr für Schmierung ausgegeben.

Und so hat das Unternehmen für Schwermaschinen drei neue Werkstoffe entwickelt, die sich bei Anwendern wie Baggerherstellern bereits bewährt haben. Zudem können Kunden mit einer neuen App testen, wie sie mithilfe von Igus-Technologie „schmierfrei“ werden können. „Hier fließen Materialtechnologien und Künstliche Intelligenz zusammen und bieten per KI-Chat einen einfachen und sicheren Zugang zu Millionen von Beweisdaten für alle Industrieprofis der Welt“, so Geschäftsführer Tobias Vogel. Die App basiere auf hunderttausenden Testdaten und Millionen erfolgreichen Anwendungen aus 60 Jahren.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Landstromversorgung für Containerschiffe. Das erste Großprojekt im Hamburger Hafen läuft bereits. „Verfahrbare Steckdosen“ an den Kaimauern versorgen Schiffe mit Strom, damit deren Diesel nicht laufen können. Auf einer Metallkonstruktion lässt sich ein Arm verschieben, der dem Schiff Strom liefert. Energieketten sorgen dafür, dass der fließt.

Zudem ist Igus auch beim künftigen Bau von Batteriefabriken in Europa aktiv. „Batterien werden in Trockenräumen gefertigt, und dafür braucht man Maschinenkomponenten, die schmierfrei sind und nicht spröde werden, heißt es von der Geschäftsführung. Igus liefere dafür eine Vielzahl an Produkten, alle getestet in extra erbauten Trockenlaboren. Dafür bietet das Unternehmen auch Robotik an.

Igus Rad

Das Igus-Rad aus Kunststoff.

Für die Endkunden bringt Igus ein Fahrrad aus Kunststoff auf den Markt. Rund 17 Kilogramm wiegt das Gerät, das demnächst in Serienproduktion gehen soll und so um die 1200 Euro kosten wird. Es soll zudem gemäß der Firmenphilosophie ohne Schmiermittel auskommen. Verschleißarme Kugellager funktionieren mit Hochleistungskunststoffen. Beim Antrieb wird die Kette durch einen Zahnriemen ersetzt, der Kunststoffritzel antreibt. Und nachhaltig soll es ein, weshalb die Räder zu 50 Prozent aus recyceltem Kunststoff. In zwei bis drei Jahren soll der Recycling-Anteil auf 80 Prozent steigen.

Das Unternehmen will weltweit und am Standort weiter wachsen. Mehr als 430 Millionen Euro wurden in den vergangenen drei Jahren investiert, 210 Millionen Euro davon am Standort Köln. So entstand unter anderem eine neue 22.000 Quadratmeter große Fabrik.

Für das laufende Jahr bleibt Igus optimistisch. „Das erste Quartal war vergleichsweise schwierig, doch die Jahresprognose für 2024 ist gut“, so Geschäftsführer Tobias Vogel.