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Letzter WilleMuss man bei der Bestattung alle Wünsche des Toten erfüllen?

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Um die Bestattung kümmern sich in der Regel die nächsten Angehörigen. Wie die aussehen soll, kann unter anderem in einem Testament beschrieben werden. Daran müssen sich die Hinterbliebenen in der Regel auch halten.

Trauer ist nicht immer das dominierende Thema, nachdem ein Mensch verstorben ist. Auch um die Beerdigung kann es Streit geben. Liturgie – ja oder nein? Kreuz oder Grabstein? Lieber ein anonymes Gemeinschaftsgrab? Wer entscheidet dann, und welche Rolle spielt dabei der Wille des Toten? Wer muss alles organisieren?

In der Regel sind die nächsten Angehörigen für die Organisation einer Bestattung zuständig. Das wird in den Bestattungsgesetzen der einzelnen Bundesländer geregelt. Dort stehen meist Ehepartner oder der eingetragene Lebensgefährte ganz vorn, gefolgt von Kindern und Eltern.

Das Recht zur Totenfürsorge sei aber innerhalb der Familie nicht mit einer Pflicht zu verwechseln, sagt Stephanie Herzog, Rechtsanwältin aus Würselen bei Aachen. Sie ist in der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) tätig. „Will der erste Zuständige sich nicht kümmern, können das die nachrangigen Angehörigen übernehmen.“

Verpflichtung gilt auch, wenn es keinen Kontakt zum Verstorbenen gab

Findet sich aber niemand freiwillig, so wird die Kommune den vorrangig bestattungspflichtigen Angehörigen anhalten, die Bestattung vorzunehmen oder selbst eine Sozialbestattung vornehmen. Deren Kosten werden allerdings den bestattungspflichtigen Angehörigen in Rechnung gestellt, wenn der Nachlass des Toten sie nicht decken konnte.

Auch jahrelanger fehlender Kontakt zum Toten nimmt den nächsten Angehörigen nicht aus der Pflicht. Ausnahmen gelten nur bei groben Undank. „Etwa dann, wenn der Gewalt oder Missbrauch gab“, sagt Oliver Wirthmann vom Bundesverband Deutscher Bestatter in Düsseldorf.

Grundsätzlich legt das Bürgerliche Gesetzbuch fest, dass aus dem Vermögen des Verstorbenen eine angemessene Bestattung bezahlt werden muss. Was angemessen heißt, dafür gibt es keine feste Grenze, erklärt Herzog. „Wenn der Verstorbene vermögend war, darf sie unter Umständen etwas teurer als im Durchschnitt sein.“ Die Kosten muss nicht ein Erbe allein aus seinem Erbteil tragen. Es gilt vielmehr eine Quote: Gibt es mehrere Erben, wird die Summe abhängig von der Größe des Erbteils unter ihnen aufgeteilt, erläutert Herzog.

Hat der Verstorbene konkrete Wünsche zur Bestattung geäußert, sind diese bindend. Wünscht er etwa, anonym beerdigt zu werden, könne der Ehepartner ihn nicht einfach in einem Einzelgrab beerdigen, erklärt Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg. „Dagegen könnten andere Angehörige mit einer einstweiligen Verfügung vorgehen.“

Auf der nächsten Seite: Zu krasse Wünsche der Verstorbenen müssen nicht befolgt werden

Das originäre Recht liegt beim Verstorbenen. „Es geht nicht um den Willen des Fürsorgeberechtigen“, betont die Rechtsanwältin. Sie weiß aber auch, dass die Realität nicht selten anders aussieht. „Der Wille ist rechtlich bindend.“ Wenn jedoch für die Angehörigen klar ist, die Wünsche nicht so umzusetzen, ändern daran auch schriftliche Verfügungen nichts. „Denn wo kein Kläger ist, ist kein Richter.“

Es müssen auch nicht alle Wünsche des Toten umgesetzt werden. Gerade dann, wenn sie die Angehörigen stark belasten. Wirthmann erläutert das am Beispiel eines Mannes, der seinen Staub in der Schweiz zu zwei kleinen Diamanten pressen lassen wollte. Die Steine sollten danach in zwei Schmuckstücke für seine Töchter verarbeitet werden. „Die haben das abgelehnt, weil sie damit nicht zurechtgekommen wären.“

Ganz aus dem Spiel sind die Angehörigen oft, wenn der Verstorbene einen Vorsorgevertrag mit einem Bestatter gemacht hat und diesen im Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer als Bevollmächtigten für seine Beerdigung eingetragen hat. Voraussetzung: Die Finanzierung ist über eine Sterbegeldversicherung, ein Treuhandkonto oder das Erbe gedeckt. „Andernfalls können die Angehörigen entscheiden, ob sie die Wünsche des Toten umsetzen“, sagt Wirthmann.

Die Verfügungen des Verstorbenen müssen umsetzbar sein, bestätigt Florian Rauch, der Geschäftsführer der Aetas Lebens- und Trauerkultur in München ist. Dennoch sind grundsätzliche Festlegungen wie etwa die Art der Bestattung für den Bestatter unverrückbar, wenn der Tote mit ihm einen Vertrag gemacht hat. „Dafür können die Rituale alternativ gestaltet werden.“

Dürfen die Angehörigen allein über Bestattungsart, den Ablauf der Beerdigung und die begleitenden entscheiden, gibt es mitunter einige Unstimmigkeiten. Das betrifft häufig die Frage, ob es eine Feuer- oder Erdbestattung sein soll, sagt Rauch. „Auch die Fragen, wer auf der Trauerfeier eine Rede hält.“ Bei Uneinigkeiten versuchen Rauch und seine Kollegen, die Angehörigen an einen Tisch zu kriegen. „Dann erklären wir einzelne Möglichkeiten und deren Konsequenzen und finden so auch Lösungen.“

„Niemand streitet so heftig wie Erben“, sagt Rechtsanwältin Herzog. Allerdings lässt die Bestattung meist nicht solange auf sich warten, wie der Streit andauert. In der Regel spätestens nach sieben bis zehn Tagen muss sie stattfinden, sagt Herzog. „Die öffentliche Hand setzt vorher Fristen an den Fürsorgepflichtigen.“

Streit um Beerdigung – auch eine Umbettung des Toten ist möglich

Bestatter können an der Stelle nicht entscheiden, wer Recht hat oder nicht. Gerade dann ist eine einvernehmliche Lösung so erstrebenswert. „Wir können nur vermitteln. Urteile müssen die Gerichte fällen“, sagt Wirthmann. Ist ein Auftrag an den Bestatter erteilt, ist der für ihn bindend. Er wird ihn dann entsprechend durchführen.

Das kann auch nachträglich böse Folgen haben. Wenn zum Beispiel ein Angehöriger hervorprescht, eine bestimmte Bestattung in Auftrag gibt und damit den oder die Totenfürsorgeberechtigten übergeht. Die können dann im Nachhinein gegen die Bestattungsform vorgehen. „In manchen Fällen kam es dann noch zu einer Umbettung des Toten“, sagt Herzog. „Hier ist im Einzelfall der Schutz der Totenruhe mit dem Recht auf Totenfürsorge abzuwägen.“ (dpa)