Mehrere Branchenschwergewichte mussten bereits Insolvenz anmelden. Wie sich Kunden verhalten sollten und was sie tun können.
ImmobilienInsolvenzwelle von Projektentwicklern auch in der Region gefürchtet
Die Lage auf dem deutschen Immobilienmarkt verschärft sich. Gleich mehrere Projektentwickler mussten jüngst Insolvenz anmelden: die Düsseldorfer Development Partner, die Nürnberger Project-Gruppe und der Münchener Luxus-Immobilienentwickler Euroboden. Anfang Juli hat bereits der Entwickler Centrum aus Düsseldorf Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt.
Development Partner aus Düsseldorf erklärte jüngst, dass die anhaltende kritische Marktentwicklung die Liquiditätsreserven erschöpft habe. Das Unternehmen hat in Köln in den vergangenen Jahren das „Haus am Rudolfplatz“ gebaut. Die Geschwindigkeit, mit der der Markt eingebrochen ist, hat manche Branchenexperten überrascht. Die Folgen der Pandemie und des Krieges in der Ukraine, Lieferkettenschwierigkeiten, Inflation und vor allem Zinserhöhungen sowie steigende Baukosten führten zu einer Abschwächung des jahrelangen Baubooms. Experten sprechen von einer Marktbereinigung, wie etwa Markus Larbig Geschäftsführer beim Kölner Maklerhaus „Larbig & Mortag“ jüngst bei einer Veranstaltung des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Neu sei die Geschwindigkeit, mit der die Themen einprasseln, so Stephan Festerling, zuständig für Asset- und Investment Management bei „Bauwens Development“ auf derselben Veranstaltung.
Was bedeuten die Insolvenzen für künftige Eigentümer, die einen Vertrag bei einem solchen Unternehmen unterschrieben haben? Ein Überblick.
Was sind die Gründe für die Pleiten der Projektentwickler?
Aktuell gibt es eine Häufung negativer Faktoren, die zu einer Welle von Insolvenzen bei den Entwicklern großer Immobilienprojekte führt. „Einmal haben die Projektentwickler die Grundstücke teils zu noch sehr hohen Preisen gekauft“, sagt Jens Rautenberg, Geschäftsführer der Kölner Firma Conversio. Das Unternehmen ist spezialisiert auf die Prüfung von Projektentwicklern, Baustandorten und den Objekten selbst und arbeitet meist für institutionelle Investoren. „In den vergangenen Jahren gab es einen Hype, die Objekte verkauften sich schneller als sie überhaupt gebaut werden konnten. Die Preise sind daher permanent gestiegen, immer schneller, immer teurer“, sagt Rautenberg.
Zweiter Faktor ist der Zinsanstieg der vergangenen Monate, der gleich einen doppelten negativen Effekt hat. Durch höhere Bauzinsen ist der Kreis potenzieller Immobilienkäufer drastisch gesunken. Laut Rautenberg ist der Markt um 70 Prozent eingebrochen. „Gleichzeitig sind die meisten Projektentwickler variabel finanziert, weswegen sie der Zinsanstieg doppelt trifft. Statt zwei Prozent vor gut einem Jahr zahlen sie heute vielleicht sechs bis acht Prozent an Zinsen“, sagt Rautenberg. Außerdem sind auch die Baukosten wegen höherer Material-, Personal- und Energiekosten deutlich in die Höhe geschnellt. „Wer nicht ein sehr hohes Eigenkapital hat, dem laufen die Kosten davon.“
Was können Bauherren im Vorfeld tun?
Rautenberg rät, den Bauträger im Vorfeld besser kennenzulernen. Das heiße etwa, sich Referenzprojekte anzuschauen. Auch eine Bilanz, die man im Bundesanzeiger sehen kann, oder ein Handelsregisterauszug könnten Aufschluss über Seriosität und Bonität geben. Vorsicht sei vor allem geboten, wenn für Leistungen gezahlt worden sei, die noch gar nicht erbracht wurde. „Beim Bauen gilt immer das Zug-um-Zug-Prinzip. Gezahlt wird nach Makler- und Bauträgerverordnung stets nur für jede erbrachte Leistung“, sagt Rautenberg. Abweichungen müssten stutzig machen. Im Zweifel solle man selbst auf der Baustelle nachschauen, ob die Leistungen erbracht wurden, etwa ob Fenster eingebaut wurden, wenn die entsprechende Rate fällig wird.
Was tun, wenn man als Käufer Opfer einer Insolvenz des Bauträgers wird?
„Auf jeden Fall einen Fachanwalt für Baurecht einschalten“, rät Rautenberg. Ein einfaches Weiterbauen mit einer anderen Firma sei meist schwierig, weil die Bank Zugriff auf das Objekt habe.
Was passiert mit dem Objekt?
Das ist höchst unglücklich für den Kunden. Denn im Grundbuch steht vor der völligen Fertigstellung einzig und allein der Projektentwickler. Auf die eingetragene Grundschuld hat laut Rautenberg aber meist die Bank des Projektentwicklers vorrangigen Zugriff. „Im Grunde ist der Immobilienkäufer also einer von vielen Gläubigern ohne Sicherheit im Insolvenzverfahren“, sagt Rautenberg. Der Käufer sei eben kein Eigentümer. Im Zweifel hat man also den Großteil seines Geldes verloren. Wer den Kredit bei seiner Bank rückabwickeln möchte, den erwartet außerdem die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung an seine Bank.
Wird es weitere Pleiten geben?
„Es ist zu befürchten, dass es noch viele Pleiten bei Projektentwicklern in der nächsten Zeit geben wird“, sagt Rautenberg. Nur wer mit vergleichsweise viel Eigenkapital ausgestattet sei, werde die schwierige Phase wirtschaftlich überleben.