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Millionenförderung in AussichtHabeck sieht Fortschritte beim klimafreundlichen Umbau – Hohe Summen für Heizungstausch

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Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck sieht Fortschritte beim klimafreundlichen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft.

Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck sieht Fortschritte beim klimafreundlichen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft.

Die Energiewende haben zwar schon vorige Bundesregierungen beschlossen. Doch die Umsetzung hätten sie schleifen lassen, meint Wirtschaftsminister Habeck.

Für den heftig diskutierten schrittweisen Heizungstausch zu klimafreundlicheren Modellen stellt Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck ein milliardenschweres Förderprogramm in Aussicht. Dies solle sich am Einkommen orientieren, kündigte sein Ministerium heute in Berlin an.

„Niemand rennt in den Keller und reißt das raus“, meinte der Grünen-Politiker mit Blick auf aktuell noch betriebene Gas- oder Ölheizungen. Es solle daher „zahlreiche Ausnahmen, Übergangslösungen und -fristen“ geben, heißt es in einem Papier mit dem Titel „Wohlstand klimaneutral erneuern“, das Habeck vorstellte.

Es sei „noch sehr viel zu tun“

Insgesamt sieht er schon Fortschritte beim klimafreundlichen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft. „Natürlich ist noch sehr viel zu tun, die Aufgaben sind groß“, erklärte er. „Aber wir stehen trotz allem am Beginn einer gesellschaftlichen Dynamik. Der Einstieg in die Erneuerung ist geschafft.“ Habecks Ministerium veröffentlichte einen „Werkstattplan“.

In dem Konzept erklärt er, wie der klimafreundliche Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft weiter vorangetrieben werden soll. Vieles sei auf dem Weg, manchmal werde auch die Frage nach dem „großen Plan“ gestellt, so der Minister. „Und den will ich einmal heute geben.“ Alles sei ausgerichtet an dem Ziel, Deutschland bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu machen - also nicht mehr Treibhausgase auszustoßen als auch wieder eingefangen werden können.

Erneuerbare Energien

Um die für 2030 angepeilten jährlich 700 bis 750 Terawattstunden an Strom aus erneuerbaren Quellen zu schaffen, sei eine Verdoppelung der bisherigen Menge nötig. Planung und Genehmigung etwa von Windrädern an Land dauerten aber noch viel zu lange, das Ministerium spricht von 9 bis 17 Jahren. „Die verlorene Zeit der letzten zehn Jahre, sie hängt uns wie Blei noch immer in den Klamotten“, sagte Habeck.

Noch im laufenden Jahr will sein Haus mit den Ländern nun einen „Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“ schließen. Bei einem „Windkraft-Gipfel“ am 22. März will Habeck Eckpunkte einer Wind-an-Land-Strategie vorstellen, bis zu einem zweiten Branchentreffen im April soll das Papier fertig sein.

Durchführbarkeitsstudie geplant

Zur Wiederansiedlung der Solarindustrie, die in Deutschland einen Niedergang erlebt hat, plant Habeck eine Durchführbarkeitsstudie. „Die zarten Pflanzen der Solarindustrie, die wir noch in Deutschland haben, die wollen aufblühen“, sagte er.

An diesem Freitag will Habeck bei einem „PV-Gipfel“ (PV steht für Photovoltaik, also Solaranlagen) den ersten Entwurf einer neuen Strategie vorstellen, die am 3. Mai fertig sein soll. Die Installation von Solaranlagen in Industrie- und Gewerbegebieten will Habeck erleichtern.

Brisanz könnten für dieses Jahr angekündigte Vorschläge entfalten, mit denen das Ministerium die Kosten der Energiewende „gerechter“ verteilen möchte. Derzeit zahlten Wirtschaft und Haushalte über die Netzentgelte gerade in Regionen höhere Preise, wo besonders viel Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt werde.

Wasserstoff soll ins Spiel kommen

Manche Unternehmen dürften für ihre Produktion auch künftig gasförmige Energieträger brauchen. Hier soll Wasserstoff ins Spiel kommen, der als klimafreundlich gilt, wenn er mit Hilfe erneuerbarer Energien erzeugt wird.

Doch noch fehlen Netze für seinen Transport sowie sogenannte Elektrolyseure - meist für die Aufspaltung von Wasser - für seine Produktion. Dazu plant das Ministerium ein eigenes Gesetz noch für 2023 und will weitere Lieferanten finden.

Kraftwerke müssten Lücken füllen

Wind und Sonne liefern nicht immer Energie. Die Lücke müssen Kraftwerke füllen. Bis zum Sommer will Habeck auch zu diesem Bereich eine Strategie vorlegen, er sieht einen Bedarf an Zubau und Modernisierung im Umfang von 17 bis 25 Gigawatt Leistung bis 2030. Neue Gaskraftwerke sollen so gebaut werden, dass ihr Betrieb später auf den klimafreundlicheren Wasserstoff umgestellt werden kann.

Die deutsche Industrie klagt über hohe Energiepreise. Der industriepolitische Sprecher der Linksfraktion, Alexander Ulrich, sprach von einer „massiven Bedrohung für unsere wirtschaftliche Basis“. Mit der zunehmenden Elektrifizierung vieler Prozesse soll Strom eine immer wichtigere Rolle spielen, Habecks Haus arbeitet deshalb an einem Stufenmodell für einen speziellen günstigen Industriestrompreis.

„Er muss branchenoffen sein, energieintensiven mittelständischen Unternehmen ebenso zugänglich sein wie der Industrie und die Nachteile gegenüber unseren Wettbewerbern in den USA und China ausgleichen“, forderte der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Bernd Westphal, dazu.

Ohne wichtige Rohstoffe Umstellung nicht möglich

Ohne wichtige Rohstoffe klappt die Umstellung auf neue Technologien nicht, Deutschland ist hier aber sehr abhängig - unter anderem von Metallen aus China, Südafrika oder Russland. Das Wirtschaftsministerium will deshalb Partnerschaften mit anderen Lieferländern schließen, die Gewinnung in Deutschland und Europa vorantreiben und dazu auch das Bergrecht überarbeiten.

Für die Energiewende fehlen Spezialisten. Laut dem Ministerium mangelt es allein in der Wind- und Solarbranche an mehr als 200.000 Fachkräften. In der Halbleiterindustrie sind es demnach 62.000, dort sei jeder zweite Arbeitsplatz nicht besetzt. Habeck will mit der Förderung von Qualifikation beispielsweise zum Einbau von Wärmepumpen und zur Nachwuchsgewinnung dagegenhalten.

Auch deren Nutzung - etwa Abwärme aus Industrieanlagen zum Heizen von Wohnungen - will Habeck mit einem Wärmeplanungsgesetz vorantreiben. Für den Sommer plant er einen „Fernwärmegipfel“. (dpa)