Covestro leidet unter der schwachen Konjunktur. Die Zukunftsaussichten stimmen Konzernchef Markus Steilemann pessimistisch.
Leverkusener KonzernCovestro-Chef kritisiert Bundesregierung scharf – Umsatz deutlich gesunken
Die schwache Konjunktur macht dem Leverkusener Kunststoffkonzern Covestro weiter zu schaffen. Im zweiten Quartal sank der Umsatz um 20,9 Prozent auf 3,7 Milliarden Euro. Das Konzernergebnis sank sogar um fast 77 Prozent auf 46 Millionen Euro. „Wir beobachten, mit Ausnahme der Automobilindustrie, in allen für das Unternehmen und die gesamte Branche wichtigen Abnehmerindustrien deutliche Rückgänge“, sagte Konzernchef Markus Steilemann im Gespräch mit dem Kölner Stadt-Anzeiger am Dienstag. „Wir haben nicht nur mit Preisrückgängen, sondern auch mit deutlich zurückgehenden Mengen zu kämpfen.“
Besonders schwierig sei die Situation derzeit in Europa. Auch in den USA gebe es Rückgänge, am stabilsten sei das Geschäft in Asien und der Pazifikregion. Steilemann betonte aber, dass das Unternehmen trotz des schwierigen Umfelds die selbstgesteckten Quartalsziele erreicht habe. Auch die Prognose für das Gesamtjahr bestätigte Covestro. Nicht äußern wollte sich der Konzernchef zu Verkaufsgerüchten: Zuletzt war über ein Übernahmeinteresse des staatlichen Ölkonzerns Abu Dhabi National Oil (Adnoc) spekuliert worden. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg soll es dazu bereits Gespräche in Leverkusen gegeben haben.
Covestro leidet unter Schwäche der Bau- und Möbelbranche
Covestro stellt zum Beispiel Vorprodukte aus Hart- und Weichschaum her, die später zu Dingen wie Dämmmaterial und Polstern verarbeitet werden. Harte Kunststoffe aus der Produktion des Unternehmens werden dagegen zum Beispiel für Laptopgehäuse benötigt. Deshalb trifft es den Leverkusener Konzern auch so stark, dass Branchen wie die Bauindustrie, aber auch die Möbel- und Elektronikbranche, derzeit schwächeln. Etwas besser läuft es zurzeit nur in der Automobilbranche, die aber auch noch nicht wieder ihr Vor-Corona-Niveau erreicht hat.
Die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland betrachtet Steilemann „mit sehr großer Sorge“. Die hiesige Wirtschaft schnitt zuletzt im internationalen Vergleich schlecht ab, nach Zahlen des IWF könnte Deutschland in diesem Jahr die einzige große Volkswirtschaft sein, die schrumpft. „Es gibt so gut wie keine Impulse, die darauf hindeuten, dass sich die Situation kurz- oder mittelfristig ändern könnte“, so Steilemann. Der Vorstand, der auch Chef des Chemieverbands VCI ist, bekräftigte seine Kritik an der deutschen Politik, der er vorwarf, „dirigistisch und fast schon planwirtschaftlich“ in die Wirtschaft einzugreifen.
Dabei sei es in der derzeitigen Situation zentral, für positive Rahmenbedingungen zu sorgen. Handlungsbedarf sieht Steilemann bei den hohen Energiepreisen, Digitalisierungsstau und maroder Infrastruktur. Es brauche außerdem mehr qualifizierte Zuwanderung, Gesetzesvorhaben sollten dagegen reduziert werden. „Ich glaube, dass wir noch in schwierige Fahrwasser kommen werden“, sagte er. „Der Konsum geht weiter zurück und wir bekommen kaum positive Signale aus der Politik.“
Investitionen in Höhe von 800 Millionen Euro geplant
Dennoch sei das Unternehmen dem deutschen Standort verpflichtet. „Covestro hat in den letzten Jahren in größerem Umfang in Deutschland investiert und wird es auch weiter tun“, so Steilemann. „Von den 800 Millionen Euro, die wir in diesem Jahr wahrscheinlich weltweit investieren, wird ein unterer dreistelliger Millionenbetrag auf Deutschland entfallen.“ Dabei handele es sich aber vor allem um Investitionen zur Instandhaltung.
Steilemann sieht das Unternehmen gut aufgestellt, um den aktuellen Herausforderungen begegnen zu können. „Wir haben bereits in den vergangenen Jahren strukturelle Kostenprogramme angestoßen, von denen wir jetzt stärker profitieren als von kurzfristigen Maßnahmen.“ So trennte sich Covestro beispielsweise von nicht profitablen Geschäften und setzte auf eine stärkere Digitalisierung. Ziel war außerdem die Reduzierung von Stellen, wobei betriebsbedingte Kündigungen bei Covestro bis 2028 ausgeschlossen sind.
Positiv stimmt Steilemann die wirtschaftliche Entwicklung in China. In den USA und vor allem auch in Europa werde das Geschäft auch 2024 wohl noch schwierig bleiben. „Wir werden unsere internationale Aufstellung nutzen, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen.“