Pixum-Chef„Im Lockdown haben Kunden Fotobücher von älteren Urlauben erstellt“

Daniel Attallah ist Gründer und Geschäftsführer von Pixum.
Copyright: Martina Goyert
Herr Attallah, hat Pixum von der Corona-Krise so stark profitiert, wie es von einem Digitalunternehmen zu erwarten ist?
Daniel Attallah: Ja und nein. Wir sind einerseits tatsächlich Gewinner, wie alle Unternehmen, deren Geschäftsmodell rein digital ist und die nicht auf ein Ladenlokal angewiesen sind. Wir gehören aber auch zu den Verlierern. Unser Geschäft ist das Ausdrucken von Fotos und Fotos werden vor allem im Urlaub gemacht. Und der fand lange Zeit nicht beziehungsweise sehr viel weniger statt.
Zu Person & Unternehmen
Daniel Attallah wurde 1963 in Köln geboren und ist Gründer und Geschäftsführer der Diginet GmbH & Co. KG, zu der Pixum und Artboxone gehören. Pixum war 2000 der erste deutsche Online-Fotoservice für Fotoabzüge, Fotobücher, Grußkarten und Fotoposter.
Seine berufliche Laufbahn startete er 1984 bei der CompuNet Computer Vertriebs-GmbH, wo er zehn Jahre in verschiedenen Funktionen tätig war. Nach weiteren Stationen bei Bay-Networks/Nortel Networks, Enterprise Communications und Computacenter gründete er im Jahr 2000 den Online-Fotoservice Pixum, dessen Leitung er bis heute inne hat.
Attallah ist seit 2011 Mitglied des Investment-Komitees des Hightech-Gründerfonds und seit 2017 im Beirat der Deutschen Bank. Mit seiner Beteiligungsgesellschaft f8-invest ist er auch als privater Investor in Deutschland aktiv. Attallah ist verheiratet und hat drei Kinder.
Pixum hat aktuell 168 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Umsatz liegt nach Unternehmensangaben „im knapp dreistelligen Millionen-Bereich“. Die Firmenzentrale ist in Köln-Rodenkirchen.
Wie hat sich das bei Pixum gezeigt?
Gerade im Sommer, in den Monaten nach den Ferien, haben wir normalerweise viele Kunden, die aus den Bildern ihres Sommerurlaubs Pixum Fotobücher machen. Letztes Jahr sind diese Aufträge weggefallen. Viele unserer Kunden haben dafür im Frühjahr 2020 Pixum Fotobücher von älteren Urlauben erstellt.
Während der Lockdowns 2020 gab es aber zunächst positive Effekte?
Absolut. In den ersten 14 Tagen des Lockdowns im Frühjahr, als alle gedacht haben, die Welt geht unter, waren die Menschen in Schockstarre. Danach haben sie sich aber an die Fotoarbeiten gemacht, die sie immer mal machen wollten. Wir hatten also von April bis Juli einen ganz fantastischen Umsatz. Im Sommer brach das dann ein, die Fotoprojekte waren gemacht und es fand kein Urlaub statt. Da sind wir tatsächlich ein bisschen ängstlich geworden.

Daniel Attallah ist Gründer und Geschäftsführer von Pixum.
Copyright: Martina Goyert
Bis die Geschäfte Weihnachten wieder geschlossen waren.
Das Weihnachtsgeschäft war hervorragend. Auch weil man Fotogeschenke wie Kalender für Oma und Opa nicht zwingend nur mit Fotos aus dem laufenden Jahr gestaltet. Und weil Geschäfte geschlossen waren, war der Onlinehandel wieder umso erfolgreicher. Insgesamt war 2020 für uns ein Jahr mit sehr gutem Wachstum.
Wie drückt sich das in Zahlen aus?
Wir sind umsatzseitig um 13 Prozent gegenüber 2019 gewachsen. Neben vielen anderen Produkten haben unsere Kunden gut eine Million Pixum Fotobücher und 840.000 Pixum Fotokalender bestellt.
Wie hat sich Ihr Produktmix durch Corona verändert?
Fotospiele und vor allem Fotopuzzle waren der Riesenrenner. Ganz viele haben das Puzzeln für sich entdeckt. Die Menschen waren halt zu Hause und mussten sich irgendwie beschäftigen. Wir hatten Wochen, in denen wir mehr Puzzle verkauft haben als zuvor in einem ganzen Jahr. Trotzdem bleiben natürlich das Fotobuch und die Fotokalender inklusive Adventskalender unsere größten Produktsegmente.
Wie läuft es in diesem Jahr?
Das Jahr 2021 macht uns im Moment nicht so großen Spaß. Entweder landen wir am Jahresende auf dem Niveau von 2020 oder leicht darunter. Das erste Quartal war noch positiv, es war bis auf das Sommerquartal 2020 das 80. Quartal in Folge, in dem Pixum gewachsen ist. Im zweiten Quartal waren wir aber weit unter dem Vorjahr und teilweise sogar hinter 2019. Wir rechnen aber mit den Fotos aus den Sommerurlauben, der wieder möglich war und ist, und vor allem wieder mit einem guten Weihnachtsgeschäft.
Wie wichtig ist das Weihnachtsgeschäft für Sie?
Überlebenswichtig. Wir machen fast 50 Prozent unseres Umsatzes im letzten Quartal des Jahres. Vor allem zwischen dem 10. und 18. Dezember spitzt es sich zu: Hier machen wir in der Regel so viel Umsatz wie im gesamten ersten Quartal.
Wie bereiten Sie sich darauf vor?
Im September stellen wir meist den ersten Tannenbaum auf, damit alle auf dem Schirm haben: Weihnachten kommt, unser wichtigstes Geschäft. Und wir gewinnen ganz viele Saisonarbeiter: Wir verdoppeln die Mitarbeiterzahl im Kundenservice. Denn wir wissen genau, wir können unseren Stammkunden noch so oft sagen, kümmert Euch rechtzeitig um die Geschenke, stellt früh Eure Pixum Fotobücher zusammen – es sammelt sich dann doch alles kurz vor dem Fest.
Sie haben vor sechs Jahren ein modernes Büro gebaut – mit einem Raumkonzept, das viele Begegnungsflächen für den kreativen Austausch bereits integriert hat, wie es viele Unternehmen jetzt auch planen. Wie hat sich der Arbeitsalltag bei Pixum durch Corona nun verändert?
Ich verbringe meinen Tag mit vier Cs: Culture, Communication, Cooperation und Concentration. Nur der vierte Punkt – Konzentration – funktioniert im Homeoffice bisweilen besser als im Office. Die kreative Begegnung im Büro ist Teil unserer Kultur und hat uns während der Krise gefehlt. Ich glaube fest daran, dass wir auch in Zukunft ein Office brauchen, in dem Kultur, Kommunikation und Zusammenarbeit Spaß macht.
Welche Regeln haben Sie daraus für Pixum entwickelt?
Die wichtigste Regel, die auch für alle Positionen gilt, lautet: Drei Wochentage im Büro, bis zu zwei Tage „Remote“, zum Beispiel im Homeoffice. Feste Arbeitsplätze schaffen wir aber nicht ab. Das hatten wir zuerst angedacht, aber in der jetzigen Phase halten wir es es für wichtig, dass Beschäftigte einen festen Anlaufpunkt haben und sich nicht darum sorgen müssen, wo ihre Arbeitsunterlagen sind und wo sie sich einloggen können.
Das Geschäft von Pixum ist zwar digital, aber eng mit analogen Produkten verbunden. Wie lange hat das Geschäftsmodell mit Fotogeschenken zum Anfassen noch Bestand?
Wir glauben, noch eine ganze Weile. Wir sind auch deshalb optimistisch, weil es derzeit noch keine „digitale“ Alternative gibt, die den kompletten Wegfall unserer Fotobücher, Kalender oder Wandbilder kompensieren könnte. Und das wird auch so schnell nicht passieren. Es geht bei unseren Produkten auch darum, etwas in der Hand zu halten, gemeinsam Erinnerungen noch einmal zu erleben, Fotos rumzureichen. Solange nicht an Technologien und digitalen Alternativen geforscht wird, die ein ähnliches oder gar besseres Erlebnis bieten, als es ausgedruckte Fotobücher mit sich bringen, müssen wir uns keine Sorgen machen. Wir müssen trotzdem die Augen offenhalten und in die Forschung schauen. Hier sehen wir aber bislang nichts Marktreifes, das unsere Produkte ablösen könnte.