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NahverkehrAus für Bahnunternehmen Abellio in NRW besiegelt

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RRX in Düsseldorf

Düsseldorf – Das Aus für das Privatbahn-Unternehmen Abellio Rail in Nordrhein-Westfalen ist besiegelt. Die Züge des Tochterunternehmens der Niederländischen Staatsbahnen werden im bevölkerungsreichsten Bundesland nur noch bis 31. Januar fahren.

Die Verkehrsverbünde werden alle Verträge mit Abellio kündigen. Dem Verwaltungsrat des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr (VRR) liegt eine entsprechende Beschlussempfehlung des Vorstands bereits vor. Der Nahverkehr Rheinland (NVR) und der Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) werden vergleichbare Schritte einleiten.

Letztes Abellio-Angebot war unzureichend

Im Streit um den Ausgleich millionenschwerer Verluste hat es nach mehreren Verhandlungsrunden keine Einigung gegeben. Auch ein letztes Angebot, das Abellio am Wochenende vorgelegt hatte, war aus Sicht der Aufgabenträger, die den Nahverkehr in NRW organisieren, völlig unzureichend. Deshalb werde man die Neuvergabe der Verträge in die Wege leiten, heißt es in einer gemeinsamen Presseerklärung der drei betroffenen Verkehrsverbünde.

Das letzte Angebot sah nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ vor, dass lediglich rund 17 Prozent der absehbaren Verluste ausgeglichen werden. Wäre man darauf eingegangen und hätte Abellio alle Verkehrsverträge bis zum Ende der Laufzeiten erfüllt, hätten die Verluste nach groben Schätzungen bei rund 400 Millionen Euro gelegen, von denen der Großteil durch die öffentliche Hand hätte finanziert werden müssen.

Notvergaben werden vorbereitet

Bis zuletzt hatte das Bahnunternehmen gehofft, zwei besonders verlustreiche Verkehrsverträge für den Rhein-Ruhr-Express und die S-Bahn Rhein-Ruhr zurückgeben und wenigstens die anderen Linien weiter fahren zu können.

Insgesamt fährt Abellio Rail rund 21 Millionen Zugkilometer pro Jahr ist mit einem Marktanteil von 17,5 Prozent die Nummer zwei hinter DB Regio NRW. Damit verschwindet nach 20 Jahren zum ersten Mal ein Privatbahnunternehmen vom Nahverkehrsmarkt in NRW.

Der Betrieb ist bis zum 31. Januar 2022 gesichert. Das haben die Verkehrsverbünde so vereinbart und mit einer zusätzlichen Finanzspritze von acht Millionen Euro hinterlegt.

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Ab 1. Februar sollen die Linien dann nahtlos von anderen Bahnunternehmen im Rahmen von Notvergaben übernommen werden. Beworben haben sich die DB Regio, National Express und Vias Rurtalbahn. National Express ist dem Vernehmen nach an beiden Linien des Rhein-Ruhr-Express zwischen Hamm-Aachen und Kassel-Aachen interessiert, die DB Regio will die S-Bahn Rhein-Ruhr übernehmen, die sie bei der letzten Ausschreibung an Abellio verloren hat. Die Vias Rurtalbahn könnte die S 7 (Wuppertal-Remscheid-Solingen) betreiben. Über die Notvergaben soll zwischen dem 19. und 26. November entschieden werden.

Dass die Notvergaben auch teuer werden, steht außer Frage. Vor allem wegen gestiegener Personalkosten werden die Aufgabenträger deutlich mehr an die Bahnunternehmen zahlen müssen. Im NRW-Verkehrsministerium geht man davon aus, dass der jetzt eingeschlagene Weg am Ende aber nicht teurer sein wird als eine Entscheidung, weiter auf Abellio zu setzen.

Das Land hat den Aufgabenträgern zugesichert, bei einer möglichen Insolvenz von Abellio, die mit der Kündigung der Verkehrsverträge einhergeht, mögliche finanzielle Schäden für die Verkehrsverbünde bis zu einer Höhe von maximal 380 Millionen Euro aus Regionalisierungsmitteln auszugleichen. Die Zahlung ist an die Bedingung geknüpft, dass der Zugverkehr nicht eingeschränkt sondern in gleichem Umfang beibehalten wird.

Das geht aus einem Schreiben des Verkehrsministeriums an den Verkehrsverbund Rhein-Ruhr hervor, das dem "Kölner Stadt-Anzeiger" vorliegt. Entscheidend sei, "dass die Menschen in Nordrhein-Westfalen auch nach einem möglichen Marktaustritt von Abellio die volle Leistung aller Zugverbindungen nutzen können", heißt es wörtlich. Mit Blick auf die Fahrgäste sei es "zudem wichtig zu gewährleisten, dass es einen möglichst reibungslosen Übergang gibt und die von Abellio gefahrenen Linien verlässlich bedient werden."

„Verlässliche Perspektive“ für 1060 Mitarbeitende von Abellio

In dem Schreiben an den VRR ist auch die Rede davon, dass die 1060 Mitarbeitenden von Abellio "dauerhaft eine verlässliche Perspektive für gute Arbeit im nordrhein-westfälischen SPNV haben".

Die Verkehrsverbünde werden alle Abellio-Mitarbeiter, die ein Interesse an einem Wechsel zu einem der Bahnunternehmen haben, die Abellio-Linien übernehmen wollen, "begleiten und unterstützen", heißt es in der gemeinsamen Pressemitteilung. „Wir sehen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Abellio in dieser schon seit Monaten belastenden Situation ihr Bestes geben und hervorragende Arbeit leisten“, sagt Joachim Künzel, Geschäftsführer des NWL. „Uns ist es daher umso wichtiger, diesen hochqualifizierten Fachkräften zu sagen, dass sie mit ihren Fähigkeiten auch in Zukunft gebraucht werden, um die Verkehre auf den derzeit von Abellio betriebenen Linien weiterhin in hoher Qualität zu sichern.“

Das Land hatte zuletzt im Verkehrsvertrag 2.0 das Geld, das die Aufgabenträger für den Betrieb des Nahverkehrs in NRW erhalten, um rund 930 Millionen Euro bis 2031 erhöht. Dieses Geld sei "bereits vollständig für Mehrverkehre, bessere Baustellenkommunikation, mehr Sicherheitspersonal und die Umsetzung des Verkehrsvertrages 2.0 verplant".

Am Donnerstagnachmittag soll in einer Telefonkonferenz des Verkehrsministeriums mit den Verkehrsverbünden über das Konzept zur Sicherung die bisher von Abellio erbrachten Verkehrsleistungen gesprochen werden.